Mehrwertsteuer-Paket 2010 – Überblick
Mehrwertsteuer-Paket 2010 – Überblick
Mehrwertsteuer-Paket 2010
Komplexe Auswirkungen nicht unterschätzen
Das Mehrwertsteuer-Paket erfordert erhebliche Umstellungen im Rechnungswesen.
Zentrale Änderungen sind unter anderem die Neudefinition des Leistungsorts für
Dienstleistungen, zusätzliche Erklärungspflichten und ein modifiziertes
Vergütungsverfahren für ausländische Vorsteuer.
1. Ort der Dienstleistung
Ab 2010 wird der Ort der Dienstleistung steuerlich neu definiert.
War bislang das Ursprungslandprinzip vorherrschend, ist jetzt in der Regel das Bestimmungslandprinzip
maßgeblich.
Konsequenz:
• Grenzüberschreitende Dienstleistungen zwischen Unternehmen sind meistens am Ort des
Leistungsempfängers zu versteuern. Steuerschuldner wird dann der im Ausland ansässige
Auftraggeber (Reverse-Charge-Verfahren).
• Für das dienstleistende Unternehmen entfällt die umsatzsteuerliche Registrierung in anderen EU-
Staaten.
• Unternehmen dürfen keine deutsche Umsatzsteuer in ihren Ausgangsrechnungen ausweisen, denn
sonst schuldet das dienstleistende Unternehmen diesen Betrag der deutschen Finanzverwaltung.
• Beim Empfang von Dienstleistungen aus EU-Mitgliedstaaten müssen die Unternehmen darauf
achten, dass sie die Umsatzsteuer regelmäßig schulden. Eine Auszahlung der Umsatzsteuer an den
Leistungserbringer darf dann nicht erfolgen.
2. Zusammenfassende Meldung (ZM)
Auch die Anforderungen an die Zusammenfassende Meldung (ZM) ändern sich grundlegend. Zukünftig
müssen neben den innergemeinschaftlichen Lieferungen auch alle innergemeinschaftlich erbrachten
Dienstleistungen erfasst werden. Damit wächst die Zahl der Unternehmen, die eine ZM abzugeben haben.
Außerdem wachsen die Angabepflichten.
Eine weitere EU-Vorgabe sieht vor, dass die ZM ab 2010 wesentlich zeitnäher als bisher zu erstellen ist. Die
Möglichkeit, die Einreichungsfrist um einen Monat zu verlängern (Dauerfristverlängerung) wird entfallen.
Verstöße gegen die Meldepflicht gelten als Ordnungswidrigkeit und können mit empfindlichen Bußgeldern
belegt werden.
Konsequenz:
Unternehmen werden ihre Abläufe ändern müssen, um die Zeitvorgabe einzuhalten.
3. Vorsteuererstattung
Anträge auf Vorsteuererstattung sind künftig in dem Land zu stellen, in dem das erstattungsberechtigte
Unternehmen ansässig ist - und zwar ausschließlich in elektronischer Form. In Deutschland ist das
Bundeszentralamt für Steuern zuständig.
Es prüft Anträge dahingehend, ob das Unternehmen vorsteuerabzugsberechtigt ist, und leitet sie innerhalb
einer 15-tägigen Frist an die Steuerbehörden im jeweiligen Mitgliedsland weiter.
Richtig angewandt, bietet die neue EU-Regelung viele Vorteile:
• Firmen müssen bei der Erstattung künftig nur die Antragsmodalitäten im eigenen Land beachten.
Sprachbarrieren entfallen.
• Originalbelege sind nicht mehr vorzulegen.
Außerdem muss die zuständige Behörde im jeweiligen Mitgliedsland Zinsen zahlen, wenn die
Rückerstattung nicht fristgerecht erfolgt.
Achtung: Das Unternehmen muss den Erstattungsbetrag selbst ermitteln und den Antrag bis spätestens
zum 30. September des Folgejahres vollständig vorlegen.
Checkliste: Rechtzeitig die nötigen Vorbereitungen treffen
Das Mehrwertsteuer-Paket bietet zwar einige Erleichterungen im Bereich der Umsatzsteuer, erfordert aber
Umstellungen in der Finanzbuchhaltung.
1. Kompetenz aufbauen:
Unternehmen sollten die verantwortlichen Mitarbeiter frühzeitig schulen und Aufgaben klar zuweisen.
Wichtige Details der neuen Regelung werden im hektischen Tagesgeschäft sonst leicht übersehen. Am
besten einen Mitarbeiter als zentralen Koordinator bestimmen.
2. Prozesse anpassen:
Das Dienstleistungsspektrum ist mit Blick auf erforderliche Anpassungen durch das Mehrwertsteuer-Paket
zu analysieren. Die Finanzbuchhaltungssoftware ist darauf zu überprüfen, ob sie den neuen Anforderungen
genügt. Ggf. sind neue Konten und Kontenschlüssel einzurichten.
3. Daten aktualisieren:
Kundenstammdaten sind hinsichtlich der rechtlichen Firmierung zu prüfen. Nur so lassen sich Umsätze mit
Unternehmen (B2B) und mit Endverbrauchern (B2C) eindeutig zuweisen. Es muss zwischen Umsätzen in
Verbindung mit ausländischen Unternehmen und ihren inländischen Betriebsstätten differenziert werden.
Umsatzsteuer-Identifikationsnummern (USt-IdNr.) von EU-Kunden sollten nicht nur erfragt, sondern auch
durch das Bundeszentralamt für Steuern qualifiziert bestätigt werden. Tipp: Alle Daten rechtzeitig erfassen
und ins EDV-System einpflegen.
4. Rechnungsformulare anpassen:
Auf Ausgangsrechnungen an EU-Firmen ist der Leistungsempfänger als Steuerschuldner zum Beispiel
durch den Zusatz "Reverse-Charge" oder "Steuerschuld verlagert" zu vermerken. Auch die USt-IdNr. des
ausländischen Geschäftspartners wird zur Pflichtangabe.
5. Steuerschuld prüfen:
Bei Leistungseinkäufen von ausländischen Unternehmen ist zu kontrollieren, ob die Pflicht zur Übernahme
der Steuerschuld besteht. Gerade in der Übergangsphase sollten sich die Unternehmer nicht allein auf die
Angaben ihrer Geschäftspartner in den Eingangsrechnungen verlassen.
Quelle: DHPG Dr. Harzem & Partner KG, Bonn