Was ist Gor?
Der Autor John Norman erfand in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts den Planeten Gor und versetzte ihn - ganz in der Tradition Platons - auf die Erdbahn um 18o° versetzt hinter die Sonne. Hinter dem Pseudonym John Norman verbirgt sich der amerikanische Philosophie-Professor John Frederick Lange.Im Laufe der Jahre schrieb er über zwanzig Bände über den Planeten und die dortige Gesellschaft. Der erste Band "Gor - die Gegenerde" erschien 1973 auf deutsch. Die Bände kamen schnell auf den Index und konnten nur gekürzt veröffentlicht werden, weil John Norman ein für die damalige Zeit völlig tabuisiertes Thema anfasste: Eine von der Gesellschaft anerkannte Form der Sklaverei.
Der Planet wird beherrscht von einer intelligenten übermannsgroßen Insektenart, die aussehen und in einem Staat (Nest) leben wie irdische Ameisen. Wie diese verständigen sie sich nicht über Laute, sondern über Duftstoffe. Sie leben zurückgezogen, lassen der Welt ihren Lauf, aber haben alles unter Kontrolle, damit die dorthin verpflanzten Menschen von der Erde keine hochentwickelte Technik, insbesondere Waffentechnik entwickeln. Sie sind der Ansicht, dass die Menschen der Erde sich und den Planeten im Laufe der Zeit selbst vernichten.
Sie haben - beginnend vor über 10.000 Jahren - immer wieder Menschen von der Erde nach Gor verpflanzt und lassen sie dort ihre Kultur weiterleben, so dass es dort Menschen gibt in einer griechisch-römischen Kultur, in einer mongolischen Kultur, in einer normannischen Kultur und einer indianischen Kultur, die dem Leser im Laufe des Gor-Zyklus meist sehr detailliert vorgestellt werden.
Als Gegenspieler der beherrschenden Insekten, die von den Menschen ehrfurchtsvoll "Priesterkönige" genannt werden, stellt Norman eine Kultur von Ungeheuern vor, die vor langer Zeit ihren Planeten vernichtet haben. Einige Exemplare sind mit Raumschiffen "Stahlwelten" der Vernichtung entronnen und wollen sich im Sonnensystem festsetzen, was die "Priesterkönige" zu verhindern suchen.
Die vorherrschende griechisch-römische Kultur der Goreaner definiert sich über drei Grundpfeiler:
• der Heimstein: Jeder Goreaner hat einen besonderen Stein, als Verbindung zur umgebenden verehrungswürdigen Natur, in seinem Haus. Jedes Gemeinwesen schart sich um einen übergeordneten Heimstein, dem sie die Treue schwören. In der Nähe seines Heimsteins ist selbst der Bettler ein König: Er entscheidet, was in seinem Haus geschieht.
• die Kaste: Jeder Goreaner gehört von Geburt an dieser berufsständischen Organisation an. Er leistet Abgaben an sie und erhält dafür Leistungen im Krankheitsfall und Rente.
• die Ordnung der Natur: Der Goreaner sieht sich nicht an der Spitze der Evolution und damit über der Natur und deren Resourcen stehend. Er versteht sich als Teil der Natur und schützt sie, statt sie auszubeuten. Da er die Menschen ebenfalls als Teil der schützenswerten Natur sieht, bietet der Mann als der Stärkere der Frau als der Schwächeren Schutz. Dafür, dass sich die Frau in den Schutz des Mannes begibt, unterwirft sie sich ihm, wird sie seine Sklavin.
Da Ende der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts der Feminismus aufkam, kann man sich den Grund vorstellen, warum die Bücher auf den Index kamen: Die Frauen werden "not amused" gewesen sein, über die Gedanken des John Norman, und ein paar Männer ebensowenig, die auf der Seite der Frauen damals protestierten. Die gesellschaftliche Schlechterstellung der Frau war damals noch an der Tagesordnung und nur mühsam kam der Prozess der Gleichberechtigung in Bewegung.
Die Indexierung wird aktuell zurückgenommen, so dass die Bücher allmählich ungekürzt, aber mit einer schlimmen Rechtschreibung in der deutschen Übersetzung wieder auf den Markt kommen. Daneben gibt es eine Menge Internetseiten inzwischen für Rollenspieler, die die Welt John Normans in ihrer Freizeit spielen und es gibt eine kleine Gemeinde von Gorean Lifestylern, die die Philosophie John Normans im Alltag 24/7 leben.