Giovonda Belli: Die Republik der Frauen
Giovonda Belli: Die Republik der Frauen
Klappentext:
„ Wir versprechen, dieses Land zu schrubben, bis es in seiner ganzen Pracht glänzt und nach frisch gebügelter Wäsche duftet….“
Faguas ist das Land, von dem ganz Lateinamerika spricht, dennhier ist Unerhörtes gelungen: Eine Handvoll entschlossener Frauen, angeführt von der charismatischen Viviana Sansón, hat den rückständigen Machos die Macht entrissen. Mit Hilfe ihrer „Partei der Erotischen Linken“ mit Humor, Toleranz und Selbstironie (und mit Hilfe eines Vulkanausbruchs, aber das ist eine andere Geschichte…) haben Frauen jeden Bereich des öffentlichen Lebens übernommen. Das Land blüht auf – so sehr, dass selbst die Männer überzeugt sind.
Alle Männer? Eines Tages, bei einer flammenden Rede der Präsidentin Viviana, geschieht es: ein Attentäter schießt die wichtigste Frau des Landes nieder. Viviana aber lässt sich selbst von ihrem eigenen Koma nicht aufhalten
.
Wo, wie mit der Beschreibung dieses Buches beginnen? In einer Zeitschrift bin ich auf dieses Buch gestoßen, in der es fälschlicherweise mit dem inhaltlichen Schwerpunkt vorgestellt wurde: Die Frauen übernehmen in einem fiktiven Staat die Macht, nachdem der Ausdruck eines Vulkans den Testosteronspiegel der Männer drastisch senkte, so dass diese müde und lustlos wurden.
DAS ist nur ein Teil der Geschichte. Nachdem ich „Die bewohnte Frau“ von ihr für eines der schönsten Bücher halte, dachte ich, ich mache nichts falsch, wenn ich dieses Buch auch lese. Denn sooo viel veröffentlicht Giocanda Belli nicht.
Nach dem Schuss wird Vivians Geschichte aus zwei Perspekiven erzählt. Ihrer eigener und der ihrer Freunde, Wegbestreiter.
Ihre Geschichte wird erzählt während sie im Koma liegt. Vivian befindet sich im Raum der verlorenen Gegenstände. Jeder Gegenstand, den sie berührt, führt dazu, dass die dazu passende Geschichte und damit die ihrige, erzählt wird. Wie ein Puzzle setzt sich so die Lebensgeschichte von Vivian zusammen.
Das ist ein durchgehender Handlungsstrang und liest sich so gut, wie die Handlung selbst. Der Schwerpunkt der Handlung beschreibt natürlich, wie die Geschlechterverhältnisse mal ganz ganz anders sortiert werden. Die Charaktere sind absolut sympathisch, die Geschichte manches Mal satirisch.
Was würde geschehen, wenn sämtliche Männer von jetzt auf gleich für sechs Monate aus dem öffentlichen Leben verbannt würden. Ihr Gehalt, an die Ehefrauen ausgezahlt, für diesen Zeitraum erhalten würde…. Das ist eine der Fragen, die in diesem Buch auch umgesetzt werden.
Ist es ein Buch für Feministinnen? Ist es ein Buch für wahlverdrossene, die nun aktiv werden wollen?
Anhand der zahlreichen Handlungen, Erlasse wie
*Sämtliche Männer aus dem öffentlichen Leben verbannen
*Kostenloses Trinkwasser und Strom für die Stadtteile, die ihr Viertel sauber halten
*Vergewaltiger werden Donnerstags bis zum Wochenende in Käfigen ausgestellt, bei *Wiederholungen ein V auf ihre Stirn tättowiert
*Kinderbetreuung gewährleistet
• Den Index für Lebensqualität erschaffen
Und und und
denkt man plötzlich, ach so abwegig ist die Geschichte gar nicht…..denn hier entsteht ein blühendes Land. Ein Land, welches auch ohne aktive Präsidentin überleben kann?
Das ganze beschrieben in sachlicher Sprache, manch satirischen Erzählungen macht es zu einem absoluten Lesevergnügen.
Vielleicht sogar zur Pflichtlektüre vor den Bundestagswahlen?
Ja, ich wünsche mir auch einen Vulkanausbruch über Berlin.
Als Nachtrag sei noch vermerkt, dass die Schriftstellerin selbst während der Revolution in dem mittelamerikanischen Staat in den 1980er Jahren einer geheimen „Partei der Erotischen Linken“ an. „Die Gruppe existierte über mehrere Jahre und war eine Erfahrung in Kameradschaft und Kreativität, die uns alle bereicherte“, schreibt Belli in ihrer Danksagung im Buch.