Ist ja auch die Frage, wo die Erwartungen der Leser hängen. Wenn man von etwas enttäuscht ist, hat man von diesem Etwas offensichtlich mehr oder etwas anderes erwartet. Wäre dem nicht so, wäre es ja keine Enttäuschung.
Beispiel: Beim Focaultschen Pendel habe ich nach 100 Seiten aufgegeben. Mir wurde gewahr, dass mir einfach zu viel historisches Hintergrundwissen fehlt, um den Zeilen Ecos folgen zu können.
Eine Enttäuschung war es für mich aber nicht. Ich wusste ja ungefähr was mich erwartet und wollte mich absichtlich dieser Herausforderung stellen. Dass ich an ihr gescheitert bin kann ich schlecht Eco ankreiden, sondern vielmehr mir.
Deswegen war ich auch von Vollidiot/Millionär nicht enttäuscht. Weil ich seichte Lektüre erwartete die sich schnell wegliest, garniert mit einer ordentlichen Portion Sarkasmus. Hab ich gekriegt, ergo keine Enttäuschung.
Die stellte sich dann erst mit "Überman" ein. Weil dort alles nicht nur konstruiert wirkte, sondern auch hochgradig unrealistisch. In den ersten beiden Büchern konnte man immer noch annehmen, dass das einem gerade so noch passieren kann. Im dritten nicht. Die Wendungen waren einfach nur an den Haaren herbeigezogen, es wiederholte sich alles, drehte sich im Kreis. Ergo: Enttäuschung, weil ich Situationskomik der ersten Bücher erwartete, aber nicht erhielt.
Enttäuscht wurde ich auch von
Schnee, der auf Zedern fällt.
Vielleicht knöpfe ich mir das Buch später noch einmal vor. Denn meine Erwartungen lagen darin, einen spannenden Krimi und Gerichtsthriller zu erhalten, gewürzt mit jeder Menge Lokalkolorit.
Letzteres hielt das Buch, die ersten beiden dafür nicht. Ich las ca. 150 Seiten, sie verliefen völlig spannungsfrei. Immer dann wenn die Handlung weiterzugehen schien, schweifte der Autor wieder mit einem Rückblick einer Person ab. Das aber wollte ich doch gar nicht, ich wollte wissen, wie der Prozess weitergeht!
Tja, offensichtlich völlig falsche Erwartungen. Klar, dass ich das Buch langweilig finde.
Ich habe aber Hoffnung, dass wenn ich mit einer anderen Erwartung dort herangehe, eher ein Buch erwarte in dem es um eine genaue Charakterzeichnung geht, in dem man sich in den Lebensläufen der Menschen dort verlieren kann, es dann klappen könnte.
Insofern bemühe ich mich hier sehr darum, auch meine Erwartungen zu offenbaren. Denn dann wissen die Leser meiner Beiträge hier "aha, wenn ich dasselbe erwarte, werde ich (wohl) enttäuscht werden". Wer sich aber etwas anderes von demselben Buch erwartet, wird es vielleicht begeistert verschlingen.
So findet halt jeder das Buch, das zu ihm/ihr passt.