John Irving und der 11. September
Zu John Irvings Haltung zum 11. September und den Reaktionen von Bush ist es hilfreich ein Interview im Spiegel Anfang 2002 zu lesen:
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,178369,00.html
Hier ein paar Zitate:
Irving: Verstehen Sie mich nicht falsch: Nie dürfen wir vergessen, dass ein paar tausend Menschen getötet und rund 10 000 Kinder zu Waisen gemacht wurden, es war ein grauenhaftes Verbrechen. Aber es hat meinen Blick auf die Welt nicht verändert oder die Art, wie ich die Welt beschreibe. Ich habe immer schon über Verluste geschrieben und darüber, wie Menschen danach weiterleben. Im Übrigen habe ich lange außerhalb der USA gelebt und den Anti-Amerikanismus in vielen Varianten erlebt.
und weiter:
SPIEGEL: Wenn schon Ihr Blick derselbe blieb hat sich nicht die Welt verändert?
Irving: Wieso? Meine literarischen Freunde, die jetzt sagen, nichts sei mehr so, wie es einmal war die haben schon vor dem 11. September wenig davon verstanden, wie es auf der Welt zugeht. Mein Thema war von Anfang an, wie sich das Leben über Nacht wandeln kann, wie Katastrophen alles verändern. Daher staune ich schon eine ganze Weile, dass in den Medien noch immer davon gesprochen wird, wie schockierend und überraschend der 11. September gewesen sei. Wie lange wollen die Leute sich noch über das wundern, was da geschehen ist? Es war schockierend und überraschend, weil es live im Fernsehen gezeigt wurde aber der Hass und der Fanatismus, die hinter diesem Verbrechen stehen, sind doch schon lange bekannt.
SPIEGEL: Haben Sie sich deswegen bisher nicht zum 11. September geäußert?
Irving: Ich war überrascht, wie viel meine Kollegen zu sagen hatten und wie schnell sie sich zu Wort meldeten. Ich bin Roman-Autor. Ich brauche Zeit, um ein Ereignis zu verarbeiten. Ich habe in meinem Roman "Gottes Werk und Teufels Beitrag" über die Abtreibungsproblematik in diesem Land geschrieben, lange nachdem die Abtreibung legalisiert wurde. Ich habe in "Owen Meany" über den Vietnam-Krieg geschrieben viele Jahre nach dem Ende des Krieges. Und ich denke, es ist unverantwortlich, wenn Schriftsteller glauben, sie wären besser informiert als andere oder könnten die Situation besser beurteilen. Vor allem meine liberalen Kollegen, die sich ständig fragen, wie die Politik des Präsidenten ihre Arbeit berühren könnte.
SPIEGEL: Gehören Sie zu denen, die jetzt mit George W. Bush sympathisieren?
"Die vierte Hand" - John Irvings neuer Roman über einen TV-Journalisten, der seine Hand verliert.
Irving: Nein. Ich habe Bush nicht gewählt. Ich mag die Politik der Republikaner noch immer nicht. Aber das bedeutet nicht, dass ich jetzt wie der Filmregisseur Oliver Stone und andere Leute der hysterischen Linken herumrenne und mir die Haare raufe. Ich war schon immer klüger. Ich bin kein Republikaner geworden, nur weil ich dafür bin, den Terrorismus und die Terroristen zu liquidieren, und insoweit hinter dem Präsidenten stehe. Ich hoffe sogar, dass wir Osama Bin Laden nicht zu schnell fangen, denn er ist nicht das einzige Problem und nicht das Ende des Problems.
SPIEGEL: Sind Sie Patriot?
Irving: Ich versuche, eine Balance zwischen Patriotismus und kritischer Distanz zum eigenen Land zu finden. Patriotismus und Nationalismus sind nicht ungefährlich, ich habe immer darauf hingewiesen, dass diese Instinkte nicht unbedingt das Beste im Menschen hervorbringen. Ich muss davon nach dem 11. September nichts revidieren. Ich bin patriotisch genug, um der Meinung zu sein, dass Leute, die dieses Land angreifen und meine Mitbürger töten, gejagt und erledigt werden sollten. Wenn jemand meine Familie angreift, werde ich nicht tatenlos zusehen.
Soweit Irving 2002.
Mit "Letzte Nacht in Twisted River" nimmt er auch Stellung zu Bush jr.s Verhalten nach dem 11-09. Das mit sehr drastischen Worten.
Auch in früheren Büchern gibt es klare Worte zu den USA und Krieg:
Owen Meany arbeitet den Vietnamkrieg auf und auch Bush seniors ersten Irak-Krieg.
Auch Garp liefert 1978 schon einiges zu Vietnam.