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Gute Story, miese Philosophie = gute Fantasy

Gute Story, miese Philosophie = gute Fantasy
Hallo miteinander,

mich würde eure Meinung zu einem Thema interessieren, die mich seit längerem umtreibt.
Als Vorinformation muss ich sagen, dass ich derzeit an meiner Doktorarbeit im Bereich politischer Philosophie arbeite und foglich einen Magister in Philosphie und auch in Politikwissenschaft besitze.

Mein Problem/ meine Frage lautet:

Wieviel weltanschauliche Tiefe erwartet ihr von einer Fantasywelt, in die ihr eintaucht?

Ich frage deswegen, weil, aus meiner Perspektive, die meisten Fantasybücher zwar vor Plot-Ideen, Ausgestaltungen und auch Charakterzeichnungen nur so sprühen, aber was die beschriebenen Gesellschaften oder Werte angeht ziemlich altbacken sind.

Das fängt beim Geschlechterklischee, dem idealisierten pseudo-Mittelalter oder dem Kampf Gut gegen Böse an, was mir oft so scheint, als wäre ein Teil der Sehnsucht nach Fantasy, Sehnsucht nach einer einfacheren Welt mit klaren Unterscheidungen.

Doch mein Problem geht tiefer. Denn an dem Punkt, wo in Romanen oder Filmen versucht wird tiefschürfend zu sein, entdecke ich oft einen Rückgriff auf eine Philosphie, Religion oder Kultur, die einfach mal 1 zu 1 von unserer Welt in die Phantasiewelt transferiert wurde. (Manchmal auch ziemlich platt, s.h. Matrix Teil 3)

Der zweite Teil meiner Frage wäre daher:
Wieviel Gedanken sollte sich ein Autor/eine Autorin über die Gesellschaft machen in der die Geschichte spielt?

Reicht es z.B. zu sagen: Ja, alles ist wie in unserer Welt und ach ja, Zauberei gibts auch noch, aber das hat nichts geändert, es ist alles so wie sonst auch?

Oder:
Ach ja, das ist eigentlich alles wie im "Mittelalter" bei uns, nur die Kirche gibt halt nicht, sondern eine animistische Religion, aber die Gesellschaft ist genauso wie bei uns.


Ist das für euch ein Problem? Für mich ist es eines aus zwei Gründen. Zum einen natürlich, weil ich viele der dort als Rohmaterial verwursteten Philosophie oder politischen Theorien kenne.

Zum anderen, weil ich der Meinung bin, dass viele gute Fantasyromane von der Entwicklung der "Helden" leben. Diese Entwicklung leidet für mich jedoch stark, wenn die Gesellschaft drum herum zu eindimensional gezeichnet wird.

Ist so etwas für euch wichtig?
Oder seht ihr das lockerer und sagt euch: Hey, solange am Ende Prinz und Prinzessin zusammenkommen *freu2* und die Story mich bewegt *heul2* , was interessiert mich die Gesellschaft dahinter.
Nun, wenn der Roman ein Epos werden soll, dann hätte ich schon gerne eine weltanschauliche Tiefe darin. Bei so 300 Seiten Romane eher nicht, denn es bliebe die eigentliche Handlung auf der Strecke. Hier genügt völlig die sehr kurze Beschreibung der Romanwelt, oder besser noch überhaupt keine. Das Kino im Kopf des Lesers sollte nur angeregt werden.

Wirklich fremdartige Weltanschauungen und entsprechende Geschlechterrollen, stimmig sich auszudenken, wird sehr schwierig, denn der Autor selbst lebt auch in dieser Welt. Wer kann über seinen eigenen erzieherischen und Erfahrungshorizont springen? Selbst das, das ich hier im JC an angeblich ach so freizügigem und unkonformen Verhalten lese, ist im Grunde altvorder und bieder.
*******lia Frau
1.260 Beiträge
Interessante Fragen
Du wirfst da interessante Fragen auf, über die ich so noch nie nachgedacht habe...

Ich bin kein ausgesprochener Fantasy-Fan, weil mir viele Stories im Grunde zu abgedroschen sind.

An "Nebel von Avalon" hat mich seinerzeit fasziniert, dass eine "altbekannte" Story aus einer völlig anderen Perspektive erzählt wurde - oder gleich aus zweien: Der einer Frau und der einer Religion, die durch eine andere, heute "herrschende", verdrängt wurde...

