Die "Entweihung" eines Buches durch das Kino
Nun, es gibt immer einen aktuellen Anlass für ein hier ins Forum eingestelltes Thema. Bei mir ist es der Kinostart des Klassikers von Otfried Preußler "Krabat" am kommenden Donnerstag.Nun vermute ich mal, dass viele hier im Forum dieses Buch kennen, sei es als Pflichtlektüre in der Schule, sei es als Jugendbuch, das man zum Geburtstag/Weihnachten oder so geschenkt bekam oder sich selbst besorgt hat. Es ist ein sehr vielschichtiges und vor allem sehr hintersinniges und tiefgründiges Werk, das Otfried Preißler eine Vielzahl an Literaturpreisen einbrachte. Auch wenn es viele als Kinderbuch bezeichnen, so halte ich es aufgrund seiner Komplexität der Themen (Liebe, Tod, Mystik, Erwachsen werden, Kampf Gut gegen Böse) nicht für Kinder geeignet, sonder verstehe es eher als Jugendbuch, das einfach die Vorstellungskraft und das Verständnis eines Jugendlichen braucht. Es sind die Macht der Buchstaben, die Bilder im Kopf entstehen lassen und die dafür sorgen, dass jeder Leser seine eigene visuelle Welt entstehen lässt, den Personen Gesichter, den Landschaften und Szenarien Farbe und dem Anliegen des Autors Verständnis gibt.
Ein Film dagegen tut sich schwer, all das zu transportieren, was zwischen den Zeilen steht, das Unausgesprochene sichtbar zu machen. So beschränkt er sich zumeist auf die einfache Handlung, das Oberflächliche und auch hier oft nur auf Fragmente. Es entsteht oft etwas ganz anderes, weil aus Gründen der Dramarturgie oder den technischen Möglichkeiten (FX - special effects) oder den verpflichteten Schauspielern Änderungen vorgenommen werden. Hinten raus kommt zwar teilweise sogar ein guter Film, aber eben nicht eine - wie oft so lapidar bezeichnete - Verfilmung.
Ganz abgesehen davon werden den Millionen Kinogängern das Aussehen der Figuren und der Handlung schlichtweg vorgegeben und die Phantasie unterdrückt. Ein sehr prägnantes Beispiel hierfür ist die Verfilmung von Michael Endes "Die Unendliche Geschichte", einem Buch, das so viel Raum für die individuelle Interpretation und Visualisierung der verschiedenen Personen und Figuren geboten hat und wo das Kino nur eine einzige Version quasi monopolisiert hat.
Ich frage mich hier immer wieder, ob dort nicht durch eine Verfilmung der Geist eines Buch im wahrsten Sinne des Wortes entweiht und - wenn schon nicht vollkommen zerstört - doch so signifikant reduziert wird, dass es eigentlich jedem Autor aus künstlerischen Aspekten nur recht sein müsste, dass sein Buch von Verfilmungsabsichten verschon bleibt.
Wie seht Ihr das?