„Aufgrund meiner Vergangenheit, in der ich selbst einschlägige Erfahrungen mit diversen Substanzen gemacht habe, sehe ich viele Parallelen zwischen der masochistischen Seite einer Sub/Sklavin und einem Junkie.
Ich bin genauso süchtig danach als Dom. Und es geht explizit nicht um SM, sondern um D/s.
„Höher, schneller, weiter - das Intensitätslevel muss nach und nach gesteigert werden um ähnliche Kicks zu bekommen, und was einen vor zwei Jahren noch weggeschossen hat, sorgt irgendwann höchstens für ein müdes Lächeln.
Daran glaube ich nicht. Meine Vorlieben sind ziemlich gleich geblieben über die Jahre. Letztlich findet mit jedem Gegenunter ein neues Aushandeln statt, eine neue Art von D/s, weil jede Partnerin anders ist.
„Sessions dienen zur Flucht aus der Realität und werden oft dazu genutzt um den ganz realen Alltagsproblemen aus dem Weg zu gehen. Teils findet keine echte Reflexion statt, lieber ins Subspace abtauchen und die Probleme ignorieren. Machen Junkies auch so. Zudem kann man regelrechte Entzugserscheinungen beobachten, die bis zu Depressionen reichen, wenn Sub mal 'ne zeitlang nicht ihren Fix bekommen hat.
Auch das finde ich eine unzulässige Verallgemeinerung. Dass Reflexion das A und O ist, ist doch eigentlich klar. Und beide Beteiligte sollten dieses gerüttelt Maß an Empathie aufbringen, um hinter die Kulissen zu schauen und sich darüber im Klaren zu sein, dass D/s eine Ergänzung, eine Erweiterung der Partnerschaft auf einer anderen Ebene ist – aber eben mitnichten dafür da, um den Alltagsproblemen zu entfliehen. Die gehen ja nicht weg.
„Eine weitere Beobachtung meinerseits ist, dass Devotion oft mit einem mangelnden Selbstwertgefühl in Verbindung steht. Mag sein, dass die Abgabe von Verantwortung und Kontrolle dann vorübergehend glücklich macht, ob das auch langfristig der Fall ist, kann ich mir allerdings nicht vorstellen. Ich bin mir nicht sicher ob ein Psychotherapeut seinem unsicheren und ständig an sich zweifelnden Patienten mit geringem Selbstwertgefühl je dazu raten würde, jegliche Kontrolle abzugeben und sich mal ordentlich erniedrigen und benutzen zu lassen, statt daran zu arbeiten das Selbstwertgefühl aufzubauen und mehr Verantwortung zu übernehmen.
Eine gesunde D/s-Beziehung ist in meinen Augen eine, bei der Dom auf sub aufpasst und dafür sorgt, dass sie sich sicher und wertgeschätzt fühlt. Die Abgabe von Kontrolle habe ich hauptsächlich bei Menschen gespürt, die im Alltag Verantwortung zu tragen haben. Das kann ich gut nachvollziehen. Über alles andere maße ich mir hier mangels Erfahrung keine Meinung zu.
„That being said, sind die soeben von mir beschriebenen Beobachtungen eher am extremen Ende des Spektrums und jedes Individuum tickt halt eben auch anders. Ein Spiel mit dem Feuer ist das alles aber auf jeden Fall. Man denke nur an einen narzistischen Dom und eine extrem verunsicherten Sub, die sich ihm hingibt, und zu welchen Abgründen eher dieser mit dem Hintergrund BDSM führen könnte.
Es wäre schön gewesen, wenn du diesen Absatz als Caveat ganz nach oben gestellt hättest.