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Gesucht: Melancholische Gedichte

***81 Mann
16 Beiträge
Themenersteller 
Gesucht: Melancholische Gedichte
Hallo zusammen,

ich mag Gedichte von Erich Fried ganz gerne (auch wenn sie nicht prinzipiell melancholisch sind).

Andere melancholische Gedichte, die mir gefallen, sind z. B. "Giselheer dem Heiden" von Else Lasker-Schüler oder "Alone With Everybody" von Charles Bukowski

Es hat nicht zufällig jemand ein paar Empfehlungen für mich?

Viele Grüße, Alexander
*******_88 Frau
2.205 Beiträge
Heines Nachtgedanken - und die so ewig oft völlig aus dem Zusammenhang gerissene zitierte erste Strophe passt auch prima zu Corona:

Denk ich an Deutschland in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
Ich kann nicht mehr die Augen schließen,
Und meine heißen Tränen fließen.

Die Jahre kommen und vergehn!
Seit ich die Mutter nicht gesehn,
Zwölf Jahre sind schon hingegangen;
Es wächst mein Sehnen und Verlangen.

Mein Sehnen und Verlangen wächst.
Die alte Frau hat mich behext,
Ich denke immer an die alte,
Die alte Frau, die Gott erhalte!

Die alte Frau hat mich so lieb,
Und in den Briefen, die sie schrieb,
Seh ich, wie ihre Hand gezittert,
Wie tief das Mutterherz erschüttert.

Die Mutter liegt mir stets im Sinn.
Zwölf lange Jahre flossen hin,
Zwölf lange Jahre sind verflossen,
Seit ich sie nicht ans Herz geschlossen.

Deutschland hat ewigen Bestand,
Es ist ein kerngesundes Land,
Mit seinen Eichen, seinen Linden,
Werd ich es immer wiederfinden.

Nach Deutschland lechzt ich nicht so sehr,
Wenn nicht die Mutter dorten wär;
Das Vaterland wird nie verderben,
Jedoch die alte Frau kann sterben.

Seit ich das Land verlassen hab,
So viele sanken dort ins Grab,
Die ich geliebt - wenn ich sie zähle,
So will verbluten meine Seele.

Und zählen muß ich - Mit der Zahl
Schwillt immer höher meine Qual,
Mir ist, als wälzten sich die Leichen,
Auf meine Brust - Gottlob! sie weichen!

Gottlob! durch meine Fenster bricht
Französisch heitres Tageslicht;
Es kommt mein Weib, schön wie der Morgen,
Und lächelt fort die deutschen Sorgen.
********furt Mann
32 Beiträge
Benn " Wer allein ist "
Eichendorf " Wehmut"
***81 Mann
16 Beiträge
Themenersteller 
Hallo Dagmar,

vielen Dank für Deine Antwort :-).

Viele Grüße, Alexander
*******mer Frau
39 Beiträge
"Melancholie" von Ringelnatz
"Hoffnung" von Rose Ausländer
*******_88 Frau
2.205 Beiträge
Gerne!
*******_88 Frau
2.205 Beiträge
Einen habe ich noch - auch wenn es nicht zwingend ein melancholisches Gedicht ist, sondern eher erheiternd: Ein wenig nachdenkliche Melancholie schwingt trotzdem mit und es ist eines meiner Lieblingsgedichte (und einer meiner Lieblingsdichter auch) - möchte ich euch nicht vorenthalten:

Falscher Verdacht
Eugen Roth

Ein Mensch hat meist den übermächt'gen
Naturdrang, andre zu verdächt'gen.
Die Aktenmappe ist verlegt.
Er sucht sie, kopflos und erregt,
Und schwört bereits, sie sei gestohlen,
Und will die Polizei schon holen
Und weiß von nun an überhaupt,
Dass alle Welt nur stiehlt und raubt.

Und sicher ist's der Herr gewesen
Der, während scheinbar er gelesen -
Er ahnt genau, wie es geschah ...
Die Mappe? Ei, da liegt sie ja!

Der ganze Aufwand war entbehrlich.
Und alle Welt wird wieder ehrlich.
Doch den vermeintlich frechen Dieb
Gewinnt der Mensch nie mehr ganz lieb,

Weil der die Mappe, angenommen,
Sie wäre wirklich weggekommen -
Und darauf wagt er jede Wette -
Gestohlen würde haben hätte!

*ja* *rotfl*
********furt Mann
32 Beiträge
Heym " letzte Wache"
Hölderlin " Hälfte des Lebens "
*********vibus Mann
1.014 Beiträge
Auch von meinem "Hero" Robert Gernhardt kann ich etwas beisteuern:

Am Vorabend der Vierten

Immer weniger Zähne
stehen mir im Munde umher.
Einer geht nach dem andern,
die Lücken werden mehr.

