Sand aus dem Mund gespült
Der erste Gedanke, als ich Antonia sah, war der des helfen Müssens. Vielleicht war auch in mir noch der Unwille zu akzeptieren, dass der Abend gelaufen war. Natürlich erkenne ich im Rückblick eine Gesetzmäßigkeit, eine Bestimmung, die hinter meinem Verlassen des SM-Clubs zu einem Zeitpunkt stand, an dem das arme Mädchen bereits eine halbe Stunde lang bei Nieselregen und im Licht einer altersschwachen Gaslaterne an der kaputten Kette ihres Fahrrades laborierte. Ihr Haar mit den drei verschiedenen Farben und vor ihrem Aufbruch wohl kunstvoll gefertigten Verknotungen war klatschnass. Ich bot meine Hilfe an, erkannte aber schnell, dass da nichts zu flicken war. Sie stimmte zu, dass ich sie und das Rad mit meinem Wagen nach Hause bringe, vielleicht dachte ich auch da schon an ein bisschen mehr. Als ich wenig später an der Tanke hielt, um noch ein paar Bier einzukaufen, hatten wir bereits einen anderen Plan, der ohne viele Worte, einfach aus dem gegenseitigen Erkennen unserer Bedürftigkeit entstanden war. Zwei, die die Wärme eines anderen gebrauchen konnten.Was bei mir zu Hause folgte, war durch und durch zärtlich, kein Hineinschliddern in einen hitzigen Wettkampf um Sinneserlebnisse, jede Berührung wurde endlos ausgekostet, erst mit unseren Mündern, dann ganz lange nur mit Fingern. Wir schafften es nicht gleich, alle Kleider abzulegen. Mit jedem Bier, das wir tranken aber, wurde es enger zwischen uns. Später badeten wir zusammen und ließen immer wieder heißes Wasser nach, bis ich irgendwann aus der Wanne stieg, um eine kleine Mahlzeit zuzubereiten. Als ich zu ihr zurückkehrte, spritzte sie mir schaumiges Badewasser entgegen, worauf ich sie mit beiden Armen aus der Wanne hob und sie mir, nass wie sie war, im Bett auf das Gesicht setzte und ich ihre Mösenlippchen lutschte, die ganz zart waren und wie nichts Vergleichbares schmeckten. Ich konnte mich nicht von ihr lösen, sie musste irgendwann die Trennung von meinem Mund herbeiführen, als es sie erschöpft hatte. Endlich konnten wir essen.
Das war noch vor dem Morgengrauen. Nach dem Rest der Nacht und dem halben Morgen, den wir verschliefen, war mir noch immer total der Sinn nach ihr. Wir diskutierten, wenn wir nicht küssten oder aßen; sie ist so schlau, dieses Mädchen. Fast ein bisschen zu frech, wenn sie mal zwischendurch trocken war. „Du bist ein alter Sack“, sagte sie lächelnd und begründete es gut, dass ich es nur schwer anfechten konnte. „Auf deiner Hand, das sind doch Altersflecken, oder?“ Ich musste grinsen, die waren mir noch nie aufgefallen. „Du hast mir nicht verboten, ehrlich zu sein.“ Ungeachtet ihrer Worte, die doch niedlich waren, reizte es mich immer wieder, ihre Brüste von hinten zu umfassen, die perfekt in meine Hände passten.
Jetzt ist es bereits Nachmittag und sie erklärt mir, dass sie den Wunsch verspürt, mal wieder etwas anzuziehen. Ich bin sprachlos, das ist ergreifend, so liebreizend. Alles an ihr ist ein Auslöser für mich, selbst wenn sie nur da sitzt und ich von der Seite einen Blick auf sie werfen muss. Es ist, als würde laufend jemand eine Flasche meines Lieblingsbieres öffnen und in ein Glas eingießen. Ich kann nicht aufhören, sie anzufassen, spüre noch Stunden später das Reiben ihrer Nippel an meinen Brustwarzen, total verschwitzt, so ein feines Kitzeln. Das Eindringen mit allem, was an mir dazu geeignet ist, macht mich besessen, dabei passt mein Schwanz gerade so, er geht nur langsam hinein. Ich blicke darauf, wenn er in ihr verschwindet und dann lese ich in ihrem Gesicht. Immer wieder küssen wir dabei, umklammern uns, bis einer wieder Luft braucht. Ich will nicht, dass sie sich überhaupt wieder anzieht.
„Was war das eigentlich für ein Laden, aus dem du gekommen bist", fragt sie in einem stillen Moment, als wir uns im Bett nur an den Fingerspitzen berühren und ausruhen. Ich bin nicht sicher, ob sie es wirklich nicht weiß, ich mag ihr eigentlich nichts darüber erzählen, doch sie stützt sich auf, sieht zu mir und macht keinesfalls den Eindruck, auf eine Antwort verzichten zu wollen. Ich tue mich schwer, das überhaupt zu erklären und für sie, die um einiges jünger ist als ich, finde ich diese Worte noch weniger leicht. Aber sie hört zu, unterbricht mich nicht. Ich rede weniger über profane Praktiken, tauche dafür umso mehr in meine eigene Gefühlswelt ein, ich umschreibe vieles. Als ich fertig bin, habe ich zumindest diese Seite von mir nicht verleugnet. Wir schweigen eine Weile.
„Hast du ein Halsband da“, fragt sie plötzlich, obwohl ich diese Devotionalie mit keiner Silbe erwähnt habe. Ich bin überrascht, irgendwo liegt bestimmt eines herum. „Vielleicht“, antworte ich. Dann beugt sie sich zu meinem nackten Fuß herunter, will gerade zum Kuss ansetzen, doch sie hält inne und schaut erst noch einmal zu mir auf. „Wenn ich darf.“
m.brody
2018