Für mich ...
ist Sprache überaus wichtig und ihr Gebrauch muss unablässig trainiert werden. Im Alltag lassen uns die sich immer mehr verkürzenden Abläufe oft gar nicht die Zeit, einen Gedanken wirklich auszuformulieren. Ich merke das in Meetings, in denen ein ausformulierter Satz für die meisten Teilnehmer schon eine Überforderung von Geduld und Aufmerksamkeit darstellt. Die acht Sekunden Aufmerksamkeitsspanne, die den Rhythmus unserer Wahrnehmung immer mehr beeinflußt, läßt uns sprachlich aber auch gedanklich verarmen. In vielen Unternehmen wird aus den unterschiedlichsten Gründen Englisch zur offiziellen Unternehmenssprache erklärt und dann sitzen zwei Deutsche, ein Spanier, eine Französin, ein Kollege aus Indien und einer aus Portugal um einen Tisch reden mit einander in einer Sprache, die bei keinem von ihnen eine Muttersprache ist. Was passiert? Das Englisch, das dort gesprochen wird, ist ein ähnlich armseliges und auf reine Informationsübermittlung zusammengedampftes Gestammel, wie wir mitunter von Jugendlichen zu hören bekommen. Die Unfähigkeit, sich auch nur zu artikulieren, also den eigenen Gedanken nachvollziehbar in Worte zu fassen und dabei darauf zu achten, dass ein Satz im Deutschen aus Subjekt, Prädikat und Objekt besteht, wird immer offensichtlicher. Unsere Schulen leisten hier aus den verschiedensten Gründen eine Sche***arbeit, wobei die oft gar nicht Schuld sind, sondern deren Finanzminister. Ich weiß, wovon ich schreibe, meine Frau ist seit gut 40 Jahren Lehrerin.
Sprache lernt man durch Umgang mit ihr. Lesen formt Sprache. Ich habe Schreiben gelernt, weil ich gute Bücher zu Hauf lesen durfte.
Die Sprache ist in der Tat etwas höchst Lebendiges. Aber wir Menschen, die wir sie täglich benutzen sollen, wollen und müssen, sind dafür verantwortlich, dass dieses tolle Instrument menschlichen Geistes und menschlicher Gefühle auch brauchbar bleibt. Die neue Rechtschreibreform - so neu ist sie gar nicht mehr, wir verdanken sie noch Herrn Kohl - war schon ein wenig Vivisektion am lebenden Körper der Sprache und ein Zurückweichen vor gewissen Tendenzen der Simplifizierung in Rechtschreibung und Grammatik. Die ungestrafte Verunstaltung unserer Sprache durch Medien und Werbung kommt hinzu. "Geiz ist geil!" war noch ein vollständiger Satz, auch wenn ich seinen Inhalt anzweifle. "Soo muss Technik!" ist dann die Bankrotterklärung der Werbetexter an die Sprachunfähigkeit von Menschen, die in dritter Generation in einem Haushalt herangewachsen sind, in dem es kein einziges Buch gab und gibt.
Wir lassen uns das bieten. Wir sind für unsere Sprache selbst verantwortlich, aber wir lassen zu, dass sie verroht, verwässert und reduziert wird. Der Duden läßt an immer mehr Stellen den Dativ neben dem Genitiv als richtig gelten, weil die Menschen zunehmend unfähig sind, den zweiten Fall zu benutzen. Ich finde nicht, dass früher alles besser war, aber ich finde, wir haben unsere Sprache noch gelernt und trainiert. Heute hasten die Kinder durch den Deutschunterricht, als wäre uns unsere Sprache peinlich. Das in einer Zeit, in der in vielen Bereichen der Anteil von Kindern, die Deutsch nicht als Muttersprache lernen - auch die Kinder türkischer Abstammung in der dritten Generation lernen sie nicht als solche, so wenig wie gutes Türkisch - über die Hälfte beträgt. Wir ziehen Analphabeten heran, weil auch die Grundlagen in den Familien nicht mehr ausreichend gelegt werden.
Deutsche Sprache ist meine Heimat, mein Wohnzimmer, mein Spielplatz und eine wunderbare Entdeckungsreise. Deutsche Sprache kann malen, beißen, schneiden, präzise oder sozusagen in einem Rutsch. Ich teile das, was ich empfinde, auch meine erotischen Gedanken und Gefühle gern mit anderen in einer Sprache, die mir dafür geeignet scheint in einer Form, die der schönsten Sache der Welt angemessen ist. Das ist vielleicht nicht jedem gegeben. Was jedem hier aber gegeben sein sollte: Wenn ich nicht weiß, wo ich das Komma oder den Punkt setzen soll, dann schlage ich nach oder Frage einen Freund. Wenn ich nicht weiß, ob gar nicht zusammen oder auseinander geschrieben wird, dann frage ich den Duden oder Google. Es ist, da gebe ich allen hier recht, die das geschrieben haben, ein Frage der Achtung vor mir selbst, vor allem aber meinen Lesern oder den Menschen gegenüber die mir zuhören, eine vernünftige Form zu wahren. Muss ja nicht immer so ausschweifend sein ...
Übrigens: gar nicht wird gar nicht zusammen geschrieben.
Liebe Grüße
Whisper