Ein Jahr oder Wie Panama verschwand
Ein Jahr oder Wie Panama verschwandEr saß in der Küche ein Bein auf dem Boden, das andere, von seinen Armen umschlungen auf der Sitzfläche abgestellt, bildete eine Stütze für sein Kinn. Es war still. Nichts und niemand war zu hören. Wo eben noch die Kinder und seine Frau durch den Flur lärmten, war völlige Ruhe eingekehrt. Seine Frau? Wie das klang?! Er lauschte den unausgesprochenen Worten hinterher und genoß den Gedanken. Sie waren tatsächlich zu einer kleinen Familie zusammengewachsen.
Ein Jahr war er nun hier. Als er ihr Blumen kaufte, staunte die Verkäuferin, dass er alles so genau wusste. Er erinnerte sich an den Wochentag, das Datum samt Uhrzeit und natürlich wußte er auch was sie anhatte bei ihrem ersten Treffen. Es hatte sich in sein Gedächtnis gebrannt, denn es war wie heimkommen. Anders konnte er es nicht beschreiben. Als er sie das erste Mal sah wusste er: „Ich bin zu Hause!“
Er lächelte. Eine Welle hatte sie beide davongetragen. Alle guten Vorsätze des ersten Tages, sich Zeit zu nehmen und sich erst richtig kennenzulernen, wurden am zweiten weggefegt von einem kleinen blonden vierjährigen Mädchen. In ihren großen blauen Augen, schillernd wie Bergseen, war er ertrunken.
Damals hatte sie sich den Platz auf seinem Schoß erobert, saß mit ihm am Küchentisch. Die Mama balancierte Tassen, Teller, Kuchen, Zuckerdose und alles andere für eine kleine Kaffeetafel zum Tisch. Geschäftig zwischen Kühlschrank, Küchenschrank und Tisch hin- und hereilend, präsentierte sie ihm einen berauschenden Anblick, von dem es unmöglich schien, den Blick zu lösen.
Die Kleine schaute ihn interessiert an: „Onkel??“ - „Jaa?“ - „Bist Du verheiratet?“
Aha dachte er, erst einmal die Lage sondieren, ob sich voller Einsatz lohnt.
„Nein.“ Ein recht vorsichtig ausgesprochenes Wort. Die Kleine nickte zufrieden, schaute zu ihrer Mama und schien auf ihr Stück Kuchen zu warten. „Wenn ich groß bin, kauf ich mir auch so eine Hose, wie Mama!“ Den Plan fand er gut, die Hose samt Inhalt mochte er auch. „Gefällt sie Dir?“ fragte er ein wenig unvorsichtig, wie er im Nachhinein fand.
„Ja, da sieht man Mamas Popo so schön!“
Zack! Den Köder ausgeworfen! Unwillkürlich schaute er auf das Objekt der Begierde. Er hatte das auch schon gedacht, hoffte aber inständig, dass die Kleine niemals erfahren würde, was er noch dachte! Er wußte nicht so recht, was er sagen sollte, also schwieg er, bevor er sich verriet. Die Mama stand am Tisch, wartete, dass die Kaffeemaschine fertig würde und musterte ihn amüsiert.
„Schläfst Du heute hier?“
Zack! Die Falle schnappte zu! Ein „Nein“ hätte das Mädchen und ehrlicherweise auch ihn selbst enttäuscht. Ein „Ja“ fand er unangemessen. „Ich weiß nicht, schlaf ich heute hier?“ Mit hochgezogenen Brauen schaute er die Besitzerin des bewunderten Hinterteils an. Diese wiederum traute sich ebensowenig, zustimmend zu antworten, Sie wünschte es sich. Sehr sogar. Aber am zweiten Tag?
„Du schläfst heute hier!“ Mit ihren großen blauen Augen strahlte die Kleine ihn an und jede Gegenwehr wäre möglich, aber sinnlos gewesen.
Also blieb er über diese eine Nacht und über die folgende und die danach. Es fühlte sich an, als sei es nie anders gewesen und sie trauten sich nicht mehr zurück, denn sie hatten Angst den Zauber zu brechen. Aus Tagen wurden Wochen und daraus Monate und jetzt war es schon ein Jahr.
Er atmete tief ein und presste ein wenig die Lippen zusammen. Es war nicht alles Sonnenschein, denn was seine Frau und seine Stieftochter genossen, war für den Stiefsohn schwer zu ertragen. Von seinem Vater bestärkt versuchte der Junge seine Rolle in der Familie zu verteidigen.
Er dachte an eine Szene aus den ersten Tagen zurück, als er neben seinem Stiefsohn laufend auf sein Auto zuging. Seine Frau und die Stieftochter liefen hinter den beiden und noch während er sich über die Konstellation wunderte, sagte der Junge: „Die Weiber können hinten sitzen!“ Es schien das natürlichste der Welt für ihn zu sein und er rechnete nicht damit, dass sich daran etwas ändern könnte. So denken Männer. Das hatte sein Vater ihm beigebracht.
„Nein, werden sie nicht! Du wirst hinten sitzen, bei deiner Schwester und deine Mutter vorn bei mir!“ Entsetzt schaute der Achtjährige den Erwachsenen an, das waren so ganz andere Töne, als er gewohnt war. „Mein Auto, meine Regeln!“ Der Junge überlegte, aber er fügte sich, denn auch das hatte ihm der Vater eingeimpft. Das letzte Wort hatte der Mann. Dass die Wohnung der Mutter gehörte und er gesagt bekäme: “Ihre Wohnung, ihre Regeln!“ ahnte er noch nicht. Und welche Schwierigkeiten auf sie zukamen ahnten sie beide nicht.
Aber all das war jetzt nicht wirklich wichtig. Seine Frau brachte die Kinder zu deren Vater. Sie würden ein langes Wochenende bei ihm verbringen und so freute er sich auf eine lange kinderfreie Zeit. Keine abgeschlossenen Zimmer, er konnte mit seiner Frau machen, was immer er wollte und kein Kind konnte sie stören. Er lächelte vor Freude, aber auch ein bißchen wehmütig. Denn er musste für sich eine Entscheidung treffen, die nicht leichtfiel und die für sie beide mit schmerzhaftem Verzicht und gleichzeitig großer Freude verbunden war, egal wie sie sich gemeinsam entschieden.
