Oliven pflücken
Mit dem problemlosen Übertritt von Albanien nach Griechenland, auch hier wählten wir den kleinen, westlichsten Kontrollpunkt an der Küste, Qafë Botë - Sagiada, erreichten wir langsam das Ziel unserer Reise.
Gleich nach der Grenze kehren wir erst mal gemütlich ein und freuen uns an der Griechischen Gastfreundschaft und dem Zugewinn an „Zivilisation“. Ausserdem durften (und wollten) wir keine LEK über die Grenze nehmen und waren daher auf dem letzten Stück Albanien „ausgeschossen“, was Kaffeepausen anging.
Der Küstenlinie folgend, den Ambrakischen Golf im Tunnel Preveza unterquerend und über die imposante Rio-Andirrio-Brücke des Golf von Korinth fuhren wir nach Pyrgos auf die Oliven-Farm eines befreundeten Paares. Unser Quartier für eine Woche auf dem griechischen Land.
Oliven pflücken - ein echter Knochenjob. Mit ein paar ebenfalls angereisten Freunden und einem lokalen Arbeitsteam nahmen wir die Olivenheine in Angriff. Das geht immer nach dem gleichen Muster:
Als erstes legen wir grosse Planen um die Bäume herum aus. Mit einer kleinen Motor-Kettensäge an langen Stihl werden einzelne grosse Äste mitsamt den Oliven abgeschnitten. Diese kommen dann auf eine Art Häckselbank, wo rotierende Bürsten die Oliven von den aufgelegten Zweigen abschlagen. Viele Oliven werden direkt unterhalb in einen Sack gesammelt, doch einige spicken dabei auch in hohen Bogen umher. Diese werden dann später von den Planen aufgelesen, so wie die mit speziellen Rüttlern direkt vom Baum abgeschüttelten Oliven. Solch einen motorisierten Stab, eine Art grober Rechen mit rotierenden Greifern, dauernd in die Höhe in den Baum zu halten - das gibt Muckies.
Anschliessend werden die Planen gemeinsam am Rand angehoben, die Oliven in der Mitte gesammelt, überschüssiges Zweigwerk ausgerecht und die Oliven in Jute-Säcke befüllt, die man dann grad noch so tragen kann.
Auf einen Truck verladen (Scheinwerfer zeigen gen Abend-Himmel) geht es direkt in die lokale Olivenpresse, denn nur innerhalb 24 Stunden nach Ernte gepresstes Olivenöl erhält den Titel „extra virgine“. Die Pressen arbeiten bis 2 Uhr in der Nacht.
Je nach Art und Lage unterscheidet sich die erzielte Menge und der Geschmack. Ca. 8-16% Ausbeute an Olivenöl bekommt man aus der Ernte.
Die Pressen sind heute hochmoderne Betriebe mit toll anzuschauenden Industriemaschienen nach strengen Qualitäts- und Hygiene-Standards. Anfangs kullern die Oliven in eine Wäscheanlage, werden dann zerkleinert, gemahlen und gepresst, so dass am Ende der leuchtend grüne Saft und eine olivbraune Paste übrig bleibt. Auch die strikte Einhaltung von Temperaturen ist Bestandteil des Labels „extra virgine“.
Und dann?
Harte Realität ist, dass Griechisches Olivenöl ausser im eigenen Land kaum einen direkten Abnehmermarkt hat. Der Grossteil des Öls wird heute nach Italien verkauft, dort mit etwas heimischen Öl vermischt und kommt als Original Italienisches Olivenöl auf den internationalen Markt. Ein Herkunfts-Label wie beim Wein, das gibt es (noch) nicht. Die junge Generation der griechischen Ölbauern möchte das für die Zukunft ändern.
Unser Öl ist da eine Ausnahme: direkt vom Erzeuger wird es in der Schweiz verkauft. Ungepantscht rein und mit vollem und authentischen „Extra virgine“ Geschmack.
Im Olivenhein schauten wir bei der Ernte direkt auf das Meer. Wenn es am Nachmittag zu warm wurde, konnten wir spontan an einen einsamen, weiten Sandstrand und den Nachmittag ausklingen lassen. Das Meer war immer noch sehr angenehm warm.
Früher hatten die Gastgeber ein Brautmoden-Geschäft und immer noch ein paar Kleider im Keller. Wir wussten dies für ein spontanes Shooting in Mitten geernteter Oliven zu nutzen. Was für eine Freude!
Auch für eine Cabrio-Tour in das Hinterland, die Region Arkadien, war Zeit. Die Einfachheit und als vollkommen empfundene Landschaft prägt das mystische Bild eines Schauplatz glückseligen, idyllischen Landlebens, eines glückseligen Landes.
https://de.wikipedia.org/wiki/Arkadien_(Mythos)?wprov=sfti1
Der Deutsche Konzeptkünstler Peter Kees nahm dieses vortrefflich als Gründung von Arkadien in Form okkupierter Quadratmeter in verschiedenen Ländern auf. Lebenslustige erhalten dort Visa. Glücklosen, Sinnsuchern, Utopisten, Flüchtlingen, Schutzsuchenden, Träumern, Hilfesuchenden und eiskalten Realisten wird Asyl gewährt.
http://www.embassy-of-arcadia.eu/
Nachdem wir früher auf einer Tour bereits den Arkadischen Quadratmeter in der Schweiz besucht hatten, konnten wir nun den in der Region Arkadien in unserer Liste hinzufügen.
Nach der Arbeits- und Freudenwoche sind wir nun auf der Heimfahrt, mit Fähre von Patras nach Venedig. Da die langen Hosen durch die Arbeit hoffnungslos eingesaut sind, in kurzen Hosen. Die Berichte verschneiter Strassen daheim verfolgen wir dabei mit belustigten Interesse.