Ok, dann mal los:
„Sex sollte nicht schwer fallen, sondern überwiegend Lust bedeuten.
Ich spreche rein vom Küssen. Nicht von Sex.
Ich habe Küssen noch nie gemocht. Noch NIE. Seit dem ersten Kuss mit 14. Ich mag es nicht. Das ist bei mir also nicht etwas, das selbstverständlich zum Sex gehört, selbstverständlich zur Beziehung gehört, überhaupt etwas Selbstverständliches ist. Für fast alle Menschen ist es etwas ganz Notmales, etwas, mit dem sie Zuneigung, Liebe, Begehren ausdrücken. Es ist für mich jedoch nichts Normales. Ich mag es nicht. Ich habe eine ganz generelle, starke Abneigung dagegen und fühle mich dabei so gut wie immer extrem unwohl. Einzig aus diesem Grund sind mir sehr nahestehende Personen die absolut einzigen, denen ich dabei entgegenkomme - nichts und niemand wird mich je dazu bringen, Menschen zu küssen, die mir rein gar nichts bedeuten.
In diesem Kontext jedoch war nicht ich es, die es anderen verweigert hat, ich habe meinen Dom nichtmal darum gebeten, es anderen zu verbieten. Er hat es von sich aus zu einer No-Go-Zone erklärt, weil er eben nicht wollte, dass ich mich bei allem so dermaßen unwohl fühle und tatsächlich einfach nur "abschalte" und andere über mich drüberrutschen lasse.
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Und eine Sub muss generell auch bereit und fähig sein, gewisse Praktiken und Ereignisse zu durchleiden, ohne daran innerlich Schaden zu nehmen. Sie sollte daraus gestärkt hervorgehen. Leidensfähigkeit ist beim BDSM absolut unerlässlich.
Ich muss nicht alles ertragen. Ich gehöre nicht zur "Friss oder stirb"-Fraktion und werde einen Teufel tun, Dinge zu ertragen, die mich durch und durch unglücklich machen, mir jeglichen Spaß an der Sache nehmen und sogar am Ende dazu führen, dass ich meinen eigenen Dom antagonisiere und nicht mehr in seiner Obhut sein möchte.
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Nun sind verschiedene Fragen zu stellen.
1. Wieso sollten Emotionen geschützt werden? (Treffender wäre die Formulierung "Weshalb sollten solche Begegnungen und Begebenheiten mit einer psychischen Indifferenz einhergehen; d.h. die Frau schaltet -wie unter Narkotika- innerlich ab, stellt lediglich Regionen oder Teile ihres Körper zur Verfügung?")
Spannend, dass das Küssen anderen anscheinend derart wichtig ist, dass sie sich nicht vorstellen können, es wegzulassen und dennoch voll dabei zu sein und nicht einen auf leblose Hülle zu machen. Wenn ich fremde Menschen küssen MUSS, dann schalte ich ab. Dann besteht Gefahr, dass ich dissoziiere, weil ich zu etwas gezwungen werde, das für mich kaum auszuhalten ist und bei dem ich mich missbraucht fühlen würde. Ich will fremde Leute nicht küssen. Allein beim Schreiben dieser Zeilen spüre ich eine dermaßen große Abwehrreaktion, dass mir richtig das Herz klopft.
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2. Ist es nicht inkonsequent, nicht einmal den ganzen Körper zur Verfügung zu stellen und die Wünsche des oder der (fremden) Herren adäquat zu befriedigen, wenn man schon seine Persönlichkeit außen vor lässt, die Beteiligten kaum etwas oder gar nichts von der jeweiligen Dame wissen (außer evtl. Alter, Größe, Gewicht, Vorname oder Pseudonym)?
Ich befriedige nicht primär die Wünsche fremder Männer. Ich befriedige die Wünsche meines Herrn. Mir ist klar, dass Menschen im DWS unterschiedliche Dynamiken wollen. Mein damaliger Dom war jedenfalls keiner, der fremde Männer im Bezug auf mich auf dieselbe Stufe mit sich stellte. Das war kein illustrer O-Kreis, wo jeder Mann tun und lassen konnte, was er wollte und ich alles zu tun hatte, was sie sich wünschten. Die Männer wurden mit Respekt behandelt und sollten auf ihre Kosten kommen, aber ich war kein All-you-can-eat-Buffet für sie und das wussten sie auch vorher.
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Was bedeutet demnach "gehören" bzw. der Besitz, die Angehörigkeit? Im Rahmen von BDSM und DWS (Beides ist nicht identisch, kann eine Synthese bilden, muss es jedoch nicht!) bedeutet es Hörigkeit.
