Tracked and never lost again
„Achte auf mich, Siri!“ Noch vor einem Monat hätte ich mir genau das nicht denken können. Aber zu viel passierte in der letzten Zeit, was ich mir eben nicht vorstellen konnte. Während Siri bis vor kurzem nicht besonders zuverlässig darin war, mein Licht im richtigen Rosaton anzuschalten, schien es inzwischen manchmal so, als wüsste sie besser über mich Bescheid als ich selbst. Sie kannte meinen Zyklus und die Unregelmäßigkeit, die du hervorgerufen hattest, wusste wie lange ich schlief und wie gut, zeichnete alles was ich im Schlaf erzählte ganz selbstverständlich auf, auch wenn ich es nie zu hören bekam und achtete auf mich, wenn du arbeiten musstest und nicht den direkten Zugriff auf mich hattest. Du hattest sie programmiert, vom ersten Tag an. Ich war schon damals sehr beeindruckt, wie du wusstest, was du alles an Daten sammeln musstest, um ein Bild von mir zu bekommen, was ich selbst nicht im Ansatz erkannte. Ich war froh, wenn ich mein Essen nicht auf dem Herd vergaß und wenigstens eine Flasche Wasser getrunken hatte am Tag, aber sicher Auskunft darüber geben konnte ich nie. Du wusstest abends genau wie viel ml noch getrunken werden mussten, welche Vitamine und Spurenelemente noch fehlten und natürlich wusstest du genau, welche Aufgaben noch nicht erledigt waren. „Siri wird dir helfen dabei“, hattest du gesagt und auch wenn mir das anfangs sehr merkwürdig vorkam mich von diesen kleinen Kugeln, die überall in meiner Wohnung verteilt waren, zurechtweisen zu lassen, so erkannte ich doch schnell, dass dies alles einen Sinn ergab. All das diente meiner Perfektionierung und ich konnte wirklich nicht verstehen, warum andere Menschen daran so wenig Gefallen finden konnten. Ich war dir unendlich dankbar, mich besser machen zu wollen. Natürlich wollte ich nicht, dass du mich so nimmst, wie ich war. Du wolltest mich formen und verbessern und ich verstand es nicht, warum die ganze Welt danach schrie, so angenommen werden zu wollen wie sie war. Ich verstand das wirklich nicht. Wenn ich doch schon sowas wie fertig geraten war, dann würde ich dich jetzt nicht so brauchen, brauchen mich jeden Tag ein bisschen richtiger und besser für dich zu machen, denn dein besser war das Richtige, das Echte. Ich konnte darauf vertrauen, du würdest darin nicht loslassen. Danke, dass du das konntest. Mit dem Wissen konnte ich mich Siri beugen, denn sie war vorausschauend von dir programmiert.
„Ich höre auf dich Mittel zum Zweck, wenn es mich besser macht, so soll es so sein.“
Pflichtbewusst trug ich den letzten Tag meiner Periode ein, weil sie mich daran erinnerte. Es machte mich leicht stolz, wenn sie sich dafür bei mir bedankte, sie konnte ja nicht wissen, dass ich das niemals ohne sie getan hätte, in ein paar Tagen schon nicht mehr gewusst hätte wie lange es wohl bis zum nächsten Mal dauern würde. Ich musste an meine Freundin denken, die vor jedem Schlafengehen immer ihren Blutzucker messen musste. Anfangs fiel es mir schwer zuzugucken, aber später probierten wir das sogar an meinem Finger aus. Der Mensch kann sich wirklich schnell gewöhnen, wenn er diese Vertrautheit nur spürte. Ich dankte damals Gott sehr dafür, so eine Abhängigkeit nicht zu haben, überhaupt war mein Körper sehr unkompliziert. Ein wenig Eisen und Vitamin D Mangel, aber den gleichten wir ja nun seit geraumer Zeit aus. Ich bewunderte sie dafür dass sie sich so pflichtbewusst an diese Struktur halten konnte, doch so viel anders ging es mir jetzt mit meinen ganzen täglichen Ritualen inzwischen auch nicht. Nur wurde eben auf mich geachtet.
Erinnerung morgen zwischen 13 und 15 Uhr zu Hause zu sein, um ein Paket anzunehmen. Ich wusste nicht, was es war, aber Pakete, die du in meinem Namen bestelltest, dienten immer meiner Optimierung. In 7 Minuten würde Siri in ihrer Routine dich anrufen. Es war niemals sicher, ob du dann auch in der Leitung warst oder noch irgendwelche Kunden dabei unterstützen musstest ihr computergesichertes System aufzubauen, aber immerhin war ich dann schon mal verfügbar und du konntest dich jederzeit dazu schalten, während Siri einfach auf mich achtete. Faszinierend wie dies jeden Abend so zuverlässig funktionierte.
To be continued….