Veni-Vidi-Spritze
Es fing ganz harmlos an. Carolin hatte schon während des Abendessens ein flaues Gefühl in der Magengegend. Lustlos schob sie die Schinkenfleckerln auf ihrem Teller hin und her. Den Salat hatte sie kaum angerührt. Michael, ihr Mann, hatte guten Appetit wie immer. Schließlich gab sie es auf und ließ ihr Nachtmahl stehen. Stattdessen holte sie sich eine Cola-Dose aus dem Kühlschrank. Oft half ihr dieses Getränk wenn ihr übel war, was vor allem bei kurvenreichen Strecken mit dem Auto der Fall war. Vorsichtig nippte sie an dem kalten Erfrischungsgetränk. Doch diesmal trat die gegenteilige Wirkung ein. Carolins Magen drehte sich um und sie lief mit vorgehaltener Hand zur Toilette. Gerade noch rechtzeitig schaffte sie es, sich über die Porzellanschüssel zu beugen. Schwallartig übergab sie sich ein paar Mal hintereinander. Als sie dachte, sie hätte es hinter sich, schleppte sie sich ins Wohnzimmer und ließ sich auf die Couch sinken. Auf halber Strecke kam ihr Michael entgegen, der sich aufs WC flüchtete. Kaum hatte er die Tür hinter sich zugemacht, hörte seine Frau qualvolles Würgen. Nun war es offiziell, auch die beiden hatte die Magen-Darm-Grippe erwischt und nieder gestreckt. Sie mussten sich wohl bei ihrer Tochter Emma angesteckt haben, die den Virus ganz sicher gestern aus dem Kindergarten angeschleppt hatte. Nachdem Emma heute wieder quietschlebendig war und sogar unbedingt bei ihrer Oma übernachten wollte, hegte Carolin die Hoffnung, dass der Spuk in 24 Stunden wieder vorüber sein würde.
Doch zunächst musste sie hoffen, dass sie es rechtzeitig auf die zweite Toilette im Haus schaffen würde. Carolin und ihr Mann kotzten um die Wette. Nach drei Runden gab sich Michael geschlagen und legte sich ins Bett. Seine Frau folgte ihm, jedoch blieb sie nicht lange liegen. Schon nach wenigen Minuten quälte sie sich erneut über der Kloschlüssel. Schwach wankte sie ins Bad und suchte im Medizinschrank nach den Vomex-Zäpfchen. Vielleicht würden die ihr auch in diesem Fall helfen. Normalerweise würde sie in solch einer Situtation ihren Mann um Hilfe bitten. Da es ihm aber selber nicht gut ging, musste sie eben selbst Hand anlegen. Zuvor zog sie sich noch schnell in ihr bequemes rotes Nachthemd um. „Unten ohne“ konnte sie sich das Zäpfchen viel leichter verabreichen. Sie stütze sich am Rand des Waschbeckens ab und ging leicht in die Knie. Ohne lange zu fackeln setzte sie das Zäpfchen am Poloch an und schob es durch den Schließmuskel. Zack – und drin war es. Jetzt hieß es nur mehr warten, dass das Medikament auch seine volle Wirkung entfaltete.
Carolin fragte ihren Mann, ob er auch ein Vomex haben wollte, bekam jedoch nur mehr ein leises Schnarchen als Antwort aus dem Schlafzimmer. Daraufhin legte sich wieder zu ihm ins Bett. Kaum hatte sie sich seitlich hingelegt, wurde sie von starkem Brechreiz wieder zum Aufstehen gezwungen. Über der Toilette hängend fasste sie den Entschluss, einfach hier zu bleiben und die nächste Brechattacke abzuwarten. Das dauerte auch gar nicht lange. Stakkatoartig krampfte sich ihr bereits leerer Magen immer wieder zusammen. Ihr Bauch tat ihr schon furchtbar weh. Ihr Hals brannte und der bittere Geschmack von Magensäure, verschlimmerte ihre Beschwerden. Kraftlos ließ sie sich auf den Boden sinken und kauerte sich auf den kühlen Fliesen zusammen. Doch der Brechreiz hörte einfach nicht auf. Obwohl nichts mehr kam, konnte sie nicht aufhören zu würgen. Sie war total müde und erschöpft, aber an Schlaf war nicht zu denken. Das Vomex hatte wider Erwartens auch nichts geholfen.