Absoluter Widerspruch. Gehören/Besitz und "Hörigkeit" sind meines Erachtens zwei völlig verschiedene Dinge. Hörigkeit setzt meines Wissens nach die Unfähigkeit zur rationalen Beurteilung voraus, die Unfähigkeit, den Gegenüber als fehlbaren Menschen wahrzunehmen, sowie die Unfähigkeit, dessen eventuell negative Einflussnahme auf einen selbst zu bemerken, oder sich ihr entgegenzusetzen. Unter Hörigkeit ist kein rationaler, einwilligungsfähiger Konsens mehr möglich.
Wenn ich (zu) jemandem gehöre, bin ich ihm nicht automatisch hörig.
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Totale Hörigkeit bedingt totale Hingabe. Alles Andere sind oberflächliche Spielereien.
Ja, natürlich. Die Keule "Nur dieses Extrem ist echt, alle anderen spielen nur oberflächlich."
Das ist eine persönliche Einstellung, aber sicherlich kein Fakt oder gar ein universelles Ideal. Lieb's ja, wenn Leute anfangen, auf das, was andere tun, herabzuschauen, weil sie denken, nur so, wie sie es sehen, sei es "echt" und "tief" und alle anderen machen nur Kinkerlitzchen.
Das ist nur arrogant, nichts weiter.
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Egal, wie es eine Frau innerlich aufwühlt, sie lässt es zu, beweist ihren völligen Gehorsam und wird dafür reich belohnt, betritt eine Welt, in der sie zwar (gleich Vergil für Dante in der Divina Commedia) einen Führer (Guide), Lehrer und Begleiter hat, sich jedoch klar gegen die Monogamie wendet und sozusagen universell öffnet. Wer mit ihr darf, entscheidet nicht sie (also entscheiden nicht wir), grundsätzlich ist SIE offen für die gesamte Männerwelt, selbst wenn sie nur einen winzigen Bruchteil davon persönlich intim erlebt. Hier geht es um eine Grundeinstellung, eine Geistesverfassung, eine Konditionierung.
Ja, du, mach mal. Du darfst das ja sehen und machen, wie immer du willst. Allerdings nicht von "wir Frauen" sprechen, oder von "Das gehört so". Das ist DEINE, völlig legitime Einstellung und Herangehensweise. Jemand, der es anders macht, hat ebenfalls jedes Recht dazu. Wie gesagt: Friss oder stirb ist nicht meins und wird es auch niemals sein. Nein, ich bin nicht grundsätzlich offen für die gesamte Männerwelt, auch nicht unter der Führung eines Herrn. Es gibt deutlich mehr zwischen "Ganz" oder "Gar nicht", und nur ein Sith kennt nichts als Extreme.
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5. Die Frage des Schutzes. Selbstverständlich sollte jeder dom. Sharer oder Dom seine Hotwife und Sub schützen, vor allem gesundheitlich. Was er aber verlangen kann ist, dass sie einen guten Teil ihres Eigenwillens aufgibt und sogar ihre Persönlichkeit modifizieren oder mit anderen Worten prägen/formen lässt. Sie ist Objekt, Ton in seinen Händen, er der Töpfer, Bildhauer, Künstler, Gestalter. So ergänzt sich das.
Jo, weißt du, wer das mit der Persönlichkeit auch gesagt hat? Die kriminellen Menschenhändler von Debris, für die es essenziell war/ist, die ursprüngliche Persönlichkeit ihrer Opfer auszulöschen und sie in allen Belangen zu einem hörigen Objekt zu machen, das nicht mehr rational über seine Umwelt urteilen kann und daher schlichtweg nicht mehr einwilligungsfähig ist.
Wenn du dieses Extrem magst und willst - keiner hält dich auf. Das zu einem essenziellen Muss im DWS allgemein zu erklären, ist allerdings schlichtweg anmaßend - für mich geradezu grotesk.
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Wenn sie ihren Partner liebt, ihren Dom jedoch "nur" sexuell hörig ist (was die Norm darstellt)
Ich bin gerade nicht ganz sicher, ob du weißt, was Hörigkeit eigentlich ist. Weiter oben habe ich das erläutert, das ist buchstäblich die klinische Definition davon. Es ist nicht einfach Gehorsam, sondern ein tiefgreifend psychisches Abhängigkeitsverhältnis, das selbst bei Missbrauch und anderer Unmoral bestehend bleibt, weil der Mensch schlichtweg nicht mehr fähig ist, sich abzugrenzen. Er ist also nicht "gewollt unfrei" (Konsens), sondern gar nicht mehr in der Lage, einen bewussten, rationalen Konsens herzustellen. In der Psychologie wird Hörigkeit zu den Suchtverhaltensmustern gezählt und als solches auch therapiert.
