Teil II
Heute ist ein trüber, regnerischer Tag, und sie hat keine Lust, aus dem Haus zu gehen. Als er anruft und ihr offeriert, dass er für sie kochen möchte, ist sie versucht abzulehnen, aber mit der Beschreibung des geplanten Mahls kann er sie überzeugen. Sie soll auch ihren Hund mitbringen.
Als sie sich fertig macht, denkt sie, dass ein solches Abendessen ein außergewöhnliches Outfit rechtfertigt. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit beschließt sie, ein Kleid zu tragen, das sie vor kurzem erst gekauft hat. Es ist ein langärmeliges schwarzes Wollkleid mit einem herzförmigen Ausschnitt, dessen Stoff an der Oberseite aufgeraut ist, so dass es sich ganz weich und flauschig anfühlt. Dazu wählt sie einen breiten Lackgürtel, schwarze, blickdichte Strumpfhosen und Lackstiefeletten mit einem kleinen Absatz. Sie legt noch die Kette mit dem ovalen Anhänger aus Goldobsidian um, die sie so gerne trägt, wirft einen Mantel über, packt ihren Hund ins Auto und fährt die 20 Minuten zu seinem Haus. Sie war schon öfter bei ihm. Das waren aber immer Gelegenheiten, bei denen er noch einige seiner anderen Freunde anwesend waren. Alleine war sie hier noch nie mit ihm.
Sie parkt ihr Auto in der Auffahrt und geht auf dem kurzen, mit Platten belegten Weg durch den Garten zur Eingangstür des Hauses. Da er ihr Auto gehört hat, öffnet er die Tür und steht wartend da, umrahmt vom hellen Lichtschein aus dem Eingangsbereich. Er ruft ihr zu: „Vorsicht, da ist ein Loch!“ Die Warnung kommt um Sekundenbruchteile zu spät. Sie verliert das Gleichgewicht, als sie unerwartet mit dem rechten Fuß in eine mit kaltem Wasser gefüllte Mulde tritt, und kann sich gerade noch mit Händen und Knien abfangen, bevor sie platt auf dem Boden liegt.
Erschrocken eilt er auf sie zu und hilft ihr auf. Er will wissen, ob sie sich verletzt hat, aber sie ist so überrascht über den Vorfall, dass ihr erst einmal die Worte fehlen. Er führt sie ins Haus und sie begutachten den Schaden. Ihre Stiefelette ist voll mit Wasser, die Strumpfhose ist zerrissen und ihre Handballen sind aufgeschürft. Ansonsten fühlt sie sich bis auf den Schock einigermaßen heil.
Er begleitet sie ins Bad, zieht ihr die Stiefeletten aus und bittet sie, die Strumpfhose ebenfalls auszuziehen. Er trocknet ihren nassen Fuß sorgsam mit einem flauschigen Handtuch ab und versorgt die Handballen mit einer Heil- und Wundsalbe. Dann gibt er ihr aus einer Schublade ein Paar seiner Socken, damit ihre Füße nicht kalt werden. Die Socken sind ihr natürlich viel zu groß und sie schaut ungläubig an sich hinab. Dann sieht sie ihm in die Augen, und in dem Moment brechen sie beide in schallendes Gelächter aus.
„Komm, entspann Dich ein wenig“, sagt er, als sie immer noch lachend ins Wohnzimmer gehen. „Das Essen dauert noch ca. eine halbe Stunde. Mach Dir ein wenig Musik, wenn Du magst“. Er gibt ihr eine Decke und ein Glas ungarischen Chardonnay. Sie macht es sich damit auf der Sofalandschaft aus weißem Leder bequem, während er in der Küche verschwindet. Sie nippt an ihrem Wein, genießt die Atmosphäre mit der gedimmten Beleuchtung und denkt: „Ja, Musik wäre gut“. Sie angelt sich die Fernbedienung vom Tisch. Dabei fällt ihr auf, dass sie dieses Multimediacenter noch nie bedient hat. Sie hat keine Ahnung, wie man die Musik einschaltet. Vielleicht ist es ja intuitiv machbar.
Sie drückt auf einen Knopf, den sie als „Play“ interpretiert. Dabei erwacht der riesige Breitbildfernseher zum Leben, und das Erste, was sie sieht, ist ein Paar mitten im Akt. „Komisch“, denkt sie, „dass um diese Zeit schon Pornos gesendet werden.“ Fasziniert beobachtet sie die Vorgänge auf der Leinwand und realisiert langsam, dass das kein TV ist, sondern ein Video. Das ist es also, was ihm gefällt. Sie sieht keinen gewöhnlichen Porno, sondern eine gekonnte Darstellung von Slow Sex. Da sie ein ausgesprochen visueller Mensch ist und genau weiß, wie sich das, was sich auf der Leinwand abspielt, in der Realität anfühlt, spürt sie unwillkürlich Erregung in sich aufsteigen.
Sie folgt gebannt der Handlung und schlüpft mental in die Rolle der Darstellerin. Sie schmeckt seine Zunge, die sich mit der ihren verschlingt in einem endlosen Kuss, während er - in der Löffelchen-Stellung in sie eingedrungen - sich langsam bewegt und mit der einen Hand ihre Klit umspielt, die sie ihm zugänglich gemacht hat, indem sie ein Bein angewinkelt über seinen Oberschenkel gelegt hat. Sie fühlt, wie sich die Erregung langsam hochschaukelt, als er den anderen Arm, auf dem ihr Kopf liegt, streckt und ihre Nippel zart und langsam umkreist. Sie atmet und stöhnt leise synchron mit der Darstellerin. Als ihr bewusst wird, was sie tut, schickt die Lust schon fordernde Wellen durch ihren Körper und sie ist nicht mehr in der Lage, sich dem zu entziehen.
