Für mich sind "Safe, Sane, Consensual" und "Risk Aware Consensual Kink" und "Consensual Non Consensuality" nicht drei Spielarten oder gar hierarchisch aufeinanderfolgende Steigerungen sondern einfach drei verschiedene Blickweisen auf BDSM.
SSC ist ja fast so etwas wie der Urkonsens der BDSM-Communities und diente historisch wohl besonders dazu sich von echter Gewalt abzugrenzen - und das in Zeiten, als S/M noch als behandlungsbedürftige psychische Störung galt. SSC ist vielleicht so etwas wie ein gemeinsames Ideal - der kleinste gemeinsame Nenner - einer (leider fiktiven) BDSM-Gemeinschaft: Wir hauen uns, aber wir sind lieb zueinander und heilen uns gegenseitig.
RACK nimmt aber das Individuum auf's Korn - da geht es eher darum, wie ich mir über die Risken einer Unterwerfung bewusst bin. Das ist eher eine egozentrierte Situations- und Risikoanalyse. Was bin ICH bereit einzugehen und aufzugeben? Ist es okay, wenn physische oder psychische Narben von einer Session bleiben - egal ob beabsichtigt oder nicht? Was bin ICH bereit dafür an Opfer zu leisten?
Bei CNC ist es ähnlich, aber es geht eher um die Rechtfertigung von Grenzüberschreitungen aus der Sicht einer/eines Tops und dient zu Rechtfertigung von Praktiken gegenüber des/der Sub. CNC ist das Schwächste der drei Konzepte (zum Einen, weil es in beiden anderen schon enthalten ist und zum Anderen, weil es meines Wissens außer den debilen Debris-Spinnern niemand wirklich theoretisiert hat).
Ich persönlich finde alle drei Sichtweisen für mich ergiebig - je nachdem, was ich verstehen möchte und was mir hilft, um zu verstehen, was gerade mit einem Menschen in einer Situation passiert ist - und ob das gut für mich und die Lady und die Beziehung war.
Lustig finde ich, dass zumindest die Konzepte von SSC und RACK schon so viele Jahrzehnte im Häckselwerk der Definitionsfetischisten überlebt haben.
Die Frage nach einem Safeword sehe ich also auf einem ganz anderen Blatt - für mich hat das nichts mit den Betrachtungsphilosophien zu tun.
Mir persönlich wurde immer ein Safeword ausgemacht, wenn ich mich auf eine neue Beziehung zu einer Herrin eingelassen habe. Leider vergesse ich das immer sofort und es kam auch vor, dass ich danach betteln musste, dass mir mein Safeword verraten wird (das ist dann echt peinlich). Ich glaube für Menschen mit eher wechselnden Spielpartnern ist ein Safeword wahrscheinlich wesentlich wichtiger, weil man das Gegenüber manchmal nicht so leicht einschätzen kann. Da hilft das Konzept des Safewords oder der Ampel natürlich total.
Ich persönlich würde das immer direkt formulieren. Ein ehrlich und aus tiefster Seele herausgeschmettertes "Gnade bitte!" versteht jede Top - und wenn der Hilferuf nicht verstanden wird, dann erst danach betteln, dass mir mein Safeword erneut mitgeteilt wird.
Auch wenn es in den vergangenen 2-3 Jahren gar nicht mehr vorkam: Ich habe es früher schon durchaus erlebt, dass meine Grenzen einfach überspielt wurden und ich in dem Moment es einfach nicht gerafft habe, rechtzeitig die Reißleine zu ziehen (selbst wenn ich mein Safeword gekannt hätte
). Ich war zu sehr im Sub-Modus und habe erst im Nachhinein gespürt, dass die Tabu-Überschreitung mir nicht gut getan hat, auch wenn ich sie im Moment des Geschehens voll mitgetragen habe. Da helfen dann leider weder die Konzepte alias Denkweisen alias Selbsrechtfertigung noch die Kommunikation. Da muss man dann halt durch und darauf hoffen, dass man gut aufgefangen wird.