Der Zahn geht unter Schmerzen.
Schmerzlos dauert die Lücke.
Wer so etwas einmal erlebt hat, geht
geradezu gerne in Stücke:

Hinfort mit allem, was da ist!
Was weg ist, kann nicht leiden.
Und man wird das, was übrig bleibt,
als blankes Nichts beneiden.
*********vibus Mann
1.014 Beiträge
Im Übrigen eines der Berühmtesten:

Rilke "Herbst"
***rm Frau
401 Beiträge
Shakespeare-sonete
***le Mann
342 Beiträge
Erich Fried ist auch einer meiner Favoriten. Dir wird das Werk von Mascha Kaléko sicher gefallen!
********furt Mann
32 Beiträge
Huchel " Nichts zu berichten "
Trakl " Verklärter Herbst"
*******_88 Frau
2.205 Beiträge
Anregung: Druckt die Gedichte doch ab, dann muss man das nicht immer erst googeln...
******ski Mann
968 Beiträge
@********voll
Anregung: Druckt die Gedichte doch ab, dann muss man das nicht immer erst googeln...
Der Gedanke an sich ist gut, aber urheberrechtstechnisch ergeben sich für Texte von Autor*innen, die noch nicht 70 Jahre tot sind, Probleme. Man bräuchte von ihnen (oder den Erben der Rechte) die Genehmigung zur Veröffentlichung auf dieser Plattform.
*********2017 Frau
252 Beiträge
Lösch mir die Augen aus.

Lösch mir die Augen aus- ich kann dich sehen,
wirf mir die Ohren zu- ich kann dich hören,
und
ohne Füße kann ich zu dir gehen,
und ohne Mund noch
kann ich dich beschwören.

Brich mir die Arme ab,ich fasse dich mit meinem Herzen wie mit einer Hand,
halt mir das Herz zu und mein Hirn wird schlagen,
und
wirfst du in meinem Hirn den Brand,
so werd ich dich auf meinem Blute tragen.



( R.M.Rilke)
********furt Mann
32 Beiträge
Robert Gernhardt mag ich auch. Melancholie? Ich finde Er ist ein gutes Gegengift.
***81 Mann
16 Beiträge
Themenersteller 
Oh, so viele Antworten. Vielen Dank!

Da muss ich mich erst einmal in Ruhe durcharbeiten *g*
*********vibus Mann
1.014 Beiträge
Zitat von ********furt:
Robert Gernhardt mag ich auch. Melancholie? Ich finde Er ist ein gutes Gegengift.

Die populäreren (rein) humoristischen Gedichte sind sicher eher Gegengift. Aber Gernhardt hat auch sehr schöne Gedichte geschrieben, die Krankheit, Verlust und Tod gewidmet sind. Den Gegensatz zwischen heiterer Form und ernster Thematik empfinde ich als melancholisch.
*****del Mann
11 Beiträge
Gerade auf dieses Thema im Joyclub gestoßen:

,Sachliche Romanze' von Erich Kästner.

Als ich vor ein paar Jahren das Gedicht gelesen habe, habe ich mir sofort es als Lied vorgestellt und es dann für mich persönlich vertont. Später habe ich mitbekommen, es gibt ,Profis', die das Gedicht als Lied aufgenommen haben, bis heute habe ich diese Versionen nie angehört oder anhören wollen.
****na Frau
193 Beiträge
@*****del,

das ist eines meiner Lieblingsgedichte und ich habe in einem Thread vor einiger Zeit gepostet.

Und von Erich Fried finde ich toll: "Strauch mit herzförmigen Blättern".

Jetzt trau ich mich nicht, es hier zu posten *traurig*, Frau will ja keinen Ärger kriegen.
****na Frau
193 Beiträge
Mir fällt noch eins ein von Erich Fried: "Was es ist", sehr schön.
*****eiv Frau
13.405 Beiträge
"Sachliche Romanze" ja.
Und dieses Gedicht von Erich Fried werde ich mal suchen.
Ich liebe ihn.

Z.
Ich habe hier von Till Lindemann (Rammstein): In stillen Nächten, da sind melancholische, erotische und düstere Gedichte dabei.
*****fUs Paar
1.231 Beiträge
Da fällt mir natürlich Rilke ein. Er hat so viele wunderschöne und melancholische Gedichte geschrieben. Eines meiner Lieblingsgedichte wurde hier schon genannt.

„Der Tod der Geliebten„


Er wußte nur vom Tod was alle wissen:
daß er uns nimmt und in das Stumme stößt.
Als aber sie, nicht von ihm fortgerissen,
nein, leis aus seinen Augen ausgelöst,

hinüberglitt zu unbekannten Schatten,
und als er fühlte, daß sie drüben nun
wie einen Mond ihr Mädchenlächeln hatten
und ihre Weise wohlzutun:

da wurden ihm die Toten so bekannt,
als wäre er durch sie mit einem jeden
ganz nah verwandt; er ließ die andern reden

und glaubte nicht und nannte jenes Land
das gutgelegene, das immersüße -.
Und tastete es ab für ihre Füße.

Ich LIEBE es!

„Lied“

Du, der ichs nicht sage, daß ich bei Nacht
weinend liege,
deren Wesen mich Müde macht
wie eine Wiege.
Du, die mir nicht sagt, wenn sie wacht
meinetwillen:
wie, wenn wir diese Pracht
ohne zu stillen
in uns ertrügen?
• - - - -
Sieh dir die Liebenden an,
wenn erst das Bekennen begann,
wie bald sie lügen.
• - - - -
Du machst mich allein. Dich einzig kann ich vertauschen.
Eine Weile bist dus, dann wieder ist es das Rauschen,
oder es ist ein Duft ohne Rest.
Ach, in den Armen hab ich sie alle verloren,
du nur, du wirst immer wieder geboren:
weil ich niemals dich anhielt, halt ich dich fest.
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