„Corona zieht weite Kreise
Inwieweit fühlen Sie sich in Bezug auf solche Dinge wie den Corona Virus usw beeinträchtigt in Ihrem Leben in der Szene?
Ihre P
Ich versuche mich an einer Antwort zu der von der TE gestellten Frage, unter Auslassung berufspolitischer Aspekte oder Beobachtungen möglicherweise nicht rationalem Verhaltens von Mitmenschen.
Die kurze Antwort wäre, bisher fühlen wir uns eher nicht beeinträchtigt.
Allerdings mussten auch wir gestern Abend feststellen, dass eine Veranstaltung ohne weitere Information oder erkennbare Gründe von unserer Merkliste verschwunden ist. Ob der Veranstalter sich wegen der Zahl eventueller Abmeldungen dazu gezwungen sah oder die ohnehin schon geringe Anmeldezahlen nun auf die Corona-Problematik geschoben wurde, ist eben nicht erkennbar.
Die einschlägigen Medien haben es mal wieder geschafft, eine Hysterie zu verursachen, der man kaum wieder Herr werden wird. Gerade in unserer "Szene" lauern vielfältige gesundheitliche Gefahren. Dies ist schon lange so und sollte jedem bekannt sein. Der lange verstorbene Wolfgang Sander, Gründer des Maihof und damit Urgestein der Swinger-Szene, hatte eine ähnliche Hysterie mit dem Aufkommen des HIV-Virus beschrieben. Die Besucherzahlen in seinem Maihof gingen in den Keller und dieser war in seiner Existenz bedroht. Dieses Virus, obwohl für die menschliche Gesundheit wesentlich bedrohlicher kommt so langsam in Vergessenheit. Es werden wieder Partys angeboten, bei denen die Teilnehmer mittels Leuchtbändern ihre Bereitschaft zu ao-Praktiken signalisieren und es vom Veranstalter wohl klar gewünscht ist, dass ao praktiziert wird. Aussage dazu "ich bin sauber und ich gehe davon aus, mein gegenüber ist auch sauber." Weitere Worte sind an der Stelle hoffentlich überflüssig.
Die Ansteckungsgefahr beim Corona ist deutlich größer, das dürfte alleine durch die rasante Verbreitung belegt sein. Beim "Leben in der Szene", insbesondere Events sind Abstände zwischen den Akteuren von größer 2 Meter unüblich, eher nicht erwünscht. Ein Virusträger dürfte damit auf einem solchen Event schnell viele "Abnehmer" finden. Wohlgemerkt, man geht davon aus, dass ein Virusträger den Coronavirus schon weitergeben kann, lange bevor er selbst irgendwelche Krankheitssymptome wahrnimmt. Es nützt also nicht einmal der Appell, wer sich nicht gesund fühlt, soll zuhause bleiben. Deswegen geht man mittlerweile auch in Deutschland von einer erheblichen Dunkelziffer an Virusträgern aus. Getestet wird aktuell nur, wer sich in einem der benannten Risikogebiete aufgehalten hat oder Kontakt mit einem bekannten Virusträger hatte.
In letzterem entdecke ich einen nachdenklichen Punkt. In der Hysterie versuchen die Behörden die "Infektionswege" nachzuvollziehen. In NRW wurde eine komplette Karnevalsgesellschaft unter Quarantäne gestellt, nur weil die Menschen daran teil genommen haben und unter den Teilnehmern der Coronavirus nachgewiesen wurde. Daraus leitet sich für mich eine Vorstellung ab, die mir nicht recht gefallen möchte. Das Gesundheitsamt an der Tür mit der Ansage: "Sie haben letztes Wochenende an einer Sex-Veranstaltung teilgenommen und bei einem anderen Teilnehmer wurde der Coronavirus festgestellt. Wir müssen sie testen und bis dahin stehen sie unter häuslicher Quarantäne". Dazu dann noch unsere sensationshaschenden Medien, die jeden bekannt werdenden Fall in die Öffentlichkeit zerren.
Nein, würde mir nicht gefallen. Allerdings wird sich ein solches Vorgehen der Behörden, die Infektionswege nachvollziehen zu wollen, nach meiner Einschätzung relativ bald legen. Spätestens mit mit Sicherheit steigenden Fallzahlen wird man keine Kapazitäten mehr dafür haben und auch unsere Medien werden das Interesse daran verlieren. Derzeit versucht man damit den schnellen Anstieg von Fallzahlen zu begrenzen. Das Problem beim Coronavirus ist nicht die Erkrankung selbst, sondern dass dieser Virus alleine durch die Fähigkeit zur rasanten Verbreitung das Potential hat, unsere Wirtschaft, unser gesellschaftliches Leben lahmzulegen. Nur ein kleines Beispiel, meldet sich auf einem Flughafen das Sicherheitspersonal gleichzeitig für mehrere Tage krank, muss der Flughafen geschlossen werden. Die Bahn hat es vor einigen Jahren erlebt, dass ein Stellwerk wegen Krankmeldungen geschlossen werden musste, mit dramatischen Auswirkungen für den lokalen Bahnverkehr. Der "Just in Time" Wahnsinn unserer Zeit würde dann mindestens für einen begrenzten Zeitraum nicht mehr funktionieren.
Soweit die etwas längere Antwort, mit meinem Fazit, die gesundheitlichen Gefahren sind überschaubar. Auf Events ist der Coronavirus eine der Krankheitsrisiken, vor der wir uns weniger schützen können gegenüber anderen, aber nach jetzigem Kenntnisstand mit eher überschaubaren Auswirkungen. Die über die gesundheitlichen Aspekte hinausgehende Auswirkungen gilt es zu beobachten und besonnen zu reagieren.
Derweilen ein Corona mit Zitrone, wem's schmeckt, warum nicht.
LG