Zitat von ****ito:
„Aber aus wirklicher Neigung dominant ist kaum eine von ihnen. Schon gar nicht »naturdominant«.
Wo bitte ist der Unterschied zwischen dominant und naturdominant? Mir fällt es schwer, eine aussagekräftige Antwort zu geben, wenn undefinierte Begriffe im Raum stehen.
Bitte verstehen Sie mich richtig. Ich sehe nichts Falsches daran, Gefallen an einer Rolle zu finden, in welche die meisten Frauen von ihren masochistischen Partnern geführt werden. Win-win. Wunderbar. Auch gegen den Beruf der Domina habe ich keine Vorbehalte und nicht das Geringste einzuwenden. Und schon gar nicht will ich der »naturdominanten« Frau, falls sich die eine oder andere von Ihnen als solche empfindet, ihre Naturdominanz absprechen.
Die Erotik, die die "Dominas" privat bevorzugen, bieten sie "auf der Arbeit" verständlicherweise nicht an, wobei es selbstverständlich Ausnahmen gibt. Deine Aussage bisher ist also, dass nicht "naturdominante" Frauen sich von ihrem Partner im Alltag führen lassen? Sehr steile These; will ich hier nicht weiter kommentieren.
In meinem über 40jährigen Dasein mit dem Bewusstsein meiner masochistischen Neigung ist mir noch nie eine »naturdominante« Frau begegnet. Eine, die mir mit der gleichen Intensität, mit der sich ein masochistischer Mann nach seiner Herrin sehnt, zu verstehen gegeben hat, dass für sie nur ein devoter Mann in Frage kommt. Einer, der ihre Führung dankbar annimmt und sich ihrer Erziehung unterwirft. Ein Mann, der ihr Partner, Liebhaber und Beschützer sein soll.
Wo hast Du bisher gesucht? In den FLR-Gruppen kenne ich keine anderen Frauen als die, deren Existenz Du bezweifelst. Ich denke, Du vergleichst Deine eigene Sehnsucht mit der von Dir wahrgenommenen Sehnsucht von Frauen; dieser Vergleich ist falsch. Du kannst nicht fühlen, was ein anderer Mensch fühlt und damit kannst Du die Intensität nicht bestimmen.
Schon gar nicht habe ich jemals erlebt oder nur schon gehört, dass eine Frau in einer bestehenden »normalen« Beziehung darauf gedrängt hat, diese als FLR weiterzuführen – oder sich andernfalls zu trennen, weil ihr, wenn sie diese Beziehungsform nicht leben kann, etwas Elementares zu ihrem Glück fehlt.
Wie viele Frauen kennst Du, denen diese Konstellation passiert ist? Die in einer Vanillabeziehung ihre Dominanz entdeckt haben, der Partner zufällig devot ist, sich aber einer FLR verweigert? Was aber soll die Aussage dahinter sein? Frauen sind eher bereit zugunsten einer Beziehung auf etwas zu verzichten? Frauen geben nicht so schnell auf wie Männer und arbeiten eher an einer Beziehung? Ist es eine qualitativ hochwertige Aussage, wenn BDSM so wichtig geworden ist, dass man die ganze Beziehung in die Tonne tritt, falls man das nicht ausleben kann?
Sind masochistische Männer und Frauen einfach getriebener von ihrer Sehnsucht nach Unterwerfung, als dominante Frauen von ihrer Lust zu bestimmen? Können sie gar nicht anders, als in jedem potenziellen Partner oder in jeder potenziellen Partnerin auch den zukünftigen Herr oder die zukünftige Herrin zu sehen? Und entsprechend ihm oder ihr gleich ihre tiefsten erotischen Fantasien zu erzählen? Sie damit zu bedrängen?
Du verallgemeinerst eine ganze Menge. Ich bin unterwürfig und masochistisch; denke aber nicht bei jeder Frau, die ich kennenlerne, wie es wäre, von ihr geschlagen zu werden. Ich kenne auch keine Menschen, bei denen dies so ist. Spricht da eigentlich Deine eigenen Fantasievorstellungen, Dein eigenes Ideal aus Dir?
Mag mir eine dominante Frau sagen, wie und wann sie ihre Lust an der Dominanz entdeckt hat? Welches Schlüsselerlebnis allenfalls zu dieser Entdeckung geführt hat? Und ob für sie aus wirklicher Neigung keine andere Beziehungsform als eine FLR in Frage kommt – selbst wenn ihr der Mann ansonsten vollkommen entspricht? Ob sie also jeden Mann, den sie irgendwo kennenlernt und in dem sie einen zukünftigen Partner sieht, mit diesem Wunsch konfrontiert – und ihn bei fehlender Neigung nicht berücksichtigt?
