John Grisham "Das Geständnis"
Mit Grisham ist das ja mittlerweile so ein Sache. Er hat als Autor furios gestartet und einige Bestseller gelandet. Doch in den letzten Jahren gab es bei ihm mehr Schatten als Licht. Sein Schreibstil wurde langatmig, er hat sich gerne in Nebenhandlungen verrannt oder - wie bei seinem letzten Roman zwar toll geschrieben, aber das Ende ziemlich verkackt. Absoluter Tiefpunkt war sein Roman "Der Gefangene", der sich mit dem realen Fall des zum Tode verurteilten Schwarzen Ron Williamson, der fast 20 Jahre aufgrund falscher Verdächtigungen und Manipulationen von Staatsanwaltschaft und Polizeibehörde zu unrecht in einer Todeszelle sitzt und dann aufgrund der damals neuartigen DNA-Tests rehabilitiert, aber als gebrochener Mann entlassen wird. Mittlerweile wird dieses Werk als Sachroman beworben, war aber als klassischer Roman publiziert.
Keine Frage - der Inhalt ist erschütternd und eine daramtisches Plädoyer gegen die Todesstrafe im Speziellen, aber erst recht gegen das amerikanische Rechtssystem im Allgemeinen. Doch schriftstellerisch ist "Der Gefangene" eine Katastrophe - dilettantisch, langatmig, verworren, langweilig.
Nun hat Grisham einen neuen Roman nun auch auf deutsch veröffentlicht und mein allererster Gedanke beim Lesen war: Er hat "Der Gefangene" extrem überarbeitet, fiktionalisiert und wirklich als Roman gestaltet. Denn die Handlung ist genau die Selbe: ein Schwarzer sitzt zu Unrecht in der Todeszelle, weil Polizei und Staatsanwaltschaft ihn zum Täter gemacht haben, spätere beweise vorenthalten und letztendlich nur politisch gedacht haben. Und doch unterscheidet sich "Das Geständnis" deutlich von "Der Gefangene".
Erstens ist das Buch wirklich spannend und kurzweilig geschrieben. Zweitens wird durch ein Geständnis des eigentlichen Täters bei einem Pfarrer ein eindeutiger Beweis für die Unschuld des Todeskandidaten deutlich. Und zum dritten dramatisiert Grisham den Wettlauf gegen die Zeit, denn dem Pfarrer sowie dem Pflichtverteidiger des verurteilten bleiben gerade mal 48 Stunden Zeit, denn dann wird das Todesurteil vollstreckt. Zum vierten beschäftigt sich Grisham auch damit, welche Konsequenzen ein solch mutwillig gefördertes Fehlurteil für alle Beteiligten haben könnte.
Von daher kann man behaupten, dass Grisham seine schlecht gemachte Hausaufgabe ("Der Gefangene") vollkommen neu und diesmal richtig gut geschrieben hat und endlich wieder etwas von dem "alten" John Grisham aus Zeiten von "Die Firma", "Der Klient" oder "Die Jury" zum Vorschein gekommen ist. Da verzeiht man ihm sogar einige Logiklöcher im Plot und zu konstruierte Handlungsteile.
"Das Geständnis" ist genau ein lautstarkes Plädoyer gegen die Todesstrafe, das - wie man gerade in der Süddeutschen Zeitung lesen konnte am Beispiel des in Georgia heute hingerichteten Schwarzen Troy Davis, dessen Schuld mehr als zweifelhaft ist und trotzdem die Behörden stur an der Veruteilung und der Hinrichtung festklammern, weil "Troy ja seine Unschuld nicht überzeugend beweisen konnte" - immer wieder von der Realität eingeholt wird.
Fazit: lesenswert, schmerzhaft und aufwühlend