Er dachte an den Frühsommer zurück. Sie waren im Tierpark. Die Kinder im Streichelzoo beobachtend, saßen sie bei herrlichem Wetter im Cafe und genossen die Situation. Ihre beiden saßen auf einem großen Stein, die Ziegen fütternd und während die Szenerie wie in den Heidi-Filmen wirkte, hatten sie im selben Moment dieselbe Idee. Sie schauten sich in die Augen. Zweifel, Hoffnung, Freude und wieder Zweifel, Verwunderung und wieder Freude. Sie wurden umhergerissen, von ihren Gefühlen geschüttelt und fragten einander stumm: „Wollen wir? Noch eins hinzu? Ein gemeinsames?“
Sie liebten beide Kinder und ein gemeinsames Kind wäre eine grenzenlose Freude. Aber eben auch ein großer Verzicht. Auf die langen Wochenenden und die halben Schulferien. Auf kinderlose Zeiten in denen sie leben konnten, wie es sie erfüllte. Ohne Heimlichkeit, ohne Angst. Frei. Gefesselte Tage, duchliebte Nächte, fauchende Gerten, klatschende Paddel, lustvolle Schreie, keuchendes Stöhnen nach laut durchlebten kleinen Toden. All das war dann nicht mehr so einfach zu erleben. Sie müssten sich einschränken. Einschränken für ein kleines Leben, ein kleines rasend schlagendes Herz, das in ihr heranwachsen würde. Einschränken für das helle Kinderlachen, das erste Wort, den ersten Schritt. Für die unglaubliche Liebe, die so ein Würmchen geben konnte. Und die es einforderte. Was für eine schwierige Entscheidung? Oder war sie doch ganz leicht?
Er lächelte in sich hinein. Sie würden gemeinsam das Richtige tun und er dachte noch, ob sie sich die Frage nicht eigentlich schon beantwortet hatten, indem sie sie stellten, als er hörte, wie der Schlüssel ins Schloss glitt. Sie war wieder da und er freute sich auf die gemeinsame Zeit.
*
Sie hatte die Kinder abgeliefert. Freudig waren sie auf ihren Vater zugesprungen, aber der musste wieder diskutieren. Warum er denn die Kinder zurückbringen müsse, sie könne sie doch auch wieder abholen.
Wie sie das hasste, diese ständigen Diskussionen um Selbstverständlichkeiten. Eigentlich müsste er die Kinder holen und zurückbringen, wenn er sie sehen wollte. Dass sie ihm eine Fahrt abnahm war ihr guter Wille. Aber er bekam den Hals nicht voll. Hatte mit ihrem neuen Lebengefährten telefoniert und verlangte, dass dieser sie zur „Vernunft“ brächte. Er glaubte tatsächlich, mit ihm ein Komplott gegen sie schmieden zu können.
Sie stellte ihm die Koffer hin und sagte ihm, wann die Kinder wieder zu Hause sein sollten. Und wenn er weiter diskutiere und sich nicht an die Abmachungen halte, müsse man überlegen, ob das noch so funktionieren kann. Dann verabschiedete sie sich von den Kindern und fuhr davon. Es kostete sie extreme Mühe und sie schaffte nur die wenigen Kilometer bis zur Autobahn, wo gleich an der Auffahrt eine Raststätte war. Dort hielt sie an, mit Tränen in den Augen und Wut im Bauch.
Sie kaufte sich einen Tee und ein Stück Streuselkuchen. Etwas Warmes und etwas Süßes, genau was sie jetzt brauchte. `Stimmt nicht ganz`, dachte sie. Da gab es jemanden, der ihr jetzt mindestens genauso guttun würde. Ihre Augen lächelten ein wenig, beim Gedanken an ihn. Was für ein Mistkerl er doch war. Der verlässlichste Unzuverlässige, liebste Böse, der leiseste Laute und der härteste Weiche, den sie kannte. Immer wenn sie dachte, sie wüsste nun, woran sie bei ihm sei, tat er etwas, womit sie nicht rechtnete. Er brachte sie aus der Fassung, bis sie die Orientierung verlor und reichte ihr dann die Hand, um sie sicher zu geleiten. In allem, was er tat, war er dabei extrem zugewandt. Egal mit wem er es zu tun hatte. Für ihre Kinder war sie heilfroh, ihn gefunden zu haben, auch wenn nicht alles reibungslos verlief.
Der Tee war inzwischen kalt geworden, also ließ sie ihn stehen und setzte ihre Fahrt fort. Sie fuhr mechanisch, wie eine Puppe und ihre Gedanken kreisten um die Absurdität der Situation. Es war nur eine halbe Stunde Fahrzeit, aber die Minuten schienen sich wie Kaugummi zu dehnen und wollten nicht vergehen. Wie paradox das alles war! Der Eine, der sie schlug, ihr schmerzhafte Klammern am Körper befestigte, sie fesselte und an einen Haken hing, der sie mit Wachs quälte, sie zwang auf dem Boden vor seinem Bett zu schlafen, den halben Tag geknebelt zu verbringen und ihn nackt zu bedienen, der sich nahm von ihr, was immer er wollte, dieser eine hatte ihr niemals weh getan. Und der andere, der sie streichelte, sie niemals geschlagen hatte, sie angeblich auf Händen trug hatte sie furchtbar gepeinigt und ihr unsagbare Schmerzen zugefügt. Diesen würde sie niemals Mistkerl nennen.
Sie war zuhause angekommen, parkte den Wagen und kurbelte die Scheibe hinunter, um ein wenig frische Luft zu schnappen. Sie hatten jetzt etwas mehr als zwei Tage für sich, auf die sie sich unsagbar freute. Nur den heutigen Tag durchzustehen machte ihr Angst. Die Kinder wegzugeben in eine Umgebung, mit der sie überhaupt nicht einverstanden war, machte ihr mehr zu schaffen, als sie sich eingestehen wollte. Aber sie musste sich zusammenreißen, für ihren Herrn. Der würde bestimmen, was heute geschah. Sie hatte die Anweisung, ihn in der Küche zu begrüßen und zu warten, was er ihr auftragen würde. Und so stieg sie die Treppen hinauf, drehte entschlossen den Schlüssel, damit ihr Herr nicht sofort hörte, was in ihr vorging und betrat die Wohnung.
