Wintermänner von Jesper Bugge Kold, gelesen von Oliver Wronka
Klappentext:
"In den 1930er-Jahren führen die Brüder Karl und Gerhard ein beschauliches Dasein in ihrer Geburtsstadt Hamburg. Doch dann geraten sie gegen ihren Willen in den Sog der Nazibewegung. Als der Zweite Weltkrieg beginnt, erlebt Karl als Offizier beim Nachschub das Grauen an der Front sowohl in Frankreich als auch in Russland aus nächster Nähe. Gerhard bleibt in Deutschland, ist mitverantwortlich für den Transport der Juden in Konzentrations- und Vernichtungslager und steigt schließlich zum Kommandanten eines Konzentrationslagers auf."
Ich finde, dass das Buch in erster Linie den Hörer damit konfrontiert, was man selbst getan oder unterlassen hätte, um möglichst unbeschadet durch diese Zeit zu kommen. Ein Urteil möchte ich mir nicht anmaßen, denn die Gründe, warum Karl und Gerhard sich von ganz normalen, das Regime verachtenden Bürgern zu SS-Schergen gewandelt haben, sind für einige (gewiss nicht für alle) nachvollziehbar.
Das Schicksal von Karls ältestem Sohn August wird sehr gut beschrieben. Es scheint mir stellvertretend zu sein für die vielen jungen Männer, die eingezogen wurden und teilweise noch Kinder waren und keinen blassen Schimmer hatten, was auf sie zukommt und deren Leben deshalb auf tragische Weise endete.
Vor einiger Zeit las ich einen Artikel über eine der letzten Auschwitz-Überlebenden, einer sehr alten Dame, die vor einer großen Runde einen Vortrag hielt, zu dem sie eingeladen worden war. Die alte Dame sagte während der anschließenden Diskussion zu einem jungen Mann, der voller Inbrunst das Geschehene - zu Recht - verteufelte: „Glaub mir Jungchen, auch du hättest damals den Arm gehoben“. Diesen Satz hatte ich beim Hören im Hinterkopf und er verursachte mir eine Gänsehaut.
Der Sprecher war mit bis dato nicht bekannt, seine ruhige Art des Vortrags passte zum Thema, allerdings hätte ich mir hier Uve Teschner oder Stefan Kaminski gewünscht, die mit Sicherheit an passender Stelle der Tragik des Geschehens mehr Tiefe verliehen hätten.
Wer sich auf das Hörbuch einlässt, bekommt keine leichte Kost serviert, aber das dürfte ja im Vorhinein klar sein.