Nach etwa einer weiteren Stunde des Quälens kam Michael und hockte sich neben seine Frau auf den Boden. „Schatz, komm doch endlich ins Bett. Du kannst ja nicht hier am Boden schlafen, du wirst dich auch noch erkälten.“ Matt schüttelte sie den Kopf. Er versuchte ihr auf die Beine zu helfen. Doch sie waren beide zu schwach dazu. Mit viel gutem Zureden gelang es Michael seine Frau zumindest von einer Art Embryostellung auf die Knie zu bringen. Mehr ging momentan einfach nicht. Auf allen Vieren kämpfte sie sich ins Kinderzimmer. Das war ganze zwei Meter näher als ihr eigenes Schlafzimmer. Mit letzter Kraft und der Unterstützung ihres Gatten hievte sie sich in das Bett ihrer Tochter. Erschöpft und vor Kälte zitternd kuschelte sie sich in die rosafarbene Hello Kitty-Bettwäsche. „Hast du schon was gegen die Übelkeit genommen?“ erkundigte sich Michael voller Sorgen. „Ja, aber es hat nichts geholfen. Michi, ich kann nicht mehr. Wimmerte sie und vergrub ihr Gesicht im Kissen. Entschlossen raffte Michael sich auf. Sie hörte ihn im Nebenzimmer telefonieren. Kurz darauf kam er mit einem Kübel zurück und sagte:“ Ich hab’ den Ärztefunkdienst angerufen. Der diensthabende Doc ist schon auf dem Weg hierher. Der kann dir sicher helfen!“ „Oh nein, das will ich nicht! Ist ja voll peinlich!“ klagte sie. „Stell dich jetzt bitte nicht so an! Dir geht es so schlecht, dass du nicht mal ein paar Schritte gehen kannst und liegst lieber wie ein Häufchen Elend auf dem Boden.“ fuhr er sie an. Ein einzelne Träne kullerte ihre Wange hinter. Sie fühlte sich wieder ein bisschen wie ein kleines Mädchen, als sie so zusammengekauert unter der zuckerlrosanen Decke lag. Michael setzte sich zu ihr an die Bettkante und küsste die Träne weg. „Sorry Schatz, das war nicht böse gemeint. Aber ich mach’ mir wirklich Sorgen um dich! Mich hats offensichtlich nicht so schlimm erwischt.“ versuchte er sich bei ihr zu entschuldigen. Sie nickte nur und begann von neuem zu würgen, während sie sich leicht über den Kübel beugte.
Nacht etwa zwanzig Minuten klingelte es an der Tür. Michael empfing den Arzt und führte ihn rauf ins Kinderzimmer. Er war mittleren Alters und ein etwas dunklerer Typ. Vielleicht Grieche. Der Dok kam gleich zur Sache und setzte sich zu Carolin ans Bett. „Na, was haben Sie den für Beschwerden?“ wollte er von ihr wissen. Freundlich, aber bestimmt. Kurz und knapp schilderte sie ihm ihre Symptome. „Fieber auch?“ fragte er nach. Das konnte Carolin verneinen. Sie fühlte sich zwar hundeelend, aber wenigstens nicht fiebrig. Trotzdem legte der Arzt prüfend seine Hand auf ihre kaltschweißige Stirn. „Gut, ihre Temperatur dürfte nicht erhöht sein.“ stellte er fest. „Machen Sie mal bitte Ihren Bauch frei, damit ich Sie untersuchen kann.“ forderte er sie auf. Nachdem Carolin keine Unterwäsche oder sonst ewas trug, schob sie ihr ohnehin kurzes Nachthemd nur so weit, wie unbedingt nötig hinauf. Ihren Unterkörper versteckte sie unter der Decke. Mit seinen warmen Händen tastete er nun ihren Bauch ab, was zwar nicht schmerzhaft jedoch äußerst unangenehm war. „Haben Sie irgendwelche Allergien?“ fragte der Dok seine Patientin. Auch das konnte sie negieren. Regelmäßige Medikamente konnte sie auch keine nennen. „So, dann machen Sie bitte eine Pobacke frei. Ich werde Ihnen was gegen die Übelkeit spritzen. Das wirkt sehr gut und damit wird es Ihnen schnell besser gehen.“ erklärte der Notarzt. Zögerlich drehte sich Carolin auf die Seite und fummelte nervös an ihrem Nachthemd herum. Das schnalzen der Gummihandschuhe ließ sie kurz aufschrecken. Wie aus dem Nichts brachte der Arzt eine bereits aufgezogene Spritze hervor. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie die lange Nadel an. Carolin hatte das Gefühl, dass er die Spritze schon die ganze Zeit irgendwo bereitliegen hatte. Wahrscheinlicher war es wohl, dass sie vor Erschöpfung kurz eingedöst war, und das Vorbereiten der Injektion gar nicht mitbekommen hatte.
Mit einem Isozid-Tupfer desinfizierte der erfahrene Mediziner den rechten äußeren Quadranten von Carolins wohl geformten Po. Wäre sie nicht so geschafft gewesen, hätte sie sich sicher gewehrt oder zumindest kurz protestiert. Aber in ihrem Zustand ließ sie es einfach über sich ergehen. Eine Nadel - ein Stich – ein Brennen. Schon war das ganze wieder vorbei. Es dauerte nicht lange bis das Paspertin wirkte und Carolin endlich den erholsamen Schlaf fand.