Bei "Game of Thrones" sind es vor allem auch die facettenreichen Charaktere und die ( wenn vielleicht auch bekannten) unterschiedlichen Gesellschaftsformen, die "aufeinanderprallen", z.B. das kriegerische Volk Khal Drogos, die "mittelalterliche" Welt von Westeros, die "Welt der Wildlinge hinter der Mauer", Bravos, die wieder anders geartete Gesellschaft, in die Arya Stark auf ihrer Flucht gerät...

Heinleins "Fremder in einer fremden Welt" allerdings bringt etwas völlig Neues, die Konfrontation mit einer völlig anders gearteten Gesellschaft, in die der Protagonist, auf dem Mars aufgewachsen, gerät.
Und DAS fand ich überaus spannend!

Ein weiteres Buch von Heinlein - der Titel ist mir gerade entfallen - greift auch die "Geschlechterfrage" auf" und das hat mich ebenfalls sehr angesprochen und berührt.

Allerdings ist es sicher eine besondere Leistung und ungeheuer schwierig, sich "etwas völlig Neues" auszudenken, da wir ja beschränkt sind in unserem Denken durch eben das Bekannte. Darüber hinaus zu gehen - dazu gehört schon etwas "Geniales", oder?

Spannendes Thema - werde mir noch Gedanken dazu machen und bin schon auf die Beiträge der anderen gespannt...
*******an_m Mann
3.831 Beiträge
Gute Frage. Was du ansprichst, ist mir in einigen Geschichten auch aufgefallen und ein paar Gedanken habe ich mir dazu schon gemacht, aber wirklich tiefgehend habe ich mich damit noch nicht beschäftigt.

Für mich sind Bücher/Geschichten – besonders natürlich Fantasy und SF – eine Art Urlaub von der Realität, deshalb erwarte ich in diesem Bereich keine wirklich große Auseinandersetzung mit den Themen Religion und Philosophie.

Ich vermute, dass die Autoren diese Geschichten auch aus diesem Grund schreiben, nämlich eine Auszeit von der Realität zu schaffen. Im Rückblick erscheint einem die Vergangenheit immer einfacher, also in mancher Hinsicht schöner und lebenswerter als das heutige lächerliche Gekabbel von Politik, Kirche und Wirtschaft. Und ich bin mir sicher dass die Menschen des Mittelalters das auch nicht anders gesehen haben.
Logisch, während man drinsteckt, kann man das eigene Leben nun mal nicht aus der Vogelperspektive betrachten, wie das bei der Vergangenheit möglich ist.

Für meine eigenen Geschichten zumindest trifft das, glaube ich, zu. Andere Autoren, deren Spezialgebiet Religion und Philosophie sind, schreiben in diesen Bereichen (latürnich) differenzierter.

Wenn man schon mal einen Rückgriff macht, weil man Fantasy schreibt, die irgendwie mittelalterlich verortet ist, übernehmen viele Autoren eben auch die damals gelebten Geschlechterklischees. Ich unterstelle da nicht den Wunsch, dass das so ein sollte(!), schließlich sind in allen Fantasygeschichten aktive und starke Frauenfiguren vertreten. Wenn man nicht etwas genauer hinsieht, könnte man natürlich sagen, dass Frauen in Fantasy unterdrückt sind und wenn man sowieso schon was gegen Fantasy hat, den Autoren solche Gedanken unterstellen.

Ich glaube aber, dass es folgendermaßen ist:
Aus dem Wunsch der Realitätsflucht entsteht eine in einer (heutzutage besser bekannten/verstandenen) Vergangenheit angesiedelte Geschichte.
Beim Schreiben halten sich Autor/Autorin an das, was aus dieser Zeit bekannt ist und was die Handlungen der Figuren maßgeblich beeinflusst – dazu gehören nun mal Geschlechterrollen und Religion. Auch eine starke Frauenfigur ist diesen Regeln unterworfen. Ich vermute allein schon dadurch, dass sie in diesen Gesellschaftsformen unterwegs sind und sich darin behaupten müssen, kommt das Vorurteil mit den Geschlechterklischees. Dabei strotzen Fantasygeschichten nur so vor starken Frauen – Grace Jones in diesem Conan-Film, die Prinzessin, die im »Herrn der Ringe« gegen Papas Order in die Schlacht zieht …

