Arme Sr. Nadja
Eine einzelne Träne kullerte über Nadja’s hübsches Gesicht, als sie auf der Liege im Untersuchungszimmer Platz genommen hatte und die Hebamme sie ans CTG-Gerät anschloss. Nadja war Krankenschwester auf der Geburtsabteilung des St. Elisabeth Spitals. Doch heute war sie ausnahmsweise selbst die Patientin. Sie war schwanger in der 32. Woche und hatte schon den ganzen Vormittag über ein unangenehmes Ziehen im Unterleib gespürt. „Wumm-wumm-wumm“ hörte Schwester Nadja die Herztöne ihres Kindes, als der Wehenschreiber mit den Aufzeichnungen begann. Nadja lag auf ihrer linken Seite und die Hebamme Julia stand neben ihr. Besorgt blickte sie auf das Milimeterpapier, das aus dem Gerät gedruckt wurde. „Nadja, ich fürchte, du hast tatsächlich vorzeitige Wehen. Ich ruf’ mal Dr.Havass an, der ist heute der diensthabende OA.“ kündigte die Hebamme an und ließ Nadja alleine im Untersuchungszimmer zurück. „Wehen in der 32. Schwangerschaftswoche, das ist nicht gut. Es sind noch acht Wochen bis zum errechneten Geburtstermin.“ dachte die junge Krankenschwester traurig über ihre Situation nach. Zu allem Übel hatte auch noch Dr. Havass Dienst, der war immer so grob und unfreundlich. Ausgerechnet. diese Woche war Nadja’s Ehemann geschäftlich in Dänemark und wusste noch gar nicht Bescheid, was hier los war. Später musste sie ihn unbedingt anrufen. Die nächsten zwanzig Minuten würde die werdende Mutter beim CTG verbringen, damit das Ergebnis auch aussagekräftig war. Sorgenerfüllt lag sie nun da und dachte daran, was jetzt auf sie zukommen würde: stationäre Aufnahme und Tokolyse.Die Zeit verging schnell und Dr. Havass kam zur Tür hinein. „Na, wen haben wir denn da? Sie sind doch etwa acht Wochen zu früh hier.“ stellte er einfühlsam, wie immer, fest. Es folgte ein routinierter Blick auf die Aufzeichnungen des Wehenschreibers. „Schwester Nadja, Sie kennen ja das weitere Procedere. Wir machen erst einen Abstrich und eine Sono. Danach leiten wir die Tokolyse ein und die Lungenreifung werden wir selbstverständlich auch machen“ erklärte er knapp die übliche Vorgehensweise. Matt nickte Schwester Nadja ihrem Oberarzt zu. Zwischenzeitlich war Hebamme Julia zurück gekommen und befreite ihre Kollegin von dem CTG-Gurt. Dr. Havass hatte sich einen Hocker geholt und das Ultraschallgerät und den kleinen Wagen mit den nötigen Untersuchungsmaterialien näher herangefahren. „So, Schwester Nadja, wenn Sie sich nun untenrum frei machen könnten“ forderte er sie ungewöhnlich höflich auf. Sie hatte sich auf den Rücken gedreht. Mit etwas Mühe hob sie ihr Becken an, um Hose und Slip runter zu schieben. Dr. Havass war ihr da gerne behilflich und zog ihr die Kleidung bis zu den Kniekehlen hinunter. „Oh, was haben wir denn da für ein hübsches Tattoo?“ kommentierte er den zarten Schmetterling, der Schwester Nadja’s rechte Hüfte zierte. „So ein widerlicher Schleimbeutel!“ ging es Nadja durch den Kopf. Der Facharzt zog sich ein Paar Latexhandschuhe an. Da Nadja sichtlich unentspannt war, ermahnte er sie, beide Beine aufzustellen und locker zur Seite fallen zu lassen. Widerwillig tat sie es obwohl ihr das Ganze furchtbar peinlich war. Warum musste ausgerechnet Dr. Havass heute Dienst haben? Sie hasste ihn, weil er immer so ein schmieriges Grinsen im Gesichte hatte und seine Patientinnen sicher nicht nur mit den Augen eines Arztes ansah. So ein Widerling!
