Leibhaftig
von Christa Wolfuff... sie gehört verdientermaßen in die Riege der ganz Großen in Deutschland, finde ich.
Und so alle paar Jahre ist es anscheinend an der Zeit für mich, ein Buch von ihr ganz neu für mich zu entdecken.
'Kassandra' begleitet mich seit der Oberstufe, aber dann habe ich lange nichts von ihr gelesen. Ein Versuch mit 'Nachdenken über Christa T.' scheiterte, damals fand ich keinen Zugang zu dem Werk.
Ganz anders als jetzt mit 'Leibhaftig', vielleicht weil ich die Erfahrung - als Patientin lange Zeit in einem Krankenhaus - teile. Oder vielleicht weil jetzt einfach genau der richtige Zeitpunkt ist.
Die Ich-Erzählerin, über die manchmal jedoch auch in der 3. Person berichtet wird, nicht erschrecken , liegt mit einer schweren Infektion im Krankenhaus. Ihre Genesung ist alles andere als sicher. Sie beschreibt ihre Sicht der Dinge, ist Patientin, und ist gleichzeitig Handelnde, weil sie das Fieber, die Schwäche, der Zustand ihres Körpers, in die Lage versetzt, sich in Ruhe mit sich, mit dem was sie mit sich herumträgt, was war, was nicht abgeschlossen ist, mit dem, was sie nie anschauen wollte, zu befassen.
Minutiös schildert sie diese Nachtmeerfahrten, das ist der Begriff, der mir sofort einfiel zu ihren Reisen nach Innen.
Dabei formt sie Sätze wie marmorne Skulpturen. Rein, stark, kraftvoll. Diese Frau war wirklich eine Meisterin der Worte.
Kostproben?
"Das Bild glitt in mein inneres Archiv zu den unzerstörbaren Stücken."
"... ob sie wisse, daß der Schmerz, den man bei einem Verlust empfinde, das Maß sei für die Hoffnung, die man vorher gehabt habe."