Mir ist aufgefallen, dass ich im Büro lauter und tobender bin als in einer Session. Im Büro brülle, verwünsche und wüte ich nach Herzenslust, während ich in Sessions ruhiger zu Werke gehe, mich viel stärker zusammennehme, mich unter Kontrolle habe. Jobbedingt rede ich viel, in der Session wenig. Das sollte eigentlich im Widerspruch zum Konzept des Auslebens stehen, schätze ich. Dabei habe ich nicht das Gefühl, mich zurücknehmen zu müssen.
Sprache ist essenziell für mich; ich spiele mit ihr, experimentiere, verwende sie wie ein Instrument. Dabei ist das nicht einseitig, denn Wörter können eine stark rückkoppelnde, verstärkende Wirkung auf mich ausüben, wenn ich sie
in actu ausspreche oder meine Gefährtin zwinge, sich zu artikulieren.
Außerdem kann ich über den Gebrauch der Sprache meinen sexuellen Rauschpegel feststellen, was ganz hilfreich sein kann, wenn es gilt, meinen ausgeübten Sadismus mit dem mir innewohnenden Drang abzugleichen. Gerate ich etwa aufgrund von offenem Widerstand in Rage, klingt das völlig anders als im perfiden Spiel mit dem lauernden Widerspruch zwischen Stimmlage, Gesprächsinhalt und Quälerei, das mir nie langweilig wird.
Eine gewisse fokussierte Zuwendung, die sich in der Sprache beidseitig zeigt, verschafft mir durchgängig Kicks. Gibt es eine besondere intellektuelle Herausforderung, dann verstärkt sich das noch. Das muss gar nicht immer süffisant oder ironisch rüberkommen, sondern kann durchaus zärtlich sein. Das bildet häufig einen reizvollen Kontrast zur gleichzeitigen Folter und kann völlig ernst und liebevoll zugleich gemeint sein.
Im Unterschied dazu steht das öffentliche Spiel, wie ich mittlerweile bei zwei völlig unterschiedlichen Szenarien letzte Woche feststellen konnte. Im öffentlichen Spiel verwende ich ganze Bereiche meines Spektrums nicht, weil mir das einfach zu intim ist. Im ersten Fall sprach ich anfangs angesichts des lauten Publikums zuerst gar nichts, wodurch sie sich jedoch alleine fühlte. Es gelang ihr nicht abzutauchen, daher verlegte ich mich auf das Interaktionsspiel, in dem wir
50 Shades of Grey in einen amüsanten, dialoguntermalten Reality-Check nahmen. Da war es ansonsten im Raum still.
Im zweiten Fall verloren wir die ganze Zeit über kein Wort; sie war abgetaucht, doch kam wieder an die Oberfläche, als einige Leute zu stören begannen, die plötzlich einen spontanen, stark gesprächslastigen Bondage-Workshop im bis dahin totenstillen, winzigen Raum abhielten. Den krönenden Abschluss bildete dann am Ende - wir hatten längst aufgehört wegen dieses Gebastels - die vorsichtige Mahnung des Meisters an das Bunny, er werde es nun aus "der Trance" holen.
Meist rede ich in "privaten" Sessions jedoch nicht sehr viel, sondern nehme mit allen Sinnen auf, was sich unter meinen Händen abspielt. Mal eine Anweisung, gelegentlich ein Kommentar, eine Frage oder ein kurzer Dialog, und gelegentlich summe oder singe ich leise Teile eines Lied mit, wenn es im Hintergrund läuft und der Text gerade besonders zu dem passt, was geschieht. Das treibt mich weiter den Fluss hinunter.