Kunskapens frukt
Ich weiss nicht, warum hierzulande aus Liv Strömquists »Kunskapens frukt« (Die Frucht der Erkenntnis) »Der Ursprung der Welt« geworden ist, vielleicht in Anlehnung und zu langer Betrachtung von Courbets »L’Origine du monde« im Musée d’Orsay, geht es hier doch um eine Kulturgeschichte der Vulva, der verbotenen Frucht, der sich die schwedische Zeichnerin essayistisch nähert. Denn während biologische Fortpflanzung und männliche Lust nun beide eher um das Innenleben der weiblichen Beckenregion kreisen, verschwindet ausgerechnet das sichtbare Außen im Nebel der Ahnungslosigkeit. So allgegenwärtig nackte Haut heute auch sein mag, die primären Geschlechtsorgane sind es nicht und werden vorsätzlich aus der öffentlichen Bilderwelt verdrängt. Strömquist zeigt dass der Vulva in vergangenen Zeiten eine durchaus prominente Stellung zukam und legt dar, wie die Scham rund um die Scham von Kirchenvätern, aber auch (in dieser Hinsicht anti-aufklärerischen) Pionieren der Aufklärung konstruiert wurde. Und en passant wird auch noch mit dem freudlosen Freudschem Mythos der Unterscheidung zwischen überlegenem vaginalem und unterlegenem klitoralem Orgasmus aufgeräumt.