Schmiedegasse 15.0 Wernis Arsch
Heute ist der große Tag. Friedrich hat alle Bilder eingepackt und gestern sind sie mit einem Auto abgeholt worden. Friedrich auch. Der musste die dort aufstellen, dass sie gut wirken. Er war ganz aufgeregt und ich musste kichern. "Ist wie Weihnachten", lachte er. Friedrich kann sich toll freuen. Dann reibt er seine Hände ganz doll aneinander und verzieht sein Gesicht, wie ein Gewichtheber.Heute sollen wir uns schön anziehen. Wir gehen alle mit zur Eröffnung. Da hat jemand das organisiert. Der hat Werbung gemacht und so. Friedrich hatte auch Werbekarten. Die hatte er wohl sehnlichst erwartet. Obwohl die nach nichts aussehen. Werbung eben. Naja, ich hab sie noch aus dem Müll wieder rausholen können. Nix passiert, keiner bemerkt.
Heute ist Biggi fürs Anziehen zuständig und für die Haare sowieso. Sie guckt meinen Kleiderschrank durch und nimmt ein dunkelblaues Cordkleid und eine hellblaue Strumpfhose heraus. Dann legt sie die zurück und entscheidet sich für eine weiße. "Du wirst ganz niedlich aussehen. Die weißen Riemchenschuhe dazu und hohe Zöpfe. Das passt."
Jochen von Wernherr empfängt uns und führt durch die Galerie. Er wirkt ganz gelassen und spricht noch mit Friedrich über die Wirkung einzelner Bilder. Er hat auch Sekt bereit gestellt für Gucker. Wenn die kommen, kriegt jeder ein Glas oder Apfelsinensaft. Das macht man so. Sagt er. Ich hätte jetzt schon Lust auf ein Glas, aber das wird nicht angeboten.
Friedrich erklärt uns zu vielen Bildern etwas. Das meiste sind Landschaften, aber auch Anitas Hühner hat er gemalt, und sogar Anita kann man im Hintergrund erkennen. Die ist vielleicht begeistert!
Friedrich hat dreizehn Bilder gemalt. Wirklich schön. Es hängen aber noch andere Bilder da und die sind von Sabia. Sie ist auch da. Das sind alles Frauen, die die gemalt hat und manche sogar nackidei. Ich lache.
Sabia ist unheimlich schön. Schwarze, ganz glatte lange Haare hat sie. Und die Frauen auf ihren Bildern sehen eigentlich auch so aus wie sie selbst.
Sabia kann nicht so gut Deutsch. Ein bisschen erklärt sie trotzdem. Die wichtigen Wörter zu ihren Bildern kann sie. Und das sind echt komplizierte. Per Speck Tiefe und so.
"Wo sind denn deine Bilder?" frage ich Jochen. Ich darf Jochen zu Herrn Wernherr sagen. Ich hatte versucht, Herr Wernherr zu sagen, bin aber auf dem Wort ausgeglitscht.
"Ich habe keine gemalt, ich bin nur der Kurator. Ich organisiere diese Vernissage", sagt er freundlich. Ich gehe um ihn herum und gucke genau. "Aber wo ist denn dein Arsch? Den wollen doch alle sehen!?"
Meine Mitwohnmenschen brüllen auf vor Lachen. Friedrich verschluckt sich und haut sich auf die Schenkel. Der Moment ist ausgefüllt von unkontrolliert explodierter Emotion.
Nur Jochen und ich gucken wohl leicht erschrocken.
Friedrich und Anita weinen nur noch in Lachsalven. Dieter muss Jochen aufklären. Und Tom erklärt mir die Vernissage.
Die ersten Gucker sind schon vor den Fenstern der sehr lichten Erdgeschossgalerie und beobachten interessiert das Treiben innerhalb der Räume. Fragende Blicke, die meisten lachen auch, ohne den Grund zu kennen. Erheiterung steckt an. Etwas beleidigt bin ich aber schon, dass die mich alle so auslachen.
Das erste Glas Sekt bekomme ich von Jochen. Dieter nimmt es mir ab noch bevor ich überhaupt nippen kann. "Das machen wir noch mal schön gelb." Er macht mir eine Sektschorle mit viel Gelb.
Hinten stehen Sabia und Anna. Sabia hat auch nicht verstanden und guckt anfangs fragend. Allmählich wird ihr Mund immer breiter und trifft am Ende fast die Ohrläppchen. Na gut. Geschenkt. Der Witz sitzt.
Einen Blick auf Jochens Kehrseite riskieren aber fast alle immer mal wieder. Und nicht nur ich merke es. Der gesetzte Herr von Wernherr wirkt ein bisschen unsicher.
Friedrich verkauft vier Bilder und Sabia fast alle!
Anita ist ein bisschen geknickt, weil "ihr" Bild als erstes weggeht. Auf der anderen Seite erzählt sie auch genau das sehr gerne. Und sie ist ein bisschen angetütert, wie Friedrich mir leise erzählt. Sie hatte nämlich Sekt ohne Gelb. Viermal.
Wir fahren vor Ende der Vernissage schon wieder nach Hause. Ich kann nicht mehr und das ist ein guter Grund für alle, nur Friedrich da zu lassen.
Zuhause entspanne ich mich auf der Schaukel.
Und denke noch an Wernis Arsch.