Ich bin als Kind meine ersten 10 Jahre in einem 600-Seelen-Dorf aufgewachsen.
Danach wohnte ich 30 Jahre in einer Großstadt mit 600.000 Einwohnern. Alleine in unserer Straße wohnten ca. 600 Menschen.
Danach zog ich in ein "Dorf mit Stadtrechten" mit 18.000 Einwohnern.
Aktuell wohne ich in einer "Mittelstadt" mit ca. 36.000 Einwohnern.
Je größer deine Gemeinde, umso anonymer wirst du. Da interessiert es niemanden, wie du herumläufst.
Im Supermarkt einer Großstadt erkennt dich der/die Kassierer/in in der nächsten Woche nicht mehr. Du bist einfach nur "ein Kunde".
Auf dem Dorf (oder "Dorf mit Stadtrechten") erkennt dich JEDER sofort wieder.
In einer Großstadt wäre es mir völlig egal, was meine Nachbarn über mich denken.
In einem "Dorf" ist die Nachbarschaft ein ganz anderes Level.
Wohne ich in einer Großstadt und arbeite in einer benachbarten (Groß-)Stadt, dann ist die Wahrscheinlichkeit auf andere Arbeitskolleg(inn)en zu treffen verschwindend gering.
Wohne ich in einer Kleinstadt und arbeite in der Nachbargemeinde, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass einige Arbeitskollegen aus der gleichen Gemeinde oder gar Ortsteil stammen wie ich selbst.
Ich persönlich könnte hier bei mir im Ortsteil nicht feminin gekleidet auf die Straße gehen, da ich in einer dörflichen Wohnsiedlung einer Mittelstadt wohne und in der Mittelstadt nebenan arbeite.
Fast bei jedem Einkauf treffe ich Arbeitskollegen im Supermarkt.
Leider ist die Toleranz gegenüber queeren Leuten hier in der Region noch extrem niedrig.
Wenn ich alleine die Kommentare der Nachbarn und Arbeitskolleg(inn)en bei "körperlich und/oder geistig eingeschränkten Personen" betrachte, dann möchte ich von denen auf gar keinen Fall in Damenkleidung gesehen werden.
Traurig, aber wahr!
Conchita Wurst hatte in mir einen Funken Hoffnung erweckt, dass das Tragen von femininer Kleidung in der Gesellschaft anerkannt würde, doch leider war es nur ein Strohfeuer.
Es müssten deutlich mehr Prominente in "Damenbekleidung" öffentlich auftreten, um das Eis zu brechen.