*
Etwas zu kräftig schnappte das Schloß und die Tür wurde nicht leise zugemacht, sie schlug zu, als wäre sie ihr aus der Hand gerutscht. Es ist wie immer, dachte er. Sie kam in die Küche und lächelte ihn an, aber ihrem Blick fehlte das Strahlen und er wußte, dass sie sich nur mit Mühe zusammennahm. „Ich habe ein wenig telefoniert mein geliebtes Weib. Mach Dich ein wenig frisch und zieh Dir ein Kleid an, wir machen einen Einkaufsbummel!“ Sie huschte ins Bad und während sie danach ein Kleid für den Nachmittag heraussuchte, war sie ihm dankbar, dass er ihr diese Erholung gönnte. Sie suchte ein legeres dunkelgrau und weiß gesprenkeltes Kleid aus, das zwar ihre schmale Taille betonte, gleichzeitig aber nicht zu eng war und ihre Schenkel locker umspielte. Dazu noch schwarze Halterlose und graue Schuhe mit einem bequemen Absatz und sie sah vorzeigbar aus. Als er sie sah, nickte er zufrieden, reichte ihr die Hand und los gings in einen ruhigen Nachmittag hinein. So stellte sie es sich jedenfalls vor.
Diesmal nahmen sie seinen Wagen und mit ruhiger Hand steuerte er das Gefährt aus dem Ort heraus. Seine freie Hand hatte er wie beiläufig auf ihrem Schenkel platziert und dort ruhte sie, wie eine Katze die auf Beute lauert. Mal rutschte sie ein paar Millimeter nach innen, mal zog er sie wieder ein Stück zurück. Immer wieder spürte sie sein Wärme und von ihrem Schenkel begann diese sich sanft nach oben zu schleichen. Sie rutschte ein wenig im Sitz nach oben und schaute verstohlen zu ihm hinüber. Das durfte sie nicht. Sie durfte sich ihm nicht entziehen. Er lächelte gut gelaunt, als bemerke er es nicht und sie forderte ihr Glück nicht weiter heraus und hielt von da an still. Wenn man das still nennen konnte. Mit der Zeit richtete seine Hand durch ihre pure Anwesenheit eine Art Klimakatastrophe zwischen ihren Schenkeln an. Sie lächelte ihn an bei diesem Gedanken und als wolle er das Klima retten, legte er nun auch diese Hand aufs Lenkrad und segelte gemütlich über die Landstraße. Von ihm befreit, erholte sich das Klima schnell und auch die durchschnittliche Temperatur sank ein wenig. Die Kühle tat ihr gut und so schaute sie, wo er eigentlich hinfuhr.
Er fuhr in Richtung der Großstadt, die nur eine halbe Fahrstunde entfernt mit ihren Einkauftempeln zum Bummeln einlud. Leider gab es keine wirklich schöne Innenstadt mit alten, kleinen Geschäften und Restaurants, vor denen man im Freien Kaffee schlürfend die vorbeieilenden Menschenwesen beobachten konnte. Den hektischen Pulsschlag der Großstadt, in der niemand Zeit zu haben schien, weil die Sekunden schneller rannten, als die Menschen. So sehr sich diese mühten, sie holten sie nicht ein. Und so kamen sie überall zu spät. Zu spät zum Friseur, oder zum Arzt. Immer zu spät und außer Atem. Von der Hatz, nicht vor Lust.
Einen dieser Einkaufstempel steuerte er nun an, parkte den Wagen und Händchen haltend schlenderten sie gemütlich hinein. Sie wusste nun, wohin er wollte, sie hatten beim Frühstück darüber gesprochen. Hier gab es ein kleines urgemütliches Cafe. Es musste schon vor einigen hundert Jahren hier gewesen sein, denn alles war klein an diesem Cafe. Die Tische, die Stühle, Die Tassen und Teller, die Löffelchen und Lampen, alles schien für Menschen gemacht, die im Durchschnitt etliche Zentimeter kleiner waren, als heutzutage. ´Nur die Preise´, dachte sie und lächelte schief. Als sie hereinkamen entdeckte sie ihren Tisch, an dem sie im vorigen Jahr gesessen hatten. Hier waren sie zum ersten Mal gemeinsam eingekehrt. Sie setzten sich auf die gleichen Plätze und die Bedienung brachte auch schon Tee, Cappuccino und Kuchen, wie vor einem Jahr. Das hatte er also gemeint, als er vom Telefonieren sprach, er hatte den Tisch vorbestellt.
Wie vor einem Jahr saßen sie über Eck, dicht beieinander, sich an den Händen haltend und wie vor einem Jahr versanken sie ineinander, ließen die Getränke kalt werden, weil sie keine Minute voneinander lassen wollten. Finger spielte mit Finger und Hand mit Hand und leise unterhielten sie sich. Über das uralte Paar, das damals am Nachbartisch saß und das sie, sich erst einige Tage kennend, für sich als Beispiel sahen. So wollten sie enden. Und sie hatte ihm in dieser intimen Atmosphäre noch etwas erzählt. Eine ihrer schönsten Phantasien und gleichzeitig größten Ängste.
Sie träumte davon, allein in so einem Cafe sitzend von ihm per Handy Anweisungen zu bekommen. Irgendwelche Aufgaben, die sie erledigen und von denen sie bei ihm Rechenschaft ablegen musste. Alles vor den Augen der Einkaufenden, immer in der Gefahr entdeckt zu werden oder in peinliche Situationen zu geraten. Dieses Spiel reizte sie unheimlich und gleichzeitig hatte sie enorme Angst davor und hatte ihm gesagt, dass sie nicht garantieren konnte, in diesem Fall gehorsam zu sein. Er hatte ihr daraufhin eine Liste gegeben mit Gegenständen, die sie immer in ihrer Handtasche mitführen musste, so dass sie jederzeit verwendbar wären. Allein das machte sie schon kribbelig, wenn sie aus dem Haus ging, weil sie nie wusste, wann er dieses Spiel eröffnen würde, aber seit fast einem Jahr ließ er sie nun schon zappeln. Ihr Handy vibrierte und sie schaute ihn fragend an. Er nickte und noch während er dies tat, sah sie, dass er sein eigenes Handy gerade weglegte. Sie hatte in Gedanken versunken gar nicht bemerkt, dass er es benutzte.