Nein, das ist ganz sicher NICHT die Norm.
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Jeder Dom sollte die Stärke besitzen, auch das Letzte an Hingabe von seiner Sub zu fordern und genug Selbstbewusstsein besitzen, Verlustängste etc. komplett abzulegen oder auszuschalten.
Ja, wie gesagt: Mach du mal. Du sprichst hier weder für alle Doms, noch für alle Subs und dieser "Jede Sub sollte" und "Jeder Dom sollte" Quatsch zeugt meinem Eindruck nach einfach nur von einer ungeheuren Egozentrik, die sich selbst zum Maßstab aller Dinge erhebt.
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Die Aussage, man kann solche Nähe nicht ertragen bei Männern, die der eigene dom. Partner oder der Dom bestellt und denen er seine Hotwife oder Sub zuführt, impliziert dass diese Hingabe doch recht limitiert beschaffen ist. Man betreibt sozusagen nur ein oberflächliches Spiel, kitzelt ein wenig die Nerven, bleibt aber ansonsten so, wie man immer war- für sich abgeschlossen, der Dom ein Werkzeug der eigenen Lust, keine völlige Synthese, keine absolute Hingabe.
Pfff, ich hab kein Problem damit, Grenzen zu setzen. Ob irgendwer, der für mein Leben keine Bedeutung hat, das als "oberflächliches Spiel" denunziert, berührt mich nicht, ich halte mich tunlichst und absolut konsequent fern von Menschen, die irgendwas von "wahrer" und "absoluter" Hingabe faseln und nichts als Extreme kennen, wobei sie gleichzeitig nur das eine Extrem als "echt" und "richtig" framen wollen. Ist für mich durch und durch gruselig.
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Also nochmals: Es nicht zu ertragen, wenn der eigene Dom es verlangt, bedeutet eben faktisch keine absolute Hingabe, keine ausreichende Erziehung, keine Vollendung, somit vlt. Imperfektibilität.
Natürlich müssen wir dom. Sharer und Doms der BDSM-Welt auseinanderhalten.
Was für ein vermessener Bullshit. Ganz ehrlich. Ich weiß tatsächlich noch gut, wann mir hier im BDSM-Kontext zuletzt eine solche Arroganz untergekommen ist. Der letzte, der hier im Joy so gesprochen hat, hatte Verbindungen zu Debris. Der meinte auch, wenn Sub nicht absolut jeden Scheiß mitmacht, sei sie per se unzulänglich und der hatte das auch rhethorisch sehr gut drauf, dabei ebenfalls emotionale Trigger und Ängste zu bedienen - nämlich die Angst vieler Subs, nicht zu "genügen", nicht "devot genug" zu sein, nicht ausreichend zu gefallen, zu viele Grenzen zu haben.
Das ist komplett manipulative, widerliche Scheiße, diese Rhethorik, Subs einzureden, wenn sie nicht bis zum Äußersten gehen, seien sie "imperfekt", also grundlegend fehlerhaft und ungenügend. Genau so fangen Missbrauchsbeziehungen an.
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Doch eine Sub hat ganz klar den Wünschen ihres Herren zu entsprechen. Dafür gibt sie einen großen Teil ihres Eigenwillens auf, lässt sich erziehen und formen. Und dafür muss man eben bereit sein, es wirklich wollen, konsequent dienen wollen. Ist eine Frau nicht bereit einen guten Teil ihres Eigenwillens preiszugeben und sich anzupassen an einen Herren, sich zu unterwerfen, kann man sie auch nicht als Sub bezeichnen. Das ist dilettantischer Freizeit-BDSM.
Ja, wer's nicht so extrem wie du macht und sieht, ist selbstverständlich lediglich Dilletant.
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Ich halte Kailyn Ehrlichkeit sowie ihr Alter und natürlich ihre symphatische Erscheinung zugute. Als intelligente junge Frau und überdies als erfolgreiche Autorin, die sich auf BDSM-Themen konzentriert, sollte sie diese Dinge jedoch nachvollziehen können.
Oh, wie gnädig.
Lass dich nicht täuschen, ich bin ein ekelhaftes Biest, wenn ich Leute nicht leiden kann.
