„Was ich nicht so ganz verstehe. Ihr schreibt von Vertrauen, habt aber vor dem aktuellen bzw. potentiellen Partner Geheimnisse. Das beisst sich doch.
Nein. Vertrauen bedeutet nämlich nicht, sich alles sagen zu müssen, sondern genau das Gegenteil: Dass man das nicht muss. Wie ich schon schrieb: Vertrauen ist ein Bereich im Kontrollverlust. Kompletter Überblick und damit komplette Kontrolle ist kein Vertrauen, sondern eben Kontrolle, Rückversicherung.
Vertrauen kann es erst sein, wenn man nicht mehr kontrollieren und nicht mehr alles wissen muss, weil man eben darauf vertraut, dass dieser Kontrollverlust in guten Händen ist.
Zumal es hier nunmal auch um "Geheimnisse" geht, die man nicht einfach ganz speziell vor dem Partner zurückhält, sondern vor ganz vielen anderen auch. Wenn mir eine Freundin etwas Vertrauliches erzählt, bleibt das zwischen ihr und mir. NIEMAND wird davon erfahren. Nicht nur mein Partner, sondern auch sonst keiner.
Ich denke, dieser Gedankenschluss, dass Geheimnisse ganz speziell vom Partner geheimgehalten werden, dass nur oder besonders ER derjenige ist, der da nicht involviert wird, zeigt meines Erachtens nicht einfach nur einen Hang zum Kontrollzwang, sondern auch einen Hang zur Eifersucht. Wenn es einen nicht nur stört, wenn man nicht absolut alles vom Partner weiß, sondern auch, wenn andere etwas vom Partner wissen, dass man selbst nicht weiß. Und das, obwohl das Ganze nichts mit einem selbst und nichts mit der Beziehung zu tun hat.
Da kann ja gar nicht erst Vertrauen entstehen, wenn man möchte, dass der eigene Partner gläsern ist.
Zudem ist Vertrauen auch etwas, das man gewährt und nicht etwas, das man einfordert. Man vertraut sich an. Etwas vor jemandem zurückzuhalten bedeutet nicht automatisch, dass man demjenigen nicht vertraut, sondern kann auch einfach bedeuten, dass es denjenigen schlicht nichts angeht.
Wo der Mensch gläsern sein muss, ist Vertrauen nicht existent.
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Manche stehen auf Ehrlichkeit. Sind aber selbst nicht ehrlich genug um dem Partner/potentiellen Partner diese entgegen zu bringen. Ist das nicht eine Einbahnstraße?
Wenn ich sage "Das geht nur mich etwas an" oder "Darüber möchte ich nicht sprechen", dann IST das ehrlich. Ich lüge ja nicht. Ich sehe mich nur nicht dazu verpflichtet, mich eben komplett gläsern zu machen. Was da eingefordert wird, wenn man will, dass der Partner sich zwingend mitteilt, ist kein Vertrauen, es ist Kontrolle.
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Ich denke, es kommt halt auch immer darauf an, ob man mit dem Partner den Rest seines Lebens verbringen möchte, oder ob es eher der Partner für einen Lebensabschnitt sein soll.
Für mich nicht. Respekt vor Privatsphäre ist für mich Bestandteil JEDER Beziehung, egal ob freundschaftlich, geschäftlich, sexuell oder romantisch. Zumal ich niemals eine Beziehung mit jemandem eingehe, von dem ich von Anfang an wüsste, er wäre "nur ein Lebensabschnittspartner" und ich hoffe doch sehr, dass auch mit mir niemals jemand eine Beziehung eingeht, von der er weiß, dass es nur eine auf Zeit sein wird.
Wenn ich eine Beziehung eingehe, dann immer mit dem Wunsch, es möge die letzte meines Lebens sein.