Sie schaute auf das Display und sah, es war eine Nachricht von ihm.
„Jetzt!“ stand da. Nur dieses eine Wort. Ein Schauer durchlief ihren Körper. Ängstlich schaute sie ihn an und schüttelte ungläubig den Kopf. Doch er wirkte seelenruhig. Unbeirrt schaute er sie an und sagte leise: “Doch! Jetzt!“
Sie erhob sich, nahm ihre Handtasche und ging in Richtung Toiletten. Schon auf dem Gang dorthin hatte sie das Gefühl, dass jeder sie beobachtete und jeder ihr ansah, was sie vorhatte. Ein Schauer nach dem anderen jagte durch ihren Körper. Schnell ging sie sich erleichtern und wusch sich noch einmal mit kaltem Wasser. Doch es nutzte nichts, das Blut pulste durch jede Faser ihres Körpers und trug ein Kribbeln in jede noch so kleine Zelle. Sie verließ die Toilette und schlüpfte in den angrenzenden Wickelraum. Dieser war groß genug und ließ ihr Platz für ihr Vorhaben. Sie schloß von innen ab, stellte ihre Tasche auf den Wickeltisch und atmete erst einmal durch. Schon jetzt, noch bevor irgendetwas geschehen war, durchkroch ein sprudelndes Gemisch aus Scham, Furcht, wilder Lust und kaum stillbarer Gier ihren Körper.
Sie zog Kleid und Slip aus. Fieberhaft durchwühlte sie ihre Handtasche ein wenig panisch, weil sie nicht gleich fand, was sie suchte. Dann zog sie erleichtert ein kurzes Seil hervor, eins der Dinge, die sie immer bei sich haben musste. So hatte er es bestimmt. „Stell Dir vor, wenn Du es Dir umlegst, dass ich es bin der es tut! Bevor Du anfängst, schließ Deine Augen und erinnere Dich daran, was Du gesehen und gefühlt hast und mach es mir einfach nach“
Und so schloß sie die Augen und ging in Gedanken durch, was er ihr gezeigt hatte. Er hatte das Seil doppelt genommen und war ganz nah an sie herangetreten. Mit ruhigen Bewegungen legte er es ihr um den Körper, ein wenig unter der Taille, wie einen Gürtel die Schlaufe vorn wie eine Gürtelschnalle nutzend. Durch diese zog er die beiden Enden und konnte so das Seil ein wenig festziehen. Als wären es seine Hände platzierte sie die Oese genau in der Mitte unter ihrem Nabel, und schlang das Seil um ihren Leib, führte es durch die Schlaufe und dann in der anderen Richtung zurück, wieder um sich herum und konnte es so vor ihrem Körper verknoten. Wieder schloß sie die Augen und sah, wie sorgfältig er den Knoten in der Mitte über Ihrer Scham platzierte. Sie tat es ihm gleich und führte dann die beiden Seilenden durch ihre Scham hindurch den Schritt entlang nach hinten, bis sie es dort um den „Gürtel“ herum und wieder nach vorn führen konnte. Diesmal zog er das Seil nicht durch die Scham, sondern links und rechts neben den Schamlippen, die er ein wenig hervorzog, so dass sie leicht festgeklemmt wurden. Das war der schwierigste Teil, es kostete sie einige Zeit es so hinzubekommen, dass er zufrieden wäre. Zuletzt verknotete sie das Seil an der imaginären Schnalle. Sie schloss wieder die Augen und bewegte sich ein wenig um zu testen ob das Seil zu fest war. Aber es hatte genau die richtige Spannung, sie fühlte es zwar aber es zwickte nicht, es spielte sozusagen mit ihr, als wären seine Hände auf ihrem Körper. Bei diesem Gedanken schoß ihr die Lust zwischen die Schenkel und im nächsten Moment das Entsetzen. Sie stand immer noch nackt, nur mit dem Seil und den halterlosen Strümpfen bekleidet da und wusste nicht, was sie wieder anziehen durfte. Er hatte nichts dazu gesagt. So wenig wie möglich, dachte sie, warf sich das Kleid über ihren bebenden Leib und stopfte ihr Höschen und alles andere zurück in die Handtasche.
Sie schloß die Tür auf, dankte allen Göttern, dass niemand mit einem schreienden Baby auf Einlass wartete und schlüpfte noch einmal schnell in die Toilette, um sich ein wenig zu beruhigen. Die erste Strecke hatte sie geschafft, niemand hatte ihr hinterhergerufen und wenn sie nicht an ihn dachte, war das Seil auch ohne Probleme zu ertragen. Zurück am Tisch wurde ihre Erleichterung jedoch von seinem diebischen Lächeln weggeblasen. Ihr wurde heiß, wie sollte sie nicht an ihn denken, wenn er die ganze Zeit bei ihr war? Wie zum Teufel sollte sie das durchstehen?
*
Er hatte ihr nachgeschaut, als sie Richtung Toilette entschwand und sich vorgestellt, wie sie mit sich rang, ob sie tun sollte, was er verlangte. Aber er war dabei, konnte ihr Sicherheit geben, sie halten, wenn sie es brauchte und sie schubsen, wenn sie zu sehr im Gleichgewicht ruhte. Es war ihre Phantasie, die er ihr erfüllte. Dass er noch ein wenig an Spannung hinzugefügt hatte, ahnte sie nicht. Bis dahin war auch noch etwa eine Stunde zu überbrücken, er hatte aber eine Idee, wie man die Zeit sinnvoll verbringen konnte. Er wollte gerade etwas ungeduldig werden, als er sein Weib erblickte. Zunächst unsicher um sich blickend aber mit jedem Schritt gelassener kam sie auf ihren Tisch zu und schlüpfte schnell auf ihren Stuhl. Sie schien erleichtert, allerdings saß sie nur auf dem vorderen Teil des Stuhles.
