Kurze Pause

Ein voller Saal, drei gut gelaunte Gäste. Claire, zwischen Jon und mir, Hand in Hand mit uns beiden. Die Vorführung: »Giselle“. Romantisches Ballet im Aalto. Wir sind eingenommen von Schönheit. Sanft fließende Bewegungen, atemberaubende Körper, Grazie und Stil. Eros führt Regie. Jon wird alsbald nervös, ich sehe es an Claires Zuwendung. Er kann nicht bleiben, geschäftliche Verpflichtungen nötigen ihn zur Abreise. Schließlich Pause. Zwei Zeichen, schneller Takt. Sein Nicken gilt mir, ein kurzes Bye Bye. Eine Handgeste lockt Claire, sie flüchten hastig durch die Reihen. Mir bleibt nur der Weg zur langen, weißen, Theke. Sekt für zwei. Das Treiben bleibt hektisch, die Unterbrechung ist kurz. Fröhliches Palaver um mich herum.

Zuerst sehe ich Jon am Ende des Flurs. Er kommt aus der Herrentoilette, blickt durch den Raum, findet mich, winkt, verlässt das Haus. Dann sehe ich meine Frau, sie tritt durch dieselbe Tür hinaus. Zurück ins Geschehen. Claire nähert sich langsam, ich erkenne ihre Stimmung am Gang. Ihr Lächeln gilt mir, sie erreicht mich beschwingt. Jon hat Spuren auf ihrem Oberteil hinterlassen, erkennbar nur, wenn man es weiß. Er bleibt, auch wenn er geht. Wortlos zwingt sie mich in einen Zungenkuss, frivol selbst ohne Kenntnis ihres Pausenglücks. Der Sekt bleibt unberührt. Im Gegensatz zu uns.

Gong eins. Sie lässt ab von mir, schiebt Überschuss mit ihren Fingern in meinen Mund. Nun ist sie zufrieden, strahlt in die Welt, spricht kurz und klar. Mit liebevollem Blick. »Ich blase, er kommt, du schluckst.« Die Spitzen ihrer Louboutains auf meinen Schuhen. »Jetzt!«

© Gilbert Bach. 2023.
(Figuren tauchen erstmal auf in »Hinter dem Schmerz nichts als Romantik«, Roman, 2023.)