Zusammenleben
Auf der ersten Etage liegt inzwischen eine Fußmatte. Neben ihrem Schlafzimmer. Jon hat sie anfertigen lassen, auf ihr zu lesen: »Baby Boy“. Wenn ich auf ihr knie, dann mit dem Kopf zur Wand, rechts von mir die offene Tür. Meist werde ich hierhin geholt, sobald sie besonders zärtlich miteinander sein wollen. Ich trage dann weiß gepunktete, transparente Mädchensocken mit Spitze. Sonst nichts.
Sie reden, küssen, kuscheln. Stundenlang. Und wollen mich wach und präsent auf dem Flur. Von Zeit zu Zeit prüft Jon meine Position. Wenn er den Raum verlässt, um Wein zu holen oder ins Bad zu gehen. Oder auch nur, um mich zu kontrollieren. Habe ich die Spannung verloren, hocke ich in Entlastungshaltung, bestraft er mich mit der Reitgerte. Manchmal steht Claire im Türrahmen und sieht ihm zu.
Nicht selten schleiche ich mich nach Stunden hinunter in mein Zimmer und verschließe die Tür. Mein Schlaf unruhig, erst in den späten Morgenstunden plötzlich tief und fest. Verlasse ich morgens den Raum, sehe ich sie schon beim Frühstück. Sie winken mich heran, ohne mein mangelndes Durchhaltevermögen zu ahnden. Ihre Wärme ist herzergreifend, ihre Nähe zu mir echt. Meine Einsamkeit bleibt. Ich schäme mich. Bei Toast und frischem Kaffee.
© Gilbert Bach. 2024