Ich schaue mir bei Unstimmigkeit oft als erstes die Verteilung der Verantwortung an.
Manchmal spielt man gleichzeitig zwei Rollen für einen Menschen.
Zum Beispiel haben ein alter Freund und ich früher auch freiberuflich in Projekten zusammen gearbeitet.
So hatten wir in diesen Phasen immer zwei Rollen:
• Er war mein Chef und wir waren Freunde
• Wir waren Kollegen und wir waren Freunde
• Ich war seine Chefin und wir waren Freunde
1) Die Bedeutung einer Aussage wäre oft in beiden Rollen dieselbe gewesen.
2) Aber es gab diese Situationen, in denen konnte eine Aussage eine ganz andere Bedeutung haben - in Abhängigkeit davon, ob ich diese als Chef oder als Freundin tätigte.
Die Info in welcher Rolle ich etwas sage, machte den wesentlichen Teil der Bedeutung aus.
Und es gab Situationen, da sagte ich ihm: "Als deine Vorgesetzte vertrete ich die offizielle Version des Unternehmens. Als Privatperson und deine Freundin habe ich andere Ansichten." - Wahlweise ergänzt durch
a) "Aber meine privaten Ansichten gehören gerade nicht hier her." ("Ich bin jetzt
Chefin.")
oder
b) "Was rätst du mir?" ("Ich brauche dich,
Freund.")
Und er handhabte das so ähnlich, wenn er mein Chef war.
Damit war die Verteilung von Verantwortung von Anfang an klar geregelt.
Also dass ist jetzt rückwärts betrachtet: Zu Beginn hatten wir häufiger Unstimmigkeiten. Das war unschön. Wir haben uns die Verteilung der Verantwortung angesehen und gegenseitig vergeben. Jeder war in "einer seiner Rollen". Nur in einer.
Wir saßen nicht im selben Film und wir redeten aneinander vorbei.
Dadurch kamen wir auf die Idee zu schauen, in was für Situationen wir die Rollen-Info brauchen.
Mit der Frage nach der Schuld hätten wir diese anfänglichen Konflikte nicht so rasch aufgelöst und unsere zukünftige Kommunikation auch nicht an das "Doppelspiel: Vorgesetzter & Freund" angepasst bekommen.