Vertrauen
Hallo Leute, Ich habe etwas Zeit. Und was mache ich da? Ich schreibe gerade an einem neuen Buch. Und irgendwie hat sich da etwas von mir selbst erlebtes mit eingeschlichen. Die Frage nach dem Vertrauen. Mich würde zu der Thematik mal Eure Meinung interessieren. (für all Kritiker: Der Text ist noch nicht durch Korrektorat, er ist ganz frisch.)
„Vom Machtgefälle?“
„Nein, das würde ich auch nie zulassen, dafür ist Amelie zur Zeit zu unberechenbar.“
„Und wenn sie es will? Was willst Du dagegen tun?“
„Dann kann ich nicht viel tun. Ausser versuchen sie zu beschützen. Notfalls mit meinem Leben.“
Während Odine sprach war Kassanda aufgestanden und zur Tür gegangen. Diese zog sie mitten im Satz von Odine auf und im Türrahmen stand Amelie, welche den letzten Teil des Gespräches mitbekommen hatte. Kassandra wollte gerade etwas sagen, als Odine sie mit einem Blick bat zu schweigen.
„Amelie komm doch rein. Wenn Du schon so wenig Respekt vor meiner Privatsphäre hast, kannst Du ja auch direkt reinkommen.“
„Nein. Das ist es nicht. Das ist …“, begann Amelie zu stottern.
„Wie das ist es nicht, was ist es dann mangelndes Vertrauen in meine Treue zu Dir? Glaubst Du wirklich ich würde Dich mit Kassandra betrügen?“
Odines Stimme klang angepisst. Was musste sie noch tun, damit Amelie endlich begriff, dass nichts und niemand sich zwischen sie beiden stellen konnte. Und das sie für Amelie bereit war zu sterben, um sie zu beschützen.
Kassandra sah kurz zu Amelie und Amelie wäre am liebsten im Erdboden versunken. In Kassandras Blick lag eine Enttäuschung, die sie bisher nur von Odine kannte. Doch nach diesem kurzem Blickkontakt schaute Kassandra zu Odine und meinte dann zu ihr.
„Ich denke ich gehe jetzt besser. Ihr beide habt einiges zu klären. Keine Sorge ich finde den Ausgang alleine.“
„Danke, Kassy.“, sagte Odine.
Kassandra ging wortlos an Amelie vorbei und verließ, das Haus der beiden. Odine schaute von ihrem Schreibtisch zu Amelie. Amelie konnte Odine aber nicht ansehen. Sie hatten schon einmal über das Thema geschlossene Türen gesprochen und das diese für Odine einen Grund hatten. Aber das war auf der Arbeit. Dann fiel ihr ein was Odine damals gesagt hatte. Eine geschlossene Tür zu öffnen ohne zu klopfen und auf das Herein zu warten, wäre respektlos. Sie hatte sogar noch etwas weitaus schlimmeres gemacht, sie hatte an einer halbgeschlossenen Tür gelauscht.
„Es tut mir leid. Ich gehe im Schlafzimmer schon mal in meine Ecke.“, kam es dann von Amelie.
„Nein, Amelie. Das ist nicht notwendig. Ich weiß nicht was Du alles mitbekommen hast. Aber mir hat diese Aktion von Dir gerade einiges klar gemacht.“
Mit diesen Worten stand Odine auf und ging an Amelie vorbei ins Wohnzimmer.
„Kommst Du? Ich möchte gerne im Wohnzimmer mit Dir reden.“
„Ja.“
Amelie folgte Odine ins Wohnzimmer. Was sollte das nun werden? Odine schimpfte nicht. Odine reagierte komplett anderes als sie es erwartet hätte.
Odine setzte sich auf die Couch und wartete bis Amelie auch da war. Diese setzte sich aber nicht hin sondern stand immer noch sichtlich nervös im Raum.
„Amelie setz Dich bitte hin.“, sagte Odine mit einem freundlichem Tonfall.
Amelie setzte sich dann vorsichtig an das andere Ende der Couch, immer noch ihren Blick nach unten gewandt und unfähig einen geraden Satz zu bilden. Also beschloss Odine die Situation aufzulösen.
„Amelie, ich habe Dich doch richtig verstanden, das Du mir nicht mehr vertraust?“
Ein heftiges Kopfnicken begleitet von Tränen die der blonden Frau sofort wieder über die Wangen liefen war die einzige Antwort zu der Amelie in dem Moment fähig war.
Odine blieb auf ihrer Seite der Couch bewahrte die Distanz die Amelie aufgebaut hatte und wartete bis sich Amelie wieder beruhigt hatte. Dann sprach sie weiter.
„Gut. Aber Du siehst es doch wie ich, das Vertrauen die Basis für eine Beziehung ist, egal wie auch immer sie geartet ist, oder?“
„Ja.“, kam es mit einem Schniefen von Amelie.
„Siehst Du es auch so wie ich, das unsere besondere Beziehung, ebenfalls noch mehr Vertrauen erfordert, als es in einer Vanilla-Beziehung der Fall wäre.“
„Ja.“
„In Ordnung. Dann erkläre mir bitte, warum es keine Körperverletzung oder gar Missbrauch wäre wenn wir beide nun ins Schlafzimmer rübergingen und die Sache ausdiskutieren würden? Immerhin ist ja das Vertrauen in mich nicht mehr da.“
„Weil ich es nicht ertrage, wenn Du enttäuscht von mir bist.“, kam es vorsichtig von Amelie.
