Der eigentliche Mist ist doch der, dass wir anscheinend von unserem Pro oder Kontra zu "Shades of Grey" ableiten, ob und in welcher Couleur wir BDSMler sind.
Das ist doch, mit Verlaub, absurd.
Ebensowenig, wie man aus einem Faible für, sagen wir mal, den "Herrn der Ringe" eine fantasievolle Persönlichkeit ableiten kann, ist es möglich, aus einer Vorliebe für oder Abneigung gegen "Shades of Grey" die Ernsthaftigkeit der BDSM Neigung der Leser zu bestimmen.
Es bedarf sicher keiner Diskussion, ob es sich bei "Shades of Grey" um ein sprachlich höchst meisterhaftes Werk handelt. Das dies keins ist, werden selbst die Freunde dieses Buches zugeben müssen.
Zumal die ganze Machart eben genau den ganzen "Frauenromanen" entspricht, die man stapelweise in den Buchhandlungen findet.
Na und ?
Genau das kann doch auch den Lesern gefallen.
Eine "Schmonzette" mit SM-Anleihen, locker-flockig erzählt mit "Pretty-Woman"-Attitüde.
Für die Eine eben der kleine, kurzweilige Roman für zwischen durch, für den Anderen ein Einstieg in das Thema. Wie auch immer.
Und ohne den Anspruch, dass es jedem gefallen muss.
Wir fanden auch z.B. "Safeword" inhaltlicher viel tiefgehender und, ja, schockierender.
Weil, für uns Europäer wahrscheinlich wesentlich authentischer.
Das Thema beschäftigt sich halt mehr mit dem "wahren" BDSM und klingt autobiographisch an.
All das kann "Shades of Grey" wohl nicht leisten, da mutmaßlich der Hintergrund der Autorin ein ganz anderer ist.
Für uns wäre es einmal sehr interessant zu hören oder zu lesen, wie US-Amerikaner/innen die Geschichte bewerten, auch im Hinblick auf die Authentizität der BDSM-Beschreibungen.
Ist den die politisch-korrekte BDSM-Szene in Amerika so ausgeprägt?
Müssen wir nicht diesen Kontext einbeziehen in unsere inhaltliche Bewertung von "Shades of Grey".
Was die sprachlichen "Entgleisungen" des Romans anbelangt, so sind einige davon einer, aus unserer Sicht, ziemlich schlechten Übersetzung geschuldet. Ließt man die Bücher in der originalen Sprache, so sind z.B. die ganzen "fuckery language" Ausdrücke viel treffender, weil eben "native spocken".
Gleichwohl unbewertet muss es von uns noch sein, ob z.B. der Analverkehr oder das Blasen in der moralischen Wertigkeit für E.L. James einen höheren oder niederen Schockwert hat wie für uns Mitteleuropäer.
Wir geben es offen zu, da fehlt uns das Hintergrundwissen dazu, um dies richtig zu bewerten.
Allerdings nehmen wir doch stark an, dass alleine das Thema BDSM als Rahmenhandlung für diese ansonsten eher "märchenhafte" Erzählung jenseits des großen Teichs andere Wellen schlägt als diesseits.
Leiten wir es mal ab von den vielen Leitsprüchen, die wir hier im JC in den Profilen der User finden:
Jede/r kann, keine/r muß (die Bücher lesen)!
In diesem Sinne
Piece auf Erden!