wovon reden wir da gerade?
Von Kommunikation in ihrer Gesamtheit oder explizit über
erotische Kommunikation? Ich glaube, wir sind uns alle einige, dass nicht alles, was wir in persönlichen Nachrichten austauschen an Informationen, Meinungen und Vorstellungen direkt erotischer Natur sind. Wir sind uns vermutlich auch einig, dass die Grenzen an dieser Stelle durchaus fließend sein können.
Unsere Profile sind oft der Anfang aller Wahrheit oder Flunkerei. Niemand legt dafür die Hand ins Feuer, was wir auf den Profilen lesen. Manchmal kann man (bis jeder in seinem Sinne ändern) zwischen den Zeilen der Prfile lesen und mehr erfahren, aber dieses Lesen ist nicht jedem gleichermaßen gegeben und die Fehlerquote kann erheblich sein.
Reden wir über erotische Kommunikation. Sie ergibt sich aus persönlicher werdenden gegenseitigen Nachrichten, Chats oder auch Telefonaten, in denen man sich unversehens dabei wiederfindet, dass ein Wort das andere gibt, dass Worte mit nonverbalen Signalen begleitet werden oder Nachrichten plötzlich bebildert werden und mehr als tausend Worte sagen mögen.
Aus meiner Erfahrung - ja ich habe damit Erfahrungen, ich gestehe es freimütig - sollte niemand das, was in solchen Situationen geschrieben und gesagt wird, auf die Goldwaage legen. Ich beschreibe in einer solchen Situation Vorstellungen, Wünsche und Sehnsüchte, bebildere sie mit Worten und vermittle sie meiner Partnerin in einer Form, die ihr die Möglichkeit gibt, sich darin wieder zu finden, sie zu erleben, zu erfühlen. Das ist immer eine gewisse Form von Fiktion, die nur dem einen Zweck dient, der Frau das richtige, das tiefe und verführerische Gefühl zu geben,
die begehrteste Frau für mich zu sein. Zumeist ist das ja auch wirklich so. Trotzdem ist es Imagination und nicht die Wahrheit. Nein, nicht alles, was diesem Zweck dient, heiligt die Mittel. Der Satz:
Ich liebe dich! sollte nicht leichtfertig benutzt werden, finde ich. Das reicht über die Schaffung einer erotischen und erregenden Atmosphäre hinaus. Das aber ist wohl Sache der Übereinkunft zwischen den Kommunikationspartnern, wie die Benutzung von Dirty talk, Webcams oder was auch immer uns einfallen mag, uns glücklicher zu machen. Darum geht es doch, oder?
Gelogen wird aus ganz unterschiedlichen Motiven. Vielleicht aus (falscher) Rücksichtnahme, vielleicht aus niedrem Eigennutz (zum Zuge kommen), vielleicht, weil es einem zur zweiten Natur geworden ist? Das Internet verleitet in der Tat dazu, sich sorglos der Illusion zu ergeben, dass die Anonymität uns vor Entdeckung schützt. Dabei vergessen wir, dass wir in jeder Kommunikation immer mehr von uns und unserem tatsächlichen Wesen preisgeben als wir glauben. Selbst routinierte Blender und Lügner verraten sich im Laufe der Zeit, weil die Konzentration im Verlaufe der Kommunikation nachläßt, man sich auf sicherem Terrain wähnt. Woher ich das weiß? Weil ich der Einzige hier bin, der immer die Wahrheit sagt? Sicher nicht.
Übrigens ist es eine Überlegung wert, drüber nachzudenken, ob der oder die eine oder andere nicht allzu gern belogen werden will, glauben will, vertrauen will, aus welchem Motiv heraus auch immer.
Am Ende aber stimmt das Sprichwort: Lügen haben kurze Beine. Lügen bestrafen immer beide Seiten.