Stephan Thome, Grenzgang
Dieses Buch wurde mir sehr ans Herz gelegt, als ich vor einiger Zeit über die "Fliehkräfte" desselben Autors geschrieben hatte, und ich möchte die Empfehlung an euch weitergeben.
Der Grenzgang ist eine Tradition der hessischen Kleinstadt Bergenstadt, bei der alle sieben Jahre die Gemeindegrenzen abgewandert werden, begleitet von einem großen Volksfest, bei dem die zwischenmenschlichen Grenzen berührt oder überschritten werden.
Die Handlung spielt im Grenzgangsjahr 2006 ("Begleitmusik" ist die Fußball-WM) mit vielen Rückblenden zu den beiden vorherigen Grenzgängen 1999 und 1992. Anfangs hatte ich etwas Schwierigkeiten, mich in den Zeitebenen zurechtzufinden, aber das verging schnell.
Erzählt wird von der vorsichtigen Annäherung der beiden Protagonisten Kerstin und Thomas, deren Lebensentwürfe zerbrochen sind. Kerstin ist einst der Liebe wegen nach Bergenstadt gezogen, ihre Ehe ist inzwischen geschieden, und sie ist von der Erziehung ihres Sohnes nahtlos zur Pflege ihrer an Demenz erkrankten Mutter übergewechselt. Thomas, in Bergenstadt aufgewachsen, ist nach einer gescheiterten Habilitation (spannendes Thema: Historische Erinnerung als Medium kollektiver Selbsttäuschung) zurückgekehrt, unterrichtet am örtlichen Gymnasium und ist der Klassenlehrer von Kerstins pubertierendem Sohn.
Wenn ich jetzt meinen Text überfliege, klingt das furchtbar langweilig, wie eben das Leben in der hessischen Provinz, aber Thomes Sprache hat mich in ihren Bann gezogen. Sehr erheiternd für uns Joyclub-Nutzer sind Thomas' Ausflüge auf eine ähnliche Plattform
, für mich eher beklemmend das Kapitel über den Besuch im Swingerclub.