Die Frage, wann man seine eigene Dominanz oder Devotion entdeckt, wann man sie akzeptieren konnte und wann man begonnen hat, dies auszuleben, ist wahrlich interessant. Schade, dass Dich nur der Blick der Frauen interessiert; meiner Meinung nach gibt es bei dieser Frage keinen Geschlechterunterschied.
Ein Grund für die bewusste Dominanz einer Frau, der mir immer wieder begegnet, ist ihr Wunsch, endlich einmal zurückzuschlagen für in der Vergangenheit erlebte Benachteiligung und Demütigung durch Männer: »Jetzt will ich einen Mann, der sich mir fügt, der für mein ohnmächtiges Erdulden dieser Demütigungen stellvertretend für die Männer, die sie mir angetan haben, büßen muss.«
Ernsthaft jetzt? Du glaubst diesen Unfug, diese in Worte gegossene Männerfantasie wirklich? Du sagst also, es gäbe wirklich Frauen da draußen, die sich an ihrem Partner für etwas rächen wollen? Eine kleine Erklärung von mir: Frauen sind nicht nur dominant/sadistisch, sie sind Individuen, die ihren Partner lieben oder zumindest sehr gerne haben. Er wird oftmals als liebenswert, vertrauenswürdig und beschützenswert wahrgenommen. Was Du geschrieben hast, kommt vermutlich nicht mal in Einzelfällen vor.
Erinnert mich ein bisschen an einen joyclub-Audiobeitrag vor ein paar Jahren, in denen ein (etwas dümmlicher) malesub gesagt hat, dass Frauen härter zuschlagen, weil sie sich für jahrhundertelange Unterdrückung durch das Patriarchat rächen wollen. Ist der gleiche Blödsinn; Spoiler: falls Frauen härter zuschlagen, dann weil es Männern gefällt, härter geschlagen zu werden.
Es geht dabei also wohl weniger um den Mann und das im erotischen Sinn befriedigende Erleben von Dominanz und/oder Sadismus aus Neigung (oder Perversion, um es altmodisch auszudrücken), als vielmehr um eine Art von Projektion. Die Dominanz ist gewissermaßen Therapie. – Was wie in einem Therapeuten-Patientinnen-Verhältnis natürlich nicht ausschließt, dass beide in diesem intimen Setting aufgehen, sich ineinander verlieben und darin ihr wunderbares Glück finden.
Die gleiche falsche Aussage in einem anderen, noch verdrehterem Kontext. Doch, Frauen geht es meiner Erfahrung nach bei Partnerschaften primär um den Mann – bitte Widerspruch von anwesenden Frauen, falls nicht korrekt. Eine Therapie hat übrigens das Ziel, Probleme zu lösen, nicht auszuleben und von daher ist Dein Beispiel falsch. Solche von Dir beschriebenen Verhältnisse zwischen Therapeut:in und Patient:in kommen in der Realität so gut wie nie vor und wenn es passiert, ist sowohl die Therapie als auch der Kontakt üblicherweise zu Ende. Therapien sind sehr anstrengend, fordernd, manchmal quälend; sie sind Schwerstarbeit. Partnerschaft, erotische Gefühle haben da keinen Platz; das ist natürlich wieder meine persönliche Erfahrung.
Meine erste dominante Frau, ganz Klischee eine meiner Lehrerinnen, war es auch aus diesem Grund: Geschieden von einem tyrannischen Mann, der sie jahrelang erniedrigt und betrogen hat. Wir haben uns damals gefunden und einander lange gut getan.
Aber eben, mit »Naturdominanz« hatte und hat das nichts zu tun.
Aber eben, mit »Naturdominanz« hatte und hat das nichts zu tun.
Wenn Du meinst, dass Dir das gut getan hat … Aber warum hat das nichts mit angeblicher Naturdominanz zu tun? Nochmal: Worin unterscheidet sich das? Ich habe manchmal den Eindruck, das Wort Dominanz ist nicht stark, nicht hart genug, deswegen muss unbedingt noch eine Schippe Fantasie draufgepackt werden.
Also, lieber TE: Die Realität ist kein Pornoskript und keine erotische Fantasie; es geht um Menschen, die ihre individuellen Wahrnehmungen, Verhaltensgründe und Emotionen haben.