"Der Junge, der Träume schenkte" von Luca di Fulvio
Es gibt immer wieder Romane, die wirklich etwas besonderes sind und sich - eher still und leise als über große Marketingmaschinerie - zum Bestseller mausern. "Der Junge, der Träume schenkte" ist ein solcher Roman. Aber er ist nicht nur ein unglaublich erfolgreicher Bestseller, sondern ein wunderschönes Gemälde von Amerika zu Beginn des letzten Jahrhunderts. Er beinhaltet eine berührende, tragische, verzweifelte und mitreißende Liebesgeschichte und begleitet den mit seiner Mutter als Säugling nach New York gekommen Natale, der aufgrund eines Übersetzungsfehlers des Einwanderungsbeamten auf Ellis Island nun Chrismas heißt.Seine Mutter landet in N.Y. als Hure in einem Bordell in den Lower East Sides, dem Armenviertel von N.Y., das von einem eigenbrödlerischen Schwarzen Namens Sal geführt und beschützt wird. Hier wächst Chrismas auf und rettet eines Tages die von dem brutalen und psychisch labilen Bill vergewaltigte und verstümmelte aus reichem Hause stammende Ruth, in die er sich auf der Stelle verliebt. Ihre Standesunterschiede scheinen aber zu groß und ihre Liebe wird von der Vernunft und dem Willen Ruths Eltern unterdrückt. Als Ruth nach dem Tod ihres Großvaters, der als Einziger das Besondere in Chrismas erkannt hatte und ihn förderte, wegzieht, scheint Alles verloren.
Doch Luca di Fulvio lässt den Leser nun die Protagonisten Chrismas, Ruth und Bill begleiten bis sie sich Jahre später wieder gemeinsam auf hoch dramatische Weise begegnen. Bei diesem Roman steht Chrismas eindeutig in Vordergrund und man leidet auf ganz besondere Weise als Leser mit ihm mit, freut sich, trauert, fiebert, hofft und bangt. Und man ist gefangen von Chrismas besonderer Fähigkeit, Menschen durch seine Sprache, seine Geschichten zum träumen zu bringen, was ihn zu einem ganz besonderen Radiosprecher werden lässt.
"Der Junge, der Träume schenkte" ist in meinen Augen eines der schönsten und berührendsten Bücher 2012. Auch wenn es teilweise sehr brutal und schockierend ist, so ist für mich der Spagat zwischen diesen extremeren Handlungsteilen und der Gesamtkomposition unglaublich gut gelungen. Die Handlung spielt nun mal im Slum und damit mitten im Umfeld von Prostitution, Bandenkriegen, Mord und Verbrechen. Es gehört schlichtweg dazu und würde sonst einen wichtigen Teil des Amerikas der frühen 20iger Jahre einfach aussparen.
Die Geschichte erinnerte mich ein wenig an den großartigen Filmepos von Sergio Leone "Es war einmal in Amerika" und ein wenig an die großen Romane von Ken Follet. Und gleichzeitig lässt sich Luca die Fulvios "Der Junge, der Träume schenkte" doch nicht in einen Topf werfen. Es ist schlichtweg - zumindest für mich - ein ganz besonderer Roman, über einen besonderen jungen, zu einer besonderen Zeit mit einer besonderen Liebe.
Absolut lesens- und träumenswert!