„Hallo mein geliebtes Weib, alles in Ordnung?“
Verdammter Mistkerl, nichts ist in Ordnung, das weißt du doch: „Ja, ja alles ok. Wenn du willst können wir zahlen und heimfahren.“
So leicht kommst Du nicht davon mein Herz: “Nein, wir können noch nicht nach Hause, ich muss noch ein zwei Besorgungen erledigen.“
Sie schaute ihn entsetzt an, wollte er sie so durch die Mall schleppen? „Muss das sein?“
Nicht so mürrisch mein Schatz: „Du weißt doch es ist so ein Wochenende. Wenn wir erst einmal Zuhause sind, kommen wir nicht so schnell wieder raus. Du wirkst dort dann immer so angebunden.“
Das ist nicht lustig! Aber er hat mal wieder Recht: „Na dann, lass uns losgehen.“
Und so nahm er sie bei der Hand und ging mit ihr Richtung Ausgang: „Wenn irgendwas ist, sagst du Panama.“
Was soll schon sein, hier sind überall Leute, dachte sie und versuchte, sich nicht zu sehr von dem Seil zwischen ihren Schenkeln beeinflussen zu lassen. Niemand schenkte ihr Beachtung, also beruhigte sie sich mehr und mehr. Jetzt drohte eigentlich nur von dem Mann an ihrer Seite Gefahr. Nur? Wer weiß wohin das hier noch führt. Aber wir sind ja gleich draußen. Dann hab ichs geschafft, wir fahren heim und genießen das Wochenende. Halt, wo geht’s jetzt hin? Er war gerade in ein Geschäft abgebogen. Sie schaute nach oben und las in grünen Leuchtbuchstaben „Baumarkt“
Verdammt, das wird heikel. Während sie das dachte, war er schon mit ihr in der Haushaltwarenabteilung. Nach einigem Herumsuchen, wurde er fündig. Er hatte ein kleines Plastiktütchen in der Hand: „Schau Schatz, genau was ich gesucht habe. Das sind kleine Klammern mit angebrachter Schlaufe. Von einigen unserer Handtücher sind doch die Schlaufen abgerissen. Mit den Klammern kann man sie wieder aufhängen.“ Er riss das Tütchen auf und sah sich die Klammern genau an. Sie hatten kleine, spitze Zähne. Sehr spitze Zähne. Ihr wurde heiß. Von wegen Handtücher. Er lächelte. „Gib doch mal deinen Arm!“ Und schon hatte er eine dieser Klemmen an ihrem Oberarm befestigt. „Hält gut.“ sagte er und zog ein wenig daran. Er drückte die Klammer noch ein klein wenig fest. Mit aufeinandergepressten Lippen zog sie Luft durch die Nase und spürte gleichzeitig, wie die Lust zwischen ihren Schenkeln wühlte, als suche sie sich einen Weg durch den Dschungel aus Seilen. Aber schon hatte er die Klammer wieder gelöst. Erleichtert schaute sie sich um und sah mit Entsetzen in der Nachbarabteilung ganze Rollen mit Seilen und verschiedenen Ketten. Er folgte ihrem Blick und sagte: “Keine Angst, ich hab genug Fesselndes. Für dein bißchen Körper reichen ja ein paar Schnürsenkel.“ Sie schaute ihn ungläubig an und überlegte fast, ob er das ernst meinte. Dann fiel ihr aber ein, wie schön er sie in gefesselter Position fand und wie sehr er es genoß, Seil auf Seil um ihren Körper zu schlingen. „Keine Angst, ich werd doch deinen Körper nicht mit Schnürsenkeln entweihen.“ Sie war sich nicht ganz sicher, denn die Handtuchhalter hatten es ihm ja auch angetan, das sah sie. Aber dann legte er das Tütchen zurück. „Die sind mir zu bunt“, sagte er und tatsächlich schillerten die Schlaufen in allen möglichen und unmöglichen Farben. Das fand er nicht schön und was er nicht schön fand benutzte er nicht für ihren Körper. Dankbar schaute sie ihn an. Na toll, jetzt freu ich mich schon, dass er mich nur mit schönen Sachen quält. Was macht dieser Mann mit mir? Kurz überlegte sie, ob sie mit sich oder mit ihm grollen sollte, aber er zog sie schon weiter.
Sie kamen in die Gartenmöbelabteilung und er suchte sich eine Hollywoodschaukel aus, setzte sich mit ihr und begann ein wenig zu schaukeln. Er legte den Arm um sie und sie lehnten sich gemütlich zurück. Das Schaukeln beruhigte sie ein wenig, die Klammern waren im Regal geblieben. Vielleicht kam sie ohne ein Spielzeug zu kaufen hier wieder raus. „Weißt Du, was es hier gibt?“ Sie schaute ihn fragend an. „Eine große Reitsportabteilung! Komm ich zeig sie dir!“ und schon hatte er sie von der Schaukel gezogen und durchschritt fröhlich den halben Baumarkt, bis sie in besagter Abteilung ankamen. Sie schaute sich hilfesuchend um. Wo bitte ist der Ausgang, aber er hatte schon gefunden, was er suchte. Knapp hinter ihrem Rücken fauchte eine Gerte vorbei und sie erschauerte bei dem Geräusch und presste ihre Beine zusammen. „Hier Schatz, nimm die mal in die Hand!“ Er drückte ihr die Gerte in die Hand und widmete sich der nächsten, um auch diese zu begutachten. Sie schaute sich um, aber zu ihrer Erleichterung beachtete sie niemand. Plötzlich stand er vor ihr, ganz dicht, umarmte sie und schaute ihr in die Augen. „Na mein geliebtes Weib, würdest du dich über eine neue Gerte freuen?“ „Ja Herr, sehr sogar.“ flüsterte sie. Abwechselnd jagten Schauer der Lust und der Furcht durch ihren Körper, als würden sie Fangen spielen. Er umarmte sie, ergriff hinten von außen das Seil und zog ein wenig daran, so dass sie es durch ihre Scham bis zum Bauchnabel spürte. Er küsste sie, flüchtig nur, so dass sie gar nicht sagen konnte, ob es wirklich ein Kuss war, Aber in dem Moment wusste sie scheinbar gar nicht mehr, was irgendetwas war. Wo liegt eigentlich Panama, dachte sie und schüttelte den Kopf. Himmel nochmal, reiß dich zusammen. Die Gerte immer noch mit sich tragend, folgte sie ihm zur Kasse.