Geschichten, die auf Rückgriffe auf Historisches verzichten und etwas eigenes schaffen wollen, scheitern oft am Versuch, eine eigene, »echt« wirkende Historie zu kreieren – es ist ja auch wirklich (das ist ernst gemeint!) sehr schwer. Die Autoren (hier gibt es dann oft weibliche) verheddern sich in fantastischen Regeln und Bräuchen. Ich denke da an das Subgenre, das man »High Fantasy« nennt. Das meiste davon ist für mich unlesbar.

Ein schönes Beispiel für eine gelungene Geschichte mit starken Frauenfiguren, die sich nicht um Klischees, weder neue noch alte, kümmert, ist »Die Frau die den Mond liebte« von Elizabeth A. Lynn.


Wieviel Gedanken sollte sich ein Autor/eine Autorin über die Gesellschaft machen in der die Geschichte spielt?
Da bin ich pragmatisch, für mich steht die gut erzählte Geschichte über Allem. So viel, dass es in die Geschichte passt und Handlungen, die maßgeblich davon beeinflusst werden, glaubhaft sind – sowohl beim Befolgen der Regeln der Gesellschaft, als auch beim Verstoßen dagegen.

Ein Autor, der eine Geschichte schreibt, in der das Gesellschaftssystem wichtig ist, muss das auch kompetent ausarbeiten, beschreiben und erzählen können. Beispiel: der erste SF-Roman, in dem Sex mit einer anderen Spezies thematisiert wurde: »The Lovers« von Philip Jose Farmer, kurze Version 1952, Romanversion 1962. Damals ein Skandal *g* Er erfindet eine religiös repressive Gesellschaft und ich finde er führt die übliche Verbohrtheit religiöser Fanatiker gut weiter und erschafft eine repressive Theokratie, die an einige reale Staaten erinnert.
Eigentlich taucht man doch in erster Linie in Fantasiewelten ab, gerade weil diese sich von der heutigen Realität unterscheiden. Mir persönlich sind Details da zwar wichtig, aber keine Akribie der Gesamtwelt, höchstens der näheren Umgebung. Wenn man ein eigenes RPG schreibt, dann sieht das schon wieder anders aus, denn dann tauchen Fragen auf, die auch auf Antworten warten.
Was ist mein Motiv, Fantasy zu lesen ?
Vor allem die Tatsache, dass in diesem Genre mit archaischen
bzw. archetypischen Metaphern experimentiert werden kann.
Insofern wünsche ich mir natürlich, dass Autoren sich die Mühe
machen, das Wertesystem zu durchdenken, in dem eine Story spielt.
Für meinen Geschmack muss dieses System dabei aber nicht explizit
ausbuchstabiert und reflektiert werden. Mir reicht, wenn es im Handeln
der Protagonisten spür- und erkennbar ist.
@Brynjar Das Problem des Erzählens
Hallo Brynjar und alle die sich mit diesem sehr interessaanten Thema auseinandersetzen,

ich habe bereits drei aufeinander aufbauende SF/Fantasy-Romane geschrieben, die sich mit vier völlig verschiedenen Gesellschaftssystemen auseinandersetzen. Bevorich den ersten Roman geschrieben hatte, musste ich 3 Jahre recherchieren und 1 Jahr an das "Grundgerüst" der zu erschaffenden Science Fiction- und Phantasiewelt werkeln, bevor ich mich überhaupt mit dem Storyboard beginnen konnte.
Während des eigentlichen Romanschreibens trat natürlich ein entscheidendes Problem mit folgender Frage auf:
Habe ich trotz hoher Wortdichte genügend Hintergrundinformationen um die Welt der Helden geliefert?
Hab ich evtl. zu viele Hintergrundinformationen beschrieben, die die Spannung der Geschichte ausbremst oder die Geschichte veröden lässt?

