Du stirbst nicht - Kathrin Schmidt
ich hab ein bisschen gezögert, so restlos konnte mich das Buch nicht überzeugen. Zwischendrin konnte ich mich an der Sprachbegabung von Frau Schmidt berauschen, ja, sie liebt Sprache und das kann frau mehr als deutlich lesen!, hab mich sogar ab und an dabei ertappt, an die großartige Christa Wolf (von der es ja ein ähnlich gelagertes Buch, Leibhaftig, gibt) zu denken.
All diese Wortkunst kann für mich (!) aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Geschichte Lücken hat. Gut, ich denke sogar, es sind gewollte Lücken, ein Offen-Lassen, ein Nicht-Benennen, und doch kommt es mir zu abrupt, zu wenig eingeführt: ich mein, über ein ganzes Buch lässt sie die LeserInnen teilhaben an all ihren Gedanken und Gefühlen und dann bricht der Bericht einfach - mehr oder weniger willkürlich ab? Nööö, da bin ich bockig, das Ende finde ich viel viel zu offen.
Worum geht es eigentlich? Helene Wesendonk erwacht langsam aus einem Koma. Sie hatte ein Aneurysma, das platzte und es ist nicht klar, welche geistigen und körperlichen Spätfolgen, sie davontragen wird.
Auf die Reise zurück in ihren Körper, zurück in ihr Bewusstsein, zurück in ihre Erinnerungen, begleitet sie die LeserIn. Das ist spannend, anrührend, witzig, traurig und langsam ergibt sich ein Bild dieser Frau, die da im Krankenhaus liegt. Ihrer Familie, ihrer Lieben, ihres Lebens und Denkens.
Bis, ja.... s.o., ein doch recht plötzlicher Schluss die LeserIn allein lässt.
Wegen der tollen Sprache kann ich es aber eben doch empfehlen.
Das schreibt der Verlag:
Helene Wesendahl weiß nicht, wie ihr geschieht: Sie findet sich im Krankenhaus wieder, ohne Kontrolle über ihren Körper, sprachlos, mit Erinnerungslücken. Ihr Weg zurück ins Leben konfrontiert sie mit einer fremden Frau, die doch einmal sie selbst war.
Kathrin Schmidt packt ihre Leser diesmal durch die Beschränkung, und zwar im wörtlichen Sinne. Mit den Augen ihrer erwachenden Heldin blicken wir in ein Krankenzimmer, auf andere Patienten, das Pflegepersonal und den eigenen Körper, der plötzlich ein Eigenleben zu führen scheint. Und wir erleben die mühsamen Reha-Maßnahmen mit, die Reaktionen der Familie, den aufopferungsvollen Einsatz ihres Mannes und die bruchstückhafte Wiederkehr ihrer Erinnerung.
(...)
Kathrin Schmidt gelingt das Erstaunliche: Sie macht den Orientierungs- und Sprachverlust nach einer Hirnverletzung erfahrbar und zeigt einen Weg der Genesung, der in zwei Richtungen führt, zurück und nach vorn. Dabei entsteht ein Entwicklungsroman ganz eigener Art, der durch seine innere Dynamik fesselt und durch die Rückhaltlosigkeit, mit der seine Heldin sich mit ihrer Vergangenheit und Gegenwart konfrontiert, fasziniert. Er überzeugt vor allem durch die bewegende Schilderung eines sprachlichen Neubeginns.