Erleichtert stellte sie fest, dass keine Kunden vor ihnen waren, sie konnten also direkt zur Kasse gehen. Schnell legte sie die Gerte auf das Band, schlüpfte durch den Gang und war schon halb draußen, als er sie zurückrief: „Schatz warte mal, bezahl doch mal bitte eben. Ich zahl es dir zu Hause zurück.“ Er lächelte sie an und sie fluchte innerlich, konnte sie sich doch denken, wie das Zurückzahlen aussehen würde. Genervt stellte sie ihre Handtasche auf das Band und wühlte darin nach dem Portemonnaie. Ein Stück nach dem anderen sortierte sie heraus und hielt es in der Hand und so kam schließlich auch ihr Slip zum Vorschein und sie bemerkte nicht, dass sie ihn mit der einen Hand herumwedelte, während sie mit der anderen weiterwühlte. Sofort schaute er zur Kassiererin, aber die hatte nichts bemerkt. Sie schien in ihren eigenen Gedanken versunken, lächelte ihn vorwurfsvoll an und forderte: „Aber auch wirklich zurückzahlen!“ Er lächelte erst sie und dann sein Weib und sagte: “Natürlich! Ich verspreche es!“
Sein Weib hatte endlich das Portemonnaie gefunden, stellte fest, womit sie die ganze Zeit herumgewedelt hatte und stopfte das Bündel schnell zurück in die Handtasche. Und während sie bezahlte, betrachtete er eine der größten Erfindungen der Menschheitsgeschichte. Er hatte schon viele Handtschen gesehen, Bermudadreiecke der Transportbehältnisse, in denen unwiederbringlich alles verschwand, was man gerade benötigte, um in den unmöglichsten Momenten wieder aufzutauchen. Mit ihrem Inhalt konnte man ein ganzes Dorf 4 Wochen lang versorgen und immer, wenn er mal wieder eine Frau in ihrer Tasche suchen sah, erwartete er, dass sie im nächsten Moment einen aufgepumpten Treckerreifen herausziehen würde, darüber nachgrübelnd, bei welcher Gelegenheit sie den wohl eingesteckt hatte. Die Gerte war schon bezahlt und er sah, wie sein Weib Richtung Ausgang strebte. „Nein, Schatz,“ rief er hinterher „die andere Richtung!“
*
Sie wollte endlich nach Hause. Flehend sah sie ihn an und hoffte, dass er diese Blicke verstand. Wie schon im Baumarkt nahm er sie in die Arme und schaute sie an. Ein verliebtes Paar in einer Einkaufsmall, dachte sie. Nur, dass er mir sanft mit einer Gerte in den Rücken drückt, um mich auf kommende Ereignisse hinzuweisen. Er lächelte und sie konnte nicht anders, es war zu verlockend, also stahl sie ihm einen Kuss und er drückte noch einen zu dem Gestohlenen hinzu: „Wir haben noch einen Termin!“ sagte er und wies in die Einkaufsmeile hinein. Wieder zog er kurz an dem Seil und wieder durchschoß sie warme Lust als es kurz ihre Scham presste. `Wenn er so weitermacht, lauf ich aus`, dachte sie, aber schon zog er sie mit sich und strebte in die Mall hinein. Auf dem Weg dachte sie nach, was aus ihrer Phantasie geworden war. Das Seil war unter dem Kleid gut tragbar und es war ein prickelndes Gefühl, dass es sie immer stimulierte und sie immer dann an ihn denken musste. Es wäre noch etwas anderes, wenn sie allein wäre, da dann ihr Kopfkino einen großen Einfluß nähme. Mit ihm zusammen bestimmte er den Rhythmus. Er kontrollierte ihre Lust und gab ihr immer nur so viel, um sie am köcheln zu halten und achtete darauf, dass sie nicht überkochte. Er ließ keinen Platz für ihr Kopfkino, sie war immer in Aktion und er spielte mit ihr, wie eine Katze mit der Maus. Kater natürlich, soviel Zeit muss sein. Und während sie das noch dachte, steuerte er auf eine Treppe zu.
Oh Gott, dachte sie, doch sie ahnte schon, dass der ihr auch nicht würde helfen können. Dort oben gab es nur zwei besuchbare Einrichtungen. Die Zweigstelle der Stadtbibliothek und einen Sex-Shop. Ihr Herr machte nicht den Eindruck, als sei ihm nach Lesen zumute, also steuerte er auf das Geschäft zu. Ihr wurde bange. Wenn sie bis jetzt noch halbwegs davongekommen war, aber da drin in seiner Gesellschaft? Keine Chance! Sie kamen am Eingang an und sie sah ein Schild an der Tür. „Wegen Krankheit geschlossen!“ stand da und sie pustete langsam und voller Erleichterung die Luft aus, die sie vor Schreck angehalten hatte. Er klopfte an der Tür und wartete. Was soll das? Die haben zu, was will er denn noch hier? Sie wollte ihn gerade fragen, doch bevor sie den Mund öffnen konnte, öffnete sich die Tür und er zog sie mit sich hinein.