Sie schließt die Augen und schickt ihre Hand auf Wanderschaft. Sie zieht ihr Kleid nach oben und fährt mit zwei Fingern seitlich unter ihren Slip, berührt ihren Schamhügel, wandert weiter zu ihrer Perle. Sie folgt jetzt ihrem eigenen Rhythmus und hört nur noch die Lustgeräusche der Darsteller. Sie versenkt abwechselnd die Finger in ihrer nassen Grotte und reizt dann wieder ihre Klit. Es dauert kaum 30 Sekunden, bis sie mit einem lauten Stöhnen explosionsartig kommt. Sie hält die Augen geschlossen und genießt den Nachhall dieses Höhepunktes, bei dem ihre Muskeln immer wieder reflektorisch kontrahieren.
Als sie die Augen öffnet, sieht sie sein Gesicht über sich mit glitzernden Augen und voller Anspannung. Sie ist wie paralysiert. Als er ihr den feuchten Slip langsam herunterzieht und sie auf dem Sofa so positioniert, dass er ihre angewinkelten und gespreizten Schenkel vor sich hat, wehrt sie sich nicht. Er legt ihr ein kleines Kissen unter, so dass ihr Becken leicht erhöht liegt, und kniet sich zwischen ihre Beine.
Langsam versenkt er seinen Mittelfinger in ihrer Spalte. Als er merkt, dass er keinen Widerstand zu erwarten hat, nimmt er den Zeigefinger dazu. Mit diesen beiden Fingern sucht und findet er ihren G-Punkt und beginnt, ihn geschickt zu massieren, während er mit dem Daumen ihre Perle sanft verwöhnt. Obwohl ihr erster Höhepunkt noch nicht richtig abgeklungen ist, baut sich schon wieder etwas Neues auf, anders diesmal, von einer anderen Qualität. Sie weiß, was kommen wird und lässt sich in ihre Lust hineinfallen. Sie spürt, wie sich der Druck aufbaut, spielt damit, indem sie kontrolliert und wieder loslässt. Seine Finger bewegen sich immer schneller, und als seine freie Hand auf ihren Bauch drückt, wird jede Kontrolle unmöglich, und sie ergießt sich unter lautem Wimmern über seinen Arm.
Er gönnt ihr eine kleine Pause, indem er sein nasses Hemd auszieht und sich auch gleich der restlichen Kleidung entledigt. Er veranlasst sie, die Beine an den Körper zu ziehen und die Knie mit den Händen zu umfassen. Diesmal ist es sein Penis, der ihren G-Punkt reizt. Er findet den Rhythmus, der ihre Lust wachsen lässt, und behält ihn bei. Er beobachtet sie genau und als er merkt, dass sie sich einer neuen Explosion nähert, zieht er sich ruckartig aus ihr zurück. Sie schreit, als die Flüssigkeit aus ihr herausschießt und seinen gesamten Oberkörper benetzt, wo sie langsam herabläuft.
Ihre Beine zittern unkontrolliert und sie hört wie aus weiter Ferne sein gutturales Stöhnen. Er bearbeitet seinen Schwanz mit der Hand, langsam … stoppt. In dem Moment, als er sagt „gib mir alles, Baby!“, seinen Kopf zwischen ihre Beine senkt und nun das Spiel mit der Zunge wieder aufnehmen will, klingelt in der Küche der Wecker. Er erstarrt für einen Moment, und als sie sein Zögern spürt, fährt Ihre Lust in Bruchteilen von Sekunden auf Null. Sie lässt die Beine sinken und sagt: „Du solltest Dich besser um das Essen kümmern“.
Ungläubig sieht er sie an, erhebt sich wortlos und geht aus dem Zimmer. Auf einmal hat sie das Gefühl, dass sie es hier keine Sekunde länger aushalten kann. Barfuß schlüpft sie in ihre Stiefeletten, die er zum Trocknen neben den Kamin gestellt hat, schnappt sich ihren Mantel und ruft nach ihrem Hund, der sich auf dem Teppich zusammengerollt hat. Dann verlässt sie fluchtartig das Haus.
Während der Fahrt versucht sie, nicht zu denken, kann aber nicht verhindern, dass ihr heiße Tränen in die Augen steigen, die die Sicht behindern. Als sie zuhause ist, wird ihr das Desaster in vollem Ausmaß bewusst. Wegen eines lustvollen Moments haben sie ihre Freundschaft zerstört, die ihr so wertvoll war. Sie wird ihm nie wieder unbefangen gegenübertreten können. Und sie weiß, dass sie ihn auf eine Weise verletzt hat, wie sie es niemals wollte.
Diese Art von Sex, ohne das richtige Gefühl für den Partner, hat ihr schon immer Unbehagen eingeflößt. Das ist auch der Grund, warum sie es in den letzten Monaten vermieden hat, sich auf sexuelle Kontakte zu Männern einzulassen. Das Erlebnis hat ihr wieder einmal bestätigt, dass man auf dieser Schiene zwar körperliche Entspannung finden kann, dass es sich aber emotional extrem schlecht anfühlt. Sie will das nie wieder haben und sie weiß jetzt auch, dass sie ihn nicht wiedersehen wird, obwohl ihr die Trauer um ihre Freundschaft fast das Herz zerreißt.
© sirona5
6. Oktober 2013