(Er schreibt:)
Ich kenne den hier beschriebenen Konflikt sehr gut. Ich war ein sehr frühreifer Teenager, und sah damals auch deutlich älter aus, als ich war. Und so verkehrte ich als 15, 16-jähriger mit deutlich älteren, oft 20 - 30-jährigen; das fand ich als kleiner Gernegross natürlich sehr cool. Ich verkehrte in eher unangepassten, wilden Kreisen, und alle Frauen, die ich kannte, waren überzeugte Feministinnen; manche von ihnen sogar sehr radikale. Und ich teilte ihre Anliegen voll und ganz... Und manche dieser "älteren" Frauen fand ich unglaublich heiss, und gleichzeitig schaute ich auch irgendwie zu ihnen auf. Und natürlich hatte ich auch meine ersten sexuellen Erlebnisse mit ihnen. Doch da ging der Konflikt schon los. Denn bereits meine ersten sexuellen Fantasien waren sehr BDSM-lastig, wie ich heute weiss. Doch damals konnte ich das nicht zulassen, dazu hatte ich noch zu wenig Selbstbewusstsein. Ich wollte also diesen Frauen, die so viel erfahrener waren als ich, gefallen, wollte das tun, was sie gut und geil fanden. Also war ich alles andere als dominant. Denn wer eine Frau dominieren wollte, war doch ein Macho, oder nicht? Also unterdrückte ich meine (damals noch meist unbewusste) Neigung und war im Bett ein ganz Braver. Dass der Sex dann nur im besten Falle mässig war, versteht sich von selbst. Und ich kam dann ganz schön auf die Welt, als eine Freundin (die sehr aktiv in der Frauenbewegung war) Schluss machte und sich darüber beklagte, dass alle Männer so Weichlinge seien. Das bekam ich damals, mit knapp 20 einfach nicht zusammen. Jetzt wollten sie sich gesellschaftlich befreien und stark und laut sein - und im Bett wollten sie einen Mann, der sie einfach rannahm? Damals bekam ich das nicht auf die Reihe.
Es dauerte noch einige Jahre und hatte damit zu tun, dass ich einerseits immer selbständiger im Denken und Leben wurde, aber natürlich auch damit, dass ich die richtigen Frauen traf. Frauen, die zwar genau so emanzipiert und eigenständig waren, im Bett aber gerne einen aktiven und eher dominanten Mann hatten. Und siehe da, da kam auch meine eigene Sexualität voll in Gang. War ich zuvor eher immer eher lahm zugange und meist recht schnell fertig, ging es mit der richtigen Rollenverteilung plötztlich bei mir richtig ab, ich wurde wild und ausdauernd im Bett. Aber dass das mit meiner Dominanz zu tun hatte, wurde mir erst im Rückblick klar.
So wurde ich zwar nun selbstbewusster und dominanter im Bett, doch zu meiner BDSM-Neigung stand ich noch nicht, die immer stärker werdenden Fantasien verdrängte ich. Vorerst war ich zwar (z.B. in meiner Ehe) im Bett aktiv und eher dominant, aber mehr als ein paar Klappse auf den Arsch geschahen da nicht. Und wenn ich z.B. bei Filmen oder Büchern richtig geil wurde, wenn ein Mann einer Frau den Arsch versohlte und sie dann fickte, schämte ich mich dafür. Das durfte einfach nicht sein. Aber je länger es da war, begann ich es auch zu akzeptieren.
Es brauchte wieder die richtige Begegnung, dass ich meine Neigung voll und ganz leben konnte. Eine starke und emanzipierte Frau, die mich schon beim ersten Mal darum bat, alles mit ihr zu machen, was ich wollte. Diese Worte liessen es bei mir richtig losgehen (und bis heute stehe ich unglaublich darauf, diese Worte zu hören...).
Nun lebe ich mein BDSM seit gut 10 Jahren bewusst. Und ich bin unglaublich froh darüber, dass es so viele Subs gibt, die eben keinem 50er-Jahre-Rollenbild nachhecheln, sondern die selbständige, emanzipierte Frauen sind. Denn meine Überzeugungen sind die gleichen geblieben: Ich bin ganz gegen Gewalt. Und ich bin für die vollständige Befreiung und Gleichstellung der Frauen. Und trotzdem verhaue ich meine Sub und bestimme über ihre Sexualität und oft auch über ihren Alltag. Doch mit diesem Widerspruch kann ich sehr gut leben. Denn sie ist es ja, die genau das will, und sie könnte es jederzeit beenden. Und das ist der entscheidende Unterschied zu einem 50er-Jahre-Modell. Und ist nicht das ganze Leben voll von Widersprüchen.
Heute bin ich auf jeden Fall glücklich, mit zwei wunderbaren, feministischen Frauen zusammen zu sein, die meine dominante Art in der Sexualität ohne Wenn und Aber lieben.