so...
nachdem die Serverwartung meinen ersten Beitrag gefressen hat, versuch ich's halt nochmal...
Also erstmal: Ich hab die Diplomarbeit jetzt mal nur überflogen, von daher kann's auch sein, dass ich was überlesen habe. Im Ergebnisteil seh ich aber leider mal wieder keine Effektstärken. Wenn ich die aber aus den Korrelationen und Mittelwerten ungefähr überschlage, sind wir bei ~5% bzw. ~10% bei den Bindungssachen. Um das mal auszuführen: Effektstärke bezieht sich darauf, wie groß der Unterschied zwischen den verglichenen Gruppen ist. In diesem Fall heißt das: auf einer 5er-Skala, wie sie teilweise benutzt wurde, unterscheiden sich Sadist*innen von mindestens einer anderen Gruppe (Vanilla, Maso oder switch) im Mittel um .25 Punkte auf dem gemessenen Merkmal (hier z.B. Experience Seeking) - oder anders gesagt spielen sich die Unterschiede meistens innerhalb einer Kategorie (von z.B. "stimme gar nicht zu" - "stimme wenig zu" - "stimme etwas zu" - "stimme überwiegend zu" - "stimme vollkommen zu"), bei 10% oder 0,5 dann teilweise schon zwischen 2 Kategorien davon ab.
Das alles basiert auf diversen Annahmen der klassischen Testtheorie, auf einem erhobenen, nicht genormten Fragebogen mit vergleichsweise vielen Fragen und auf etlichem mehr (Profilneurosen, Wetter, Schlafmangel etc), das einen Einfluss auf die dort gegebenen Antworten hat (aber sich nach der klassischen Testtheorie mit steigender Stichprobengröße halt auspegeln soll). Weiterhin ist die Untersuchung korrelativ, was, so für sich alleine stehend, erstmal seeeeehr vorsichtig interpretiert werden muss (wer's genauer wissen will: "Moderator-"/"Mediatorvariablen", "Korrelation vs. Kausalität", "wissenschaftliches Experiment" googeln), sonst heilt Schokolade wieder sehr schnell Rheuma.
Und zur weiteren Einordnung: das ist alles vollkommen normal in psychologischer Forschung und zeigt nur schön, dass Mensch halt komplex ist und dieser Komplexität mit vielen Messinstrumenten und speziell Fragebögen nicht wirklich gut beizukommen ist. Aber Fragebögen sind halt leider Standard, weil sie
scheinbar einfach anzuwenden sind und die besseren Methoden entweder schwerer interpretierbar (Brainimaging, EMG, etc), schwerer anwendbar (ebenso), zu schlecht erforscht (ebenso), oooder die statistischen Grundlagen dazu von den meisten Profs nicht beherrscht und den meisten Studis in Regelstudienzeit nicht verstanden werden (kann ich nachvollziehen. Bsp: bayesianische Modellierung oder Item-Response-Theory).
Aber da selbst in den meisten Zeitschriften mit wissenschaftlichem Anklang niemals drauf hingewiesen wird, dass das erstmal leider nicht viel heißt, weil wir hier im Bereich von Indizien und einzelnen Studien sind, wissenschaftliche Faktenlage aber irgendwann so im oberen zweistelligen Bereich von Studien zum selben Thema beginnt (was aber auch die Forschenden selbst oft genug nicht beachten), muss ich das öfter mal sagen, weil ich sonst platze. Und dann hab ich mit Replikationsproblemen und Publicationbias etc noch garnicht angefangen.
Daran gemessen fand ich die Arbeit aber vergleichsweise gut
Könnt ihr das für euch bestätigen? Wie wichtig ist euch der Reiz des Neuen und die Suche nach einem Adrenalinkick im Alltag und im BDSM? Und inwiefern handelt ihr danach?
Eigentlich so garnicht. BDSM ist für mich so fast das einzige, wo ich so nen körperlichen Kick suche. Also ja, Reiz von Neuem kenne ich und hab ich gerne bei bestimmten Dingen, aber dass mein Kleiderschrank komplett schwarz ist, hat ja nich nur ästhetische Gründe
Ich bin mir aber auch ziemlich sicher, dass das alleine deswegen noch sehr viel komplexer ist, weil eben Sadist*innen andere "Ursachen" haben als Masochist*innen als Devotchen als Dömchen als Pets etc etc... Deswegen denke ich nicht, dass Experience Seeking die "treffende", also "ursächlichste" Variable für Neigung zu Sadomasochismus (oder eins der anderen) ist. "Sensation Seeking" - nicht im Sinne vom deutschen "Sensation!" sondern im englischen Sinne, in dem "Sensation" auch sanfte Berührung und eigentlich fast jede sinnhafte Wahrnehmung beinhaltet (der Fokus liegt da für mich sehr viel weniger auf der Extremität der Eindrücke als auf dem Bedürfnis nach möglichst häufigem, eindringlichem oder bewusstem Erleben sinnhafter Eindrücke, aber das ist in dem Konstrukt Sensation Seeking von Zuckerman nicht so drin) - hat da sicher einen mediierenden Einfluss, aber gepaart mit bestimmten Ausprägungen der Big Five, Kennenlernen der Materie in bestimmten entweder offeneren oder krisenhafteren Lebensabschnitten und "mangelnder Verklemmtheit"