Empathie und Sadismus
Aktuell angeregt durch den Thread Edgeplay: Edge-Play... gehört mehr IQ oder EQ dazu? sowie den privaten Austausch möchte ich das Thema "Empathie" noch einmal eigens beleuchten.Setzt Sadismus Empathie voraus? Und wenn ja, in welcher Form?
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Klammer auf:
Ich denke dabei u. a. an den Unterschied zwischen einvernehmlichen (inklinierenden) und gefährlichen (perikulären) Sadisten, den die Kriminalpsychologin Lydia Benecke in ihren Büchern so lang und breit erklärt wie kein anderer mir bekannter Autor. Wir diskutierten das Thema erst neulich hier: BDSM: Woran erkennt man einen nicht BDSM-konformen Sadisten.
Benecke schreibt zu dem Unterschied u. a. Folgendes:
"[Die beiden 'menschlicheren Sadisten'] berichten in ähnlicher Weise von ihren Empfindungen beim Ausleben ihrer sadistischen Handlungen. Beide sind empathische Menschen, die sich nicht nur gedanklich, sondern auch gefühlsmäßig unwillkürlich und stark in die Menschen, mit denen sie sadomasochistische Handlungen durchführen, hineinversetzen. Sie haben einen sehr klaren Zugang zu ihren inneren Vorgängen, ihren Gefühlen und Motiven. Außerdem besitzen beide eine anderen Menschen gegenüber grundsätzlich positive Haltung und ein ausgeprägtes Verantwortungsgefühl. All dies sind Eigenschaften, die Menschen – ob sie Sadisten sind oder nicht – davon abhalten, sich unsozial zu verhalten und anderen Menschen ernsthaft zu schaden. Es sind diese Eigenschaften, die Menschen erst 'menschlich' machen. Offensichtlich sind diese positiven menschlichen Eigenschaften ein deutliches Unterscheidungsmerkmal zwischen einvernehmlichen und gefährlichen Sadisten." (Lydia Benecke, "Sadisten", S. 230 f., Hervorhebung von mir)
Ich verstehe das so, dass einvernehmliche Sadisten als empathisch beschrieben werden, gefährliche hingegen als unempathisch. Das passt zu der Behauptung, Menschen mit einer narzisstischen/antisozialen/psychopathischen Persönlichkeit(sstörung) zeichneten sich u. a. durch das (fast) völlige Fehlen von Empathie aus.
(Psychopathie verstehe ich dabei als eine Kombination aus einer narzisstischen und einer antisozialen Persönlichkeitsstörung, die beide für sich genommen angeblich mit der besagten Empathiebefreitheit einhergehen.)
Andererseits impliziert doch auch nicht-einvernehmlicher Sadismus insofern zwangsläufig einen gewissen Grad an Empathie, als man nur Lust am verursachten Leid empfinden kann, wenn man dieses Leid auch erkennt.
Aber kann man das überhaupt noch als Empathie bezeichnen? Oder ist die Lust am Quälen und Zerstören, die so völlig ohne Rücksichtnahme auf das Gegenüber vorgeht, etwas anderes als (sexueller) Sadismus?
Klammer zu.
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Ich freue mich besonders über Antworten zu meinen weiterführenden Gedanken, aber auch ganz allgemein über eure Ansichten zum Thema Empathie und Sadismus!