Was ist "Dogging"?
Sex, Voyeurismus, Mobs und das Internet"Bislang war ich der Meinung, dass "Dogging" soviel wie "Jogging with Dog" sei, aber Lily Merklin hat mich eines besseren belehrt: So ziemlich jede körperliche Aktivität in Anwesenheit eines Hundes ist "Dogging"", schreibt ein Amazon-Rezensent zu dem Buch "Dogging".
Tatsächlich beschränken sich die Einträge zum "Dogging" im deutschsprachigen Netz, von einigen Ausnahmen abgesehen, noch auf das Fithalten von Hund und Herrchen. ("Vor kurzem habe ich gehört, dass Dogging - also mit Hund Joggen - eine Trendsportart ist.") Die weniger unschuldige Variante des "Dogging" scheint nach wie vor hauptsächlich in Großbritannien betrieben zu werden - obwohl Anhänger der relativ neuen "Trendsportart" von Gleichgesinnten in Deutschland, Frankreich, Irland, den USA und Kanada zu berichten wissen. Eine Mischung aus "Sex, Exhibitionismus, Mobs und dem Internet" (Wired) , erinnert "Dogging" an die Flash-Mob-Bewegung. Auch hier wird im Netz nach gleichgesinnten "Spaßvögeln" gesucht, beim Dogging liegt der gesuchte Spaß jedoch einzig im Vögeln, bzw. im Zusehen.
"Was ist Dogging? Öffentlicher Sex, meist draußen, an dem sich die hinzukommenden Voyeure beteiligen können.", heißt es lakonisch auf einer der zahlreichen britischen Dogging-Websiten "Seinen Anfang nahm es in Großbritannien, aber es bereitet sich schnell in der ganzen Welt aus." Mehr als 23 000 Briten haben sich bei Dogging-Netzwerken eingetragen, über die man Treffen in Parks oder auf Parkplätzen ausmachen kann. Ob er auf einem Picknicktisch oder im Auto stattfindet, der "Event" des Geschlechtsverkehrs wird unter Doggern vorher angekündigt, damit spannen oder mitmachen kann, wer möchte. - Manchmal sind es auch nur zwei, die sich übers Internet verabreden. "Backseat Mambo", "Reverse Buckaroo" oder "Wraparound" heißen die empfohlenen Sexpositionen
Um Geschlechtskrankheiten und Ärger untereinander zu vermeiden gibt es die Dogging Etiquette oder die Rules of Dogging; überflüssig zu sagen, dass die britische Polizei dennoch alarmiert ist und in den notorischen Parks die Patrouillen verstärkt hat. Befürchtungen über die Begleiterscheinungen des "Dogging" reichen von Erpressung über Raubüberfall und Drogenhandel, wobei der Dogger in einer gesetzlichen Grauzone operiert: Sex im Auto ist erlaubt, solange sich niemand gestört fühlt.
Einigermaßen absurd liest sich die wissenschaftliche Studie (PDF) des Collegedozenten Dr. Richard Byrne, der eigens dafür 260 Parks beobachtete, von denen 60 Prozent sich durch vermehrte Dogging-Aktivitäten auszeichneten. Als "anti-soziales Verhalten in Parks" bezeichnet der Verfasser das Dogging, die Dogger nennt er "PSE User-groups", das sind Nutzergruppen von "Public Sex Environments", Orten an denen öffentlicher Sex stattfindet. U.a. kommt Byrne zu dem Ergebnis, dass eine stärkere Beleuchtung von Parkplätzen das Phänomen nicht eindämmen könne, eher im Gegenteil: "Zusehen ist ein gut Teil der Spannung und viele Menschen kommen mit Videokameras und ziehen gut beleuchtete Plätze sogar vor." Byrne empfiehlt das Einrichten von "Grünen Zonen" in verschiedenen Parks - die Hundeecke für Dogger.
Währenddessen geht der Hype ungehindert weiter. Erster prominenter Dogger ist der Fußballer Stan Collymore, der sich kürzlich im Mirror outete. Viel ist von Schande die Rede. Doch es gibt auch einen "Doggers-Pride": ""Sex in public feels so right. Honk your horn. It's a dogger's delight", heißt es auf der Single "Dogging" der URockers , einem "Kollektiv von sexuellen Anarchisten, das aus dem Internet geboren wurde". Wie der Begriff "Dogging" geboren wurde, darüber gibt es viele Spekulationen. In den frühen 70er Jahren soll er erstmals für Männer benutzt worden sein, die heimlich Paare in der Öffentlichkeit ausschnüffeln. Für intensive Beobachtung oder Verfolgung stand das Wort schon seit längerem:
I said nothing to Queequeg of his being behind, but passed on with my comrade, anxious to see whether the stranger would turn the same corner that we did. He did; and then it seemed to me that he was dogging us, but with what intent I could not for the life of me imagine.
Es könne auch damit zu tun haben, dass Dogger es wie die Hunde im Freien trieben, so eine weitere Interpretation. Oder damit, dass von der Polizei beim Glotzen erwischte Dogger immer aussagen würden, sie wären ja nur "Dogging" gewesen, mit dem Hund unterwegs, um sich und das Tier fit zu halten...
Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/17/17012/1.html