Vorsichtig führte Dr. Havass einen sterilen Stiehltupfer tief in Nadjas Scheide ein und nahm eine kleine Probe aus ihrer Schleimhaut ab. „Das Ergbnis werden wir erst in ein paar Tagen haben. Erstens haben wir Wochenende und zweitens lassen sich die Herren Kollegen aus dem Labor gerne ein bisschen Zeit.“ sprach er, während er die Probe auf dem Objektträger verteilte und anschließend verpackte.
Danach nahm er den vaginalen Schallkopf zur Hand, streifte ein Kondom darüber und verteilte großzügig Gleitgel obenauf. Gefühlvoll führte der erfahrene Gynäkologe den Schallkopf vaginal in Nadja ein. Sie war überrascht, wie einfühlsam er das machte. Sie hatte erwartet, dass er viel gröber vorgehen würde. Er drehte den Schallkopf ein wenig hin und her, änderte die Postion und machte einige Aufnahmen. „Gut, keine Trichterbildung vorhanden, aber der Muttermund ist etwas verkürzt mit 30mm.“ erläuterte der Arzt den sonographischen Befund. Damit konnte Nadja leben. Das bedeutete für sie strenge Bettruhe und die übliche Therapie. Mit den Worten „so viel Gleitgel hätten wir ja gar nicht gebraucht“ entfernte Dr. Havass den Schallkopf. „So ein Idiot!“ dachte Nadja im Stillen. Sie wollte gerade nach ihrer Hose greifen und sich wieder anziehen, doch der Oberarzt packte sie an ihrem Handgelenk und hielt sie davon ab. „Wir brauchen auch einen manuellen Tastbefund.“ sagte er zu ihr. Einsichtig gab Nadja nach.Sie hoffte durch ihre Kooperation, die Untersuchung möglichst rasch hinter sich bringen zu können. Erneut streifte sich der Arzt ein Paar Untersuchungshandschuhe über, diesmal Sterile. Mit Zeige- und Mittelfinger seiner rechten Hand drang er unendlich sanft in ihre Vagina ein. Sachte tastete er sie von innen her aus. Er bewegte seine Finger ein wenig vor und zurück. Dann drückte er seine Finger nach unten. „Schwester Nadja, wann hatten Sie denn das letzte Mal Stuhlgang?“ fragte er fachmännisch nach. Oh Gott, wie peinlich. Obwohl dies im Krankenhaus eine durchaus übliche Frage war, wollte Nadja dieses Thema lieber nicht mit ihrem Oberarzt bereden. Wohlwissend, dass ihr die Wahrheit irgendeine Form von Abführmittel bescheren würde, log sie: „heute morgen, Herr Doktor.“. Zweifelnd nahm er ihre Antwort zur Kenntnis. „Der Muttermund fühlt sich fest an. Das ist ein gutes Zeichen.“ beendete er die manuelle Untersuchung. Nadja war sichtlich erleichtert über diese Infomation. Erneut wollte sie sich wieder anziehen, da hielt sie der gute Doktor wieder davon ab. „Ich möchte noch gerne Ihre Temperatur messen. Rektal. Auch wenn es ein wenig altmodisch erscheint, so halte ich dies doch für angebracht.“ kündigte der Arzt seine Absichten an. „Ich fühl’ mich aber nicht fiebrig und so lange ich mich erinnern kann, verwenden wir auf unserer Station immer ein Ohrthermometer!“ protestierte Schwester Nadja energisch. „Außerdem werden die Entzündungsparamter mit der Blutabnahme mitbestimmt.“ argumentierte sie weiter. „Auf den Blutbefund möchte ich nicht warten. Eine etwaige Antibiose würde sich dadurch auch ein wenig verzögern, was in ihrem Fall nicht von Vorteil wäre. Also stellen Sie sich nicht so an, das dauert schließlich ja nicht lange!“ mahnte der Oberarzt etwas ungeduldig. „Dann messen wir eben im Ohr.“ versuchte Schwester Nadja einzulenken. „Meine liebe Nadja, ich bin nun seit über zwanzig Jahren Arzt. Ich bin auch neuen Entwicklungen in der Medizin durchaus aufgeschlossen. Aber, die rektale Temperaturmessung führt nun einmal als einzige zu einem akkuraten Ergebnis. Da stimmen Sie mir doch hoffentlich zu, oder?