Meines Erachtens gibt es ein paar Romane, die nicht dem typischen (und langweiligen) Gut-Böse-Schema folgen, sondern für Überraschungen sorgen. Hier zwei Beispiele:
"Elric von Melnibone - Die Sage vom Ender der Zeit" von Michael Moorcock ist ein Roman der mir stilistisch gefällt und diverse Philosophien anspricht, dennoch nicht naiv (wie z.B. Eragorn) herüberkommt. Der Autor hat ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen spannenden Erzählens und der Weltbeschreibung gefunden.
Der zweite Roman ist von Isaac Asimov: Das Ende der Ewigkeit. Es ist schon eine enorme Leistung eine Welt und eine spannende Geschichte auf nicht einmal 200 Seiten nieder zu schreiben. Außerdem gibt es auch kein klares Happy-End. Dies muss der Leser für sich entscheiden.

Ich persönlich mag diese eindimensionalen Geschichten wie Harry Potter und Eragorn nicht. Selbst Star Wars, das auf 1,3 bis 1,6 fachem Volumenpapier gedruckt wurde, damit man das Ganze dann "Buch" nennen konnte, finde ich nur wegen den Special Effects und der Action gut => literarisch betrachtet: Schrott (m.E.).
Aber anscheinend will unsere Gesellschaft das typische stumpfsinnige Gut-Böse-Klischee, um einem Ideal nahe zu kommen oder um für ein paar wenige Augenblicke mal der (Anti-)Held zu sein.
"Welchen Lesertyp möchtest du erreichen?" wäre natürlich auch eine zu klärende Frage, die die Vermarktung (d)eines Buches betrifft.

Ich befürworte sogar das Implementieren von gängigen Philosophien/Weltanschauungen. Mit ihnen kann sich der Leser identifizieren und sie bieten ihm eine "Insel" in den weiten des "Phantasie-Ozeans". Von diesen "Inseln" ausgehend kann der Leser die phantastische Welt des Autors erforschen, auch wenn er sich dabei verlieren sollte. Irgendwann greift wieder der philosophische Ansatz oder die Weltanschauung, mit der sich der Leser wieder identifizieren kann.

In meinen Romanen schreibe ich aus wechselnden Perspektiven, um den tiefgreifenden philosophischen Ansatz der jeweiligen Gesellschaftsform zu verdeutlichen, treibe aber gleichzeitig die Geschichte voran. Hier bietet sich für den Leser die Möglichkeit, mit erhobenen Zeigefinger auf die Kehrseiten der unterschiedlichen Gesellschaftsformen zu deuten oder diese für sich anzunehmen.

Ich hoffe, ich konnte hier ein wenig mit meinen Erfahrungen als Buchautor helfen.
Danke für deinen Beitrag switchitobi! *g*

Ich gebe dir vollkommen Recht das bestehende Philosophien wie Inseln wirken können. Meiner Meinung nach können sie auch helfen eine in sich geschlossene, aber für die Leserschaft dennoch fremdartige, Logik dar zu bieten.
Viele für meinen Geschmack unausgereiftere Welten reißen solche Gedankengebäude nur an, oder bleiben ganz in unserem gegenwärtigem Diskurs gefangen... oder ganz schlimm spielen in einem pseudo-Mittelalter.

Was du ansprichst mit dem Gut-Böse-Schema, ist meiner Meinung nach der Macht des Klischees geschuldet. In zwei Jahrzehnten Spielleiter in pen/paper-Rollenspielen habe ich gelernt, dass Klischees durchaus nützlich sein können, weil man damit bestimmte Bilder in den Köpfen wachrufen kann.
Da es bekannte Bilder sind, lösen sie eher Entspannung aus, was gerade beim Hineindenken in eine Phantasiewelt hilfreich sein kann. Das heißt die Mischung aus bekannten Klischees und zaghaft Neuem finden viele dann angenehm.
Leider ist das Gut-Böse-Schema ein sehr wirkmächtiges, weil häufiges Klischee. *snief* Da beißt sich die Katze in den Schwanz: Es wirkt gut, weil es oft benutzt wird und wird weiter oft benutzt, weil es offenbar gut wirkt...

Brynjar
Ich will sogar soweit gehen und sagen: Die meisten Leser wollen gar keine so sehr fremdatrigen Philosophien serviert bekommen. Denn das ist auch anstrengend zu lesen.
Wenn ich in verschiedenen Schreibforen lese, dass selbst der immer gleiche Schreibstil, das Präteritum, am besten ankommt, dann sagt das doch viel aus.
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