Ihre Augen hatten Mühe, sich an das dunklere Licht zu gewöhnen. Nebenbei nahm sie wahr, dass hinter ihr die Tür wieder abgeschlossen wurde. Sie wünschte, sie wäre nicht da und sie genoss es rasend, da zu sein. Was würde hier passieren, wer war diese Frau und was hatte er mit ihr zu tun? Sie schaute sich um und von hinten kam die Frau an ihr vorbei. Sich in das Licht vor dem Ladentisch stellend lächelte sie ihn freundlich an. „Wir hatten telefoniert?“ Die Frau hatte eine angenehme, ruhige Stimme, in der jedoch etwas mitschwang, was schwer zu deuten war. Sie war unfassbar schön. Ihr schwarzes schulterlanges Haar umrahmte ein schmales, Gesicht mit tiefdunklen Augen. Die schlanke Gestalt umhüllte ein schwazes kurzes Cheongsam Qipao Kleid, mit gold-rotem Blumenmuster, das ihre Figur sehr angenehm betonte, dabei aber nicht zu deutlich wurde. „Ist das das Mädchen, das ihnen Probleme bereitet?“
„Ja,“ sagte ihr Herr. Er ließ die Gerte zwei dreimal mit dem Griff auf seinen Schuh fallen, so dass sie von der Verkäuferin wahrgenommen wurde. „Ich habe dieses neue Utensil gekauft und möchte es heute Abend benutzen. Leider wird mein Mädchen recht laut, wenn ich solcherlei Gerätschaften benutze. Ich brauche etwas, womit man die Lautstärke dämpfen kann.“
„Stellen Sie sie doch bitte hier ins Licht, damit ich mir das mal ansehen kann.“ Er schob sein Weib in den Lichtkegel vor dem Ladentisch und blieb einen halben Schritt hinter ihr stehen. Die Frau näherte sich ihr, legte ihr eine Hand fühlend auf den Rücken und umschloss mit der anderen ihr Kinn, als wollte sie prüfen, wie man das Problem lösen könnte. „Sie ist angemessen gekleidet, mein Kompliment. Ich glaube, da finden wir etwas, um Abhilfe zu schaffen.“ Sie ging zu einem Regal, entnahm diesem zwei Verpackungen und drapierte diese auf dem Ladentisch. „Ich würde Ihnen diese empfehlen. Ein Ringknebel, es bleibt ein wenig laut, man kann aber noch zusätzliche Dinge einführen. Oder aber den Ballknebel. Der hat die größtmögliche Geräuschdämmung.“ Er schaute zuerst die Knebel an und dann sein Weib. Dieses wartete geduldig, wie es schien.
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Sie stand im Licht und hörte, wie ihr Herr und die Verkäuferin redeten, als sei sie gar nicht da. Sie schienen sich blendend zu verstehen. Aber noch war alles gut, er suchte einen Knebel aus. Das machte sie zwar heiß, aber bis hierhin konnte sie damit gut klarkommen. „Hm, wie benutzt man denn so einen Knebel?“ fragte ihr Herr und sie traute ihren Ohren kaum. Als ob Du das nicht wüsstest. „Soll ich es ihnen zeigen?“ Nein verdammt! Was soll das? Bitte Herr, sag nein! „Ich bin ein wenig unsicher“ sagte er und sie schloss verzweifelt ihre Augen. Die Verkäuferin hielt ihm die beiden Packungen hin und er lächelte verschmitzt. „Den hier!“ Er hatte den Ballknebel ausgesucht und die Verkäuferin packte ihn routiniert aus, entnahm einem Spender desinfizierende Tücher und säuberte den Knebel sorgfältig. Dann stellte sie sich neben sein Weib und sagte „Schauen Sie!Ungefähr so, eigentlich ist es fast schon selbsterklärend“ Diese äffte innerlich nach: fast schon selbst erklärend, und noch während sie es dachte hatte sie schon den Ball im Mund. Die Veräuferin drückte ihren Kopf nach unten, schob ihr Haar nach vorn und hakte den Verschluß ein. Kaum fertig, schob sie den Kopf wieder nach oben und sein Weib stand geknebelt vor ihm, noch bevor er Danke denken konnte. „Ich achte immer darauf, dass die Haare nicht eingeklemmt werden. So finde ich es schöner!“
„Das finde ich auch“, sagte er, schien aber immer noch nicht zufrieden zu sein. „Jetzt hat sie den Knebel drin und sieht auch nett und appetitlich aus, aber funktioniert der auch?“ Ich fass es nicht, das hast Du jetzt nicht gefragt, Herr? Worauf willst Du hinaus? „Wollen Sie es probieren?“ fragte die Verkäuferin und alles in seinem Weib schrie Neiiiiiin! Und bettelte: Jaaaaaa! „Natürlich, sehr gern.“ Die Verkäuferin schob sein Weib Richtung Ladentisch. Dort angekommen legte sie deren Hände etwa einen Meter voneinander auf die Kante so dass sie sich abstützen konnte. Nun schob sie die Beine nach hinten und zwang sein Weib, sie weit auseiander aufzustellen. Unwillkürlich bog sie den Rücken durch - niemals einen Katzenbuckel, den hasste er - und hob ihren Hintern. Den liebte er, da war sie sicher. Jetzt hob die Verkäuferin noch den Saum ihres Kleides an und klemmte ihn in das Seil, so dass sie ihr nacktes Hinterteil präsentierte. Sie wusste, wie sie auf ihn wirkte und dass ihm schon den ganzen Tag das Wasser im Mund zusammen gelaufen sein musste, denn er hatte genau diese Situation für sich organisiert. „Alle Achtung, das Mädchen ist gut ausgebildet.“ sagte die Verkäuferin.
Er nahm den Griff der Gerte in die Hand, stellte sich seitlich hinter sein Weib und vollführte einige Probeschläge durch die Luft. Währenddessen ging die Verkäuferin um den Tisch, ergriff mit der Hand das Kinn des Mädchens, zwang sie, es anzuheben und schaute ihr ins Gesicht. Sie will dich leiden sehen, dachte sie noch und schon hörte sie ihren Herrn, der bis fünf zählend fünf Mal zuschlug. Bei jeder Zahl wurde er lauter und je lauter er zählte, umso heftiger wurden die Schläge. Die Verkäuferin sagte: „Ich denke, sie könnte auch mal ein paar Ohrfeigen vertragen, sie bettelt förmlich danach.“ Er ging um den Tisch, beugte sich hinab und wollte seinem Weib in die Augen sehen, doch die senkte ihren Blick, denn sie fürchtete, dass er viel zu tief blicken könnte. Sie war in dieser Situation offen und wehrlos, konnte nichts mehr verbergen. Er ging wieder um sie herum. „Eins-zwei-drei-vier fünf!“ Wieder wurde er immer lauter. „Der Knebel scheint recht gut zu arbeiten,“ stellte er zufrieden fest und während sie noch über diese Worte nachdachte schlug er zweimal heftig zu :“Elf- Zwölf“ die Schläge hämmerten auf ihr Fleisch und sie biß auf den Knebel. Sie schrie und die Tränen schossen ihr in die Augen. Doch bevor sie noch richtig wusste, wie ihr geschah, war auch alles schon vorbei. „Das war die Jahrestagshaue!“ sagte er „wir sind jetzt 12 Monate zusammen.“ Na ein Glück hast Du nicht in Wochen gerechnet dachte sie und schaute ihn erleichtert an. Er nahm ihre Hände vom Ladentisch drehte sie zu sich herum und sagte:“Happy Jahrestag Schatz“ während er ihr die Tränen aus den Augen küsste. „Wir nehmen übrigens beide Knebel Jasmin“ sagte er noch und als sein Weib ihn fragend anschaute, sagte er „Wir kennen uns schon ewig.“ Sie lächelte ihn dankbar an, war total geschafft und ebenso aufgedreht. Er zog ihr Kleid aus dem Seil und Jasmin brachte sie ins Büro, damit sie sich ein wenig das Gesicht abwaschen konnte. Nachdem er bezahlt hatte bedankten sie sich beide und verließen das Geschäft.
