Das Paar zu Gast bei Helena
Entschuldige, Alex, zeitliche Abläufe, schwer zu planen. Kein Arztgeheimnis. Leben. Also, ich bin Helena. Nenn mich Helen. Das hier ist heute privat. Wäre es das nicht, käme ich in Teufels Küche. Was sicherlich ein höllisches Vergnügen sein kann, aber in der Wirklichkeit eher un¬praktisch ist, wie ich meine.« Ihre Stimme legte sich über mein Bewusstsein wie Tau am Morgen. Ich roch Gras nach Regen, fühlte mich auf freiem Feld. »Oh, okay, das ist Julian.« Sie waren Hand in Hand im Türrahmen, er überragte sie um zwei Köpfe, stand etwas versetzt hinter ihr, um gemeinsam mit ins Bild zu passen. Schwarzes Haar, Jeans und T-Shirt, das seinen athletischen Oberkörper auf beinahe obszöne Weise betonte, weiße Sneaker und ein Gesicht wie von einer Model-Setcard abgepaust und dann mit einem Hauch junger Natürlichkeit in die Welt entlassen. »Wir kennen uns aus dem OXYgenZ, deine Frau und mich lassen die da tatsächlich gerne rein, diese Schnittchen sind so wissbegierig, gierig … okay, Alex! Der Bursche hier, mein persönliches Glück, arbeitet auch beruflich mit mir zusammen. Ich habe ihn ans Kinder¬wunschzentrum vermittelt, so mancher Fertilitäts¬test hier bei mir führt zu einer Zusammenarbeit mit den freundlichen Engeln der Lebensfreude. Er spendet sein kostbares Gold an die, die sonst keine andere Chance haben. Heute, mein Lieber, erlösen wir ihn vom trostlosen Rum¬bechern, heute spendet der Glückspilz direkt in der Frau. In deiner!«Anne und Julian saßen inzwischen auf der Couch, noch mit dem Abstand der sich unsicher Kennenlernenden, Helen fand ihren Platz im Sessel. Ich war kurz vor dem Zu¬sammenbruch, die Worte als Echo in meinem Kopf, sanft vorgetragener Albtraum. Während ich mich auszog, wie von Frau Doktor abschließend befohlen, versuchte ich, an einem Stück zu bleiben, mir nicht versehentlich das Herz rauszureißen, ohne Schwindel zu bestehen. »Komm jetzt endlich her, knie dich zu uns, Augen zu Boden.« Anne verlor die Geduld mit meinem Zweifel, meiner Not, spielte mit meiner Scham, zog mich weiter hinein, gab zu verstehen, es führte kein Weg mehr zurück. Ich folgte, stolperte beinahe über den Läufer, der die Sitzecke zur gemütlichen Insel im Behandlungsraum verzierte, und nahm meine zugewiesene Position ein. Nackt. Mit Cage. Mit Halsband. Mir half es, niemanden ansehen zu müssen. Würde es peinlich, war ich ganz bei mir. Wenigstens das.
Leseprobe aus »Cuckolds Leid: Cuckold's Delight«
Erotische Kurzgeschichten, Band 1
© Gilbert Bach. 2024