„Ah, ich verstehe. Du willst also eine Absolution von mir. Und das obwohl Du mir nicht vertraust? Wieso ist es Dir so wichtig, zu wissen, dass alles wieder gut ist, wenn Du mir nicht vertraust?“
Amelie schluckte und begann zu überlegen. Sie verstand es gerade selber nicht was in ihr vor sich ging. Dann aber glaubte sie einen Ausweg gefunden zu haben.
„Weil ich Dich liebe und nicht möchte das Du enttäuscht von mir bist.“
„Dann handele doch einfach so, das Dein Verhalten mich nicht enttäuscht.“, kam prompt die Antwort von Odine.
„Das schaffe ich nicht. Nicht immer. Ich brauche Dich dazu. Deinen Zaun, deine Führung.“, gab Amelie zu.
„Hm. Verstehe. Aber um führen zu können muss Vertrauen da sein, oder?“
„Wie meinst Du das?“, fragte Amelie nach.
Sie verstand nicht worauf Odine rauswollte. Also atmete Odine kurz durch und fragte dann.
„Wie soll ich Dich führen, wenn Du meinem Urteil nicht mehr ver-traust?“
Amelie schluckte.
„Ich weiß es nicht.“, Amelies Stimme war eher ein Hauchen.
„Siehst Du und ich auch nicht. Ohne Vertrauen in mich, ohne Dein Vertrauen in mich, das ich nur dein Bestes will, das ich immer für Dich da sein will, meinen Lebensabend mit Dir verbringen will. Ohne dieses Vertrauen, sehe ich keine Basis für eine Beziehung in der D/s oder in unserem Falle MDLG eine Rolle spielt. Und jede Handlung in diesem Bereich wäre in meinen Augen Missbrauch oder Körperverletzung.“
Amelies Gesicht liefen die Tränen herab und Odine griff zu einem Paket Papiertaschentücher, welches auf dem Couchtisch lag, um es ihr zu geben. Dankbar griff Amelie zu und schneuzte sich. Dann fragte sie mit unsicherer Stimme.
„Das heisst aber nicht im Umkehrschluss, das solange Du darauf achtest, das es mir gut geht, mich beschützt oder … bestrafst wenn ich freidrehe, ich mir sicher sein kann, das Du mich nicht verlässt, oder?“
Odine musste schmunzeln. Dann sprach sie mit sanfter Stimme.
„Doch mein Schatz, genau das heisst es.“
Sofort fing Amelie wieder an zu weinen. Also wollte Odine sie jetzt doch verlassen? Immerhin gab es ja keine Strafe für ihr Fehlverhalten. Als sie sich wieder etwas gefangen hatte, fragte sie dann.
„Also willst Du mich nun verlassen?“
„Wie kommst Du nun darauf?“, fragte Odine völlig perplex.
„Na mit dem Lauschen an der Tür habe ich doch Mist gebaut.“
„Ja, das hast Du.“
„Und Regel zwei gebrochen.“
„Sei stets respektvoll zu anderen.“, zitierte Odine die Regel.
„Ja, und dennoch sitzen wir hier und nicht im Schlafzimer.“
Odine verstand allmählich welche Logik sich in Amelies Köpfchen abspielte. Vorsichtig nahm sie Amelies Hand und schaute ihr in die Augen.
„Amelie, verstehe mich nicht falsch, dein Benehmen eben war unterirdisch. Aber ich habe vorhin ja nicht nur von Konsequenzen und Strafen gesprochen. Ich sagte, das ich dein Bestes will. Und dazu gehört es auch zu wissen, wann der Zeitpunkt für eine Strafe ist und wann wir reden sollten. Hier in diesem Moment sehe ich es so, dass es mehr und schwerwiegendere Gründe gibt, hier zu sitzen und zu reden, als drüben eine Schlafzimmerdiskussion zu führen.“
„Warum?“, fragte Amelie.
„Weil, Du mich darum gebeten hast, Dir zu helfen mir wieder zu vertrauen und weil ich Dich liebe.“
„Kann ich in deine Arme kommen?“
„Klar.“
Odine öffnete die Arme und Amelie kuschelte sich bei Odine ein. Odine sagte nichts. Sie wusste das es in ihrer Frau gerade arbeitete und sie wollte ihr die Gelegenheit geben, die Wahrheit in ihren Aussagen selber zu erkennen.
Amelie lag in Odines Armen und grübelte. Odines Worte hatten sie wirklich erreicht. Dennoch grübelte sie weiter, sie grübelte eine ganze Zeit und Odine ließ ihr die Zeit. Nach einiger Zeit schlief dann Amelie auch in Odines Armen ein und auch Odine döste weg.
Tja nun die Frage an Euch. Könnt ihr Odine verstehen? Wie würdet ihr liebe Caregiver in einer solchen Situation handeln? Wie würdet ihr damit umgehen, wenn Euer little sagt:"Ich habe das Vertrauen verloren."
Und an die littles. Keine Konsequenzen = keine Liebe? Ist das so einfach?
Liebe Grüße
Daira