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Sie gingen, wie immer Hand in Hand, zu seinem Auto. Er hatte ein bißchen abseits geparkt, der Abend war warm und es gab keinen Grund zur Eile. Sie lächelte glücklich und auch er schien zufrieden, wenn auch ein bißchen nachdenklich. Aber das war er ja immer und das liebte sie so an ihm. Am Auto angekommen, öffnete er die hintere Tür und warf den Beutel mit den Knebeln und die Gerte auf den Rücksitz. Dann lehnte er sich mit dem Rücken an und zog sein Weib zu sich, so dass sie Leib an Leib am Auto klebten. Wenn du nicht aufpasst, springe ich dich gleich hier an dachte sie. Sie war seit Stunden extrem geladen und kein Ende in Sicht, jedenfalls keins, das sie beeinflussen konnte. „Es war ein schöner Tag, ich danke Dir mein geliebter Herr.“ Sie schaute ihm in die Augen. „Ich hab es sehr genossen, aber daheim werd ich dich erst einmal and den Haken hängen müssen, damit ich ein bißchen Ruhe vor Dir habe.“ Sie lachte, hing sie doch gern an irgendelchen Haken, damit war sie sehr zufrieden. „Hat sie sich geirrt?“ Die Frage kam unvermittelt, aber sie wußte sofort, was er meinte. „Nein, hat sie nicht, sie ist sehr einfühlsam!“
„Warum hast du es mir nicht gesagt?“ Sie überlegte kurz. „Vielleicht hast Du recht, lass uns hier drüber sprechen, ich hab nämlich auch noch ein zwei Dinge mit dir zu bereden.“
Sie drückte sich fest an ihn:“Ich hab dir das mit den Ohrfeigen nicht gesagt, weil du noch nie eine Frau ins Gesicht geschlagen hast. Das hast du mir erzählt und ich hatte den Eindruck, dass das eine Art Tabu für dich ist. Aber sie hat es genau gesehen, dass du der einzige Mann bist, bei dem ich mir wünsche, eine gepfeffert zu bekommen. Das wäre für mich die ultimative Demütigung, du würdest mich aus dem Orbit zu Boden zerren und mein Gesicht in Dreck drücken damit. Und ich würde heiß wie noch nie sein, würde dich lieben wie noch nie dafür. Du bist der Erste, bei dem ich so ein Gefühl habe!“
„Darüber muss ich nachdenken. Es kann sein, dass du das nie erleben wirst!“
„Ich weiß sagte sie, aber das ist deine Entscheidung. Und damit sind wir bei Panama. Ich will kein Panama mehr haben. Du entscheidest. Alles. Wirklich alles. Und ohne Widerrede“
„Bist du dir sicher, weißt du, was das bedeuted?“
„Ja, na klar, sonst würde ich das nicht sagen!“
„Und wenn ich Fehler mache, dir schade?“
„Das wirst auf jeden Fall tun. Ich hab ja auch schon viele Fehler gemacht und mir geschadet. Das spielt keine Rolle. Du wirst nach bestem Wissen tun, was Du für richtig hältst, davon bin ich überzeugt. Und in dem Moment, wird es das Beste für mich sein. Und wenn sich hinterher herausstellt, dass es falsch war, dann können wir beide damit leben.“
„Du weißt worüber wir gerade nachdenken, ich kann doch sowas nicht allein entscheiden!“
„Warum nicht? Sagen wir, Panama gilt noch und ich könnte Einspruch einlegen. Was würdest Du entscheiden?“
„Ich glaube, Du wünschst Dir genauso sehr ein gemeinsames Kind, wie ich.“
„Das stimmt, ich habe schon zwei Kinder und brauche eigentlich keins mehr. Aber Du hast noch keins. Ich wünsche mir so sehr, auch wenn Du für meine Kinder wie ein Vater bist, dass Du auch ein eigenes Kind mit mir zusammen hast. Das hat noch einmal eine ganz andere Dimension!“
„Und was beweist das jetzt?“
„Das allein noch nichts, aber das hier.“ Sie holte ihr Portemonnaie heraus und zeigte ihm einen Terminzettel von ihrer Frauenärztin. „Ich hab gestern einen Termin gemacht, um die Spirale entfernen zu lassen. Wenn Du Dich anders entschieden hättest, hätte ich den eben wieder abgesagt. Ich brauche kein Panama mehr!“
„Also Freiheit für Panama? Ich muss drüber nachdenken!“
„Ja, natürlich!“
„Noch irgendwelche Wünsche?“ Fragte er gutgelaunt und legte ihr seine Hände auf den Hintern.
Er war gerade auf dem Weg, sie zu küssen, als sie sagte: “Ja klar!“
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„Würdest Du mir heut Abend die Ehre erweisen, mich zu ficken, Du verdammter Hurensohn?“
„Na na, junge Frau was ist denn das für ein Ton?“
„Das ist kein Ton, das ist Kultur! Frank Zappa, glaub ich.“
„Soso, Frank Zappa. Dann ist heute wohl noch Kultur Programm.“
© Justinian