“ beendete er sein Plädoyer. Argumentativ fiel Schwester Nadja nichts mehr dazu ein, also nickte sie schweigend. „Wir könnten längst fertig sein, wenn Sie sich nicht so angestellt hätten.“ tadelte Dr. Havass seine unfolgsame Patientin. „Von mir aus können Sie gleich auf dem Rücken liegen bleiben und einfach wieder die Beine zur Seite fallen lassen.“ ergänzte er seinen Monolog. Zum Glück nahm er ein digitales Thermometer aus einer der Schubladen heraus und steckte es in eine Einmalhülle. Gütigerweise tauchte er die Spitze in ein wenig Vaseline ein. „Und nun, einfach locker lassen.“ befahl Dr. Havass. Nadja bemühte sich seiner nachdrücklichen Aufforderung nachzukommen. Er setzte die Thermometerspitze an ihrem Anus an und führte sie ganz langsam einige Zentimeter tief ein. Erst dann schaltete er das Meßinstrument ein. Nadja fühlte deutlich wie ihre Wangen zu glühen begannen. Besonders dieser Moment war unbeschreiblich unangenehm. Aus dem Nichts heraus begann der Gynäkologe das Fieberthermometer zu bewegen. Vor und zurück. Dann drehte er es ein bisschen hin und her. Die Anzeige ließ er dabei nicht aus den Augen. Ihre Temperatur stieg unerwartet rasch an. 35.8, 36.5, 37.0.,37.5°C Bei 38.1°C piepste das Thermometer schließlich und wurde in einer schnellen Bewegung von Dr. Havass aus Nadja's Po heraus gezogen. „Gut, dass wir gemessen haben. Sie haben leichtes Fieber.“ Freute sich der Arzt insgeheim, dass er Recht hatte. „Ich werde Dr. Fink bitten, bei der Blutabnahme auch gleich eine Blutkultur zu machen. Nur um noch einmal sicher zu gehen.“erklärte er besserwisserisch. Alles was Nadja daran störte, war, dass Dr. Fink, der tollpatschige Turnusarzt ebenfalls heute Dienst hatte. Angeblich hätte er auf der Chirurgie versucht, bei einer Leiche Blut abzunehmen. Heute waren wohl die Besten der Besten um das Wohl der Patienten bemüht. „Na dann werde ich alles für Ihre Aufnahme in die Wege leiten lassen, Schwester Nadja. Es ist noch ein Zweibettzimmer frei. Zimmer 110. Schwester Martina kommt dann zu Ihnen und kümmert sich um alles weitere. Sie wissen, Sie haben strenge Bettruhe. Also dürfen Sie nur zur Toilette aufstehen, mehr nicht.“ sprach der Facharzt während er aufstand und Richtung Türe ging. Nadja atmete erleichtert auf, endlich war alles vorbei. Glücklicherweise wäre morgen ein anderes Team im Dienst. Da drehte sich Dr. Havass noch mal zu seiner Patientin um und sagte: „ Ach übrigens, wegen der Obstipation müssen wir noch etwas unternehmen. Ich werde mir etwas Entsprechendes einfallen lassen.“ Mit dieser Ankündigung verließ er das Untersuchundszimmer und wurde sogleich von Schwester Martina abgelöst.
Martina und Nadja waren nie Freundinnen gewesen und vermieden es nach Möglichkeit, miteinander Dienst zu machen. Nadjas Arbeitskollegin hielt ihre Fieberkurve in der Hand und war sichtlich um einen freundlich Ton bemüht. „Komm Nadja, ich bringe dich mit dem Rollstuhl auf Zimmer 110. Dr. Havass hat gesagt, du hättest Fieber, aber er hat gar nichts in deiner Kurve dokumentiert.“ stellte Martina sachlich fest. „Er hat mir nicht einmal gesagt, wie hoch meine Temperatur war, nur dass ich leichtes Fieber hätte.“ erklärte Nadja ihrer unsympathischen Kollegin. „Na, dann werden wir einfach noch einmal nachmessen.“ beschloss die überaus korrekte Krankenschwester.