Warum sich Leo das antut, wo sie ihn doch mit steter Regelmäßigkeit mit unbegründeten Vorwürfen konfrontiert, konnte ich nicht nachvollziehen. Wie sich da Zuneigung entwickeln soll? Keine Ahnung....
Ganz einfach: Weil er begriffen hat, dass diese ganze Zickigkeit nur Fassade ist.
Es mag jetzt ein wenig weit hergeholt sein, aber ich habe mir wirklich mal drüber Gedanken gemacht und kam zu dem Schluss, dass die Zickigkeit Emmi Rothers (und vieler anderer Frauen) nichts anderes darstellt als das Machotum diverser Männer: Es ist der Panzer, um bloooß nicht verletzt werden zu können oder zugeben zu müssen, dass man (bzw. Frau) das andere Geschlecht ja doch braucht und irgendwie von ihm auch abhängig ist.
Ok, ich kenne nur das erste Buch. Im zweiten soll sie ja noch zickiger sein, aber ich beziehe mich nun nur aufs erste.
Ich sehe ihn tatsächlich mit einen gelassenen Lächeln hinterm PC sitzen und sich denken "naaa, ist sie wieder mal auf eine meiner Vorlagen reingefallen ...?
"
Seeehr schön beispielsweise die Szene, als die zwei sich
vermeintlich begegnet sind in einem Café.
Sie fällt vom Glauben ab, dass er sie getäuscht haben könnte, WER er ist. Und er? Dementiert es erst gar nicht, sondern lässt sie erst mal VOLL reinlaufen in die Falle, sich ne Runde aufregen - um dann im Anschluss zu schreiben, dass er dann ja froh sein könne, dass er nicht einer jener Männer war, über die sie gerade so herzieht.
Wusch, erwischt. Ohrfeige volle Kanne, sie voll aufn Boden zurückgeholt, kleinlaut gekriegt.
So verrückt sich das anhören mag: Just solche Beziehungen gibt es da draußen haufenweise!
Jene, bei denen SIE impulsiv ist und ER die Ruhe weg hat.
Und die funktionieren gar nicht mal schlecht
Ich bleibe dabei: Das Buch ist so verdammt lebensnah, dass ich mir manchmal schon denke "scheiße, ist es wirklich so schlimm?"
Offensichtlich schon
Denn bei Licht betrachtet ist auch dieser Leo Leike kein großes Ruhmesblatt.
Eloquent, ja, gelassen, ja, belesen auch.
Aber sonst?
Ist er doch, bei Licht betrachtet, ein Häufchen Elend, das nicht mal über die letzte Beziehung hinwegkommt.
Just das -
genau das- macht dieses Buch aber für mich zu etwas Besonderem.
Da werden nicht etwa die perfekten Menschen präsentiert.
Sondern Menschen wie du und ich, Menschen mit Fehlern, Zweifeln, Ängsten und Selbstlügen. Just jene, wie wir es irgendwo alle sind.
Also, ich habe mich da wunderbar drin wiedergefunden.
Manchmal ein bisschen
zu viel, dünkt mir ...