Ne, ich kann das alles nicht nachvollziehen und werde es auch nie können, weil ich eben nicht zu diesen komplett vermessenen, arroganten Leuten gehöre, die denken, BDSM und alles, was dazu gehört, müsse nur auf eine Weise laufen, nur ein einziges Ziel haben und wer davon abweicht, ist ein dilettantischer Spieler.
Ich lasse jedem das Seine und halte alles für legitim und "richtig" für die jeweiligen Individuen, solange nicht Zerstörung um der Zerstörung Willen betrieben wird.
Von daher halte ich deine Einstellung und deine Ziele für richtig für DICH, aber nicht für mich, halte beides für legitim, verschweige aber gleichzeitig nicht meine Abscheu gegenüber deinen Anmaßungen, diese Individualität anderer abzuwerten.
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Schauen wir mal in die Literatur. Was schreibt bsw. Anne Desclos in >Histoire d’O<?
Sorry, aber ich stütze mich bei meinem Leben und meiner Sexualität nicht auf Fiktion. Die Geschichte der O und alles drumherum ist für mich kein Maßstab, keine Weisheit und kein Leitfaden. Es ist eine fiktive Geschichte und hat rein gar keine Bedeutung für mich. Wer sich daran orientieren will, kann das gerne tun.
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Die O ist der Prototyp oder das Ideal der perfekten Geliebten und der perfekten Sub.
Joa, die Autorin fand es auch ganz toll, ein gestrichenes Schlusskapitel zu verfassen, in der O um den Tod bittet, weil Sir Stephen sie verlassen will und er gibt ihr die Zustimmung dafür.
Tolles Ideal und wahnsinnig perfekt, eine solche Abhängigkeit erzeugen zu wollen, dass ein Mensch ohne den anderen nicht mehr lebensfähig ist und sich töten möchte. DAS ist übrigens etwas, das ich als Zerstörung definiere. Und DAS ist auch das, was in Debris-Kreisen passierte. Opfer, die nach dem Verlassen Suizid begingen, weil sie nicht mehr autonom lebensfähig waren, durch das Brechen, Auslöschen und Umformen ihrer Persönlichkeit hin zu einem reinen Objekt.
Slow Clap. Klingt nach Paradies.
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Und letztlich noch Eines: Küssen verbindet sich nicht automatisch mit großen Gefühlen. Wer durchweg Romantiker ist, möge DWS und BDSM fernbleiben. Denn das schadet natürlich massiv seiner Psyche und so seinem Seelenheil.
Ich weiß mittlerweile gar nicht mehr, wie oft ich meine Hände ob dieser "Schwarzes Buch" Dogmen eigentlich noch über meinem Kopf zusammenschlagen soll.
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Noch eine persönliche Anmerkung: die heutige Gesellschaft ist geistig zersetzt mit pathologischen Ideologien.
Wie das Erheben von Hörigkeit und Persönlichkeitsauslöschung zu einem Ideal? Solche pathologischen Ideologien? Got it.
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Ich bin auf jeden Fall gegen halbgares Zeug aller Art, Inkonsequenzen und Sandkastenspiele.
Sei das. Vielleicht lernst du auch noch, dass alle Menschen unterschiedlich sind, unterschiedliche Bedürfnisse haben und unterschiedliche Leben leben und du nicht der Nabel der Welt bist, der die einzige Wahrheit kennt. Wir sind hier gerade durch eine Achterbahn an Rhethorik gerauscht, die manipulativer und extremistischer kaum sein könnte und die dabei auch noch jeden mit anderen Gefühlen, Bedürfnissen und Wünschen als unzulänglich erklären möchte. Es ist das eine, für sich ein solches Extrem als Ideal zu haben - etwas völlig anderes, von diesem Turm auf jeden verächtlich herabzusehen, der das nicht will und dabei gleichzeitig wie selbstverständlich mit Unsicherheiten zu spielen.
Das ist jetzt mal MEIN frecher Rat an andere: Finger weg von jedem, der dich als fehlerhaft, unzulänglich, imperfekt und armselig bezeichnet, weil du nicht so willst wie er.
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Zurück zum Thema. Küssen im Rahmen von DWS? Klares Ja! Völlige Hingabe, alles Andere ist inkonsequent, armselig und für dom. Sharer oder Doms, die solche Interaktionen wünschen zwischen ihrer Dame und diversen Herren, nicht tragbar.
Na, zum Glück bist du die Autorität bei diesem Thema, was täten wir nur ohne dich. Irgendwer muss uns ja sagen, wer alles armselig ist, weil er nicht dieselben Bedürfnisse hat wie du.