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Der (Vor-) kontrakt (eine Kurzgeschichte)

***ro Mann
460 Beiträge
Themenersteller 
Der (Vor-) kontrakt (eine Kurzgeschichte)
Sie hatten sich gerade kennengelernt.

Nein, besser, sie begannen gerade sich kennenzulernen, virtuell, schriftlich, nicht zuletzt der Distanz geschuldet.

Ein Abtasten, Fragen, Antworten, drei Schritte vor, zwei zurück.
Man muss vorsichtig sein in dieser Phase. Gesagt ist gesagt. Eindrücke entstehen schnell, Mißverständnisse auch.

Manchmal schließt sich eine Tür, bevor sie richtig geöffnet wurde. Durch nur eine Unachtsamkeit wird eine Chance vergeben.

Dennoch, sie waren ja nun schon etwas weiter. Die Basis trug. Nach einigem Hin und Her hatten sie sich schon an ihre Tabus herangearbeitet und ein wenig diskutiert.

Aber heute, heute wurde es plötzlich wichtig, wirklich relevant. Aussagekräftig.

Dialog:

Sie: „Ich kann machen, was ich will, habe viele Freiheiten, bin Herrin meiner Entscheidungen. Das gefällt mir nicht, meine Devotion ist unbefriedigt, weil mir die Führung, die Anpassung fehlt.
Ich brauche einen Herrn, der sich meiner annimmt, der mich dienen lässt, der für mich einsteht.
Ich brauche den Kontakt, auch zwischendurch, Nachrichten, Aufgaben, Rituale, das Gefühl, dass er sich Zeit für mich nimmt. Regelmäßig.
Ich brauche es erzogen zu werden und zu wissen, dass mein Herr mich nach seinen Vorstellungen formt.“

Er: „Engmaschige Führung ist zwingend, immer, auf Distanz und auch in der Nähe. Aufgaben und Rituale können aber anstrengend sein, anspruchsvoll und zeitintensiv.
Ich bestehe auf Präzision, ich bestehe darauf, dass Zeiten eingehalten werden. Dokumentationen müssen erstellt, Fotos, Videos, Schreibaufgaben, Fickaufgaben erledigt, Tagebücher angelegt werden.
Meine Sub zu sein bedeutet harte Arbeit, es ist mühsam, auch und gerade zwischen den Treffen. Es gibt viele Regeln und Rahmenbedingungen. Wenig Freiheiten. Das mögen die wenigsten.“

Sie: „Ich mag das Engmaschige sehr, ich brauchen diesen Rahmen, er gibt mir Orientierung, gibt meinem Leben Struktur. Ich weiß dann, was ich zu tun habe, was von mir erwartet wird.
Die Zeit, die Sie investieren, um mir Aufgaben aufzutragen, kostet auch Ihre Zeit. Das danke ich mit Gehorsam.“

Er: „Ja, Aufgaben und Rituale zu etablieren macht Arbeit, das Nachhalten, Kontrollieren, Ahnden und Loben, sich neues auszudenken, zu erfinden, mich um Dich zu kümmern. Arbeit entsteht auf beiden Seiten.
Bei mir darfst du wenig, außer gehorchen. Aber Du darfst immer das letzte Wort haben: "Ja, Sir, gerne, Sir."
Und dann erledigst Du, was ich Dir sagte.“

Sie: „Das ist es, was ich mir wünsche, was ich brauche, Sir.“

Er: „Das könntest Du haben, Du verlierst dann aber Deine Freiheit, Deinen Entscheidungsspielraum und Deine Selbstbestimmung.
Und ich steuere und benutze Dich nach meinem Geschmack unter Berücksichtigung Deiner Tabus, so wie es mir gerade gefällt.“

Sie: „Dann ist es so, Sir. Ich brauche diese Unfreiheit, um mich zu entwickeln und mich frei und behütet zu fühlen.“

Er: „Wir werden sehen. Ich werde Dich herausfordern und fördern und Du wirst Neuland betreten."


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