Nackt
Ich stehe nackt in der Umkleide. Die nächsten Stunden werde ich absolut nackt verbringen, glattrasiert, schutzlos. Ich habe schon einen roten Kopf, Panik macht sich in mir breit. Tausend Gedanken rasen mir durch den Kopf: was, wenn ich jemanden treffe der mich kennt? Eine Sekretärin meines Unternehmens, ein Kollege, wer weiß? Die Logik sagt mir: wenn es ein Mann ist, ist er in der gleichen Situation wie ich. Wenn es eine Frau ist, wird sie Verständnis haben. Halleluja! Die Logik hilft mir kaum, meine Panik unter Kontrolle zu bekommen. Ich bin voll im Fluchtmodus, mein Herz rast. Dabei war es meine Idee, als erste gemeinsame Party gleich eine CFNM-Party zu besuchen. Offenbar habe ich die Wirkung des nackt-Seins völlig unterschätzt. Ich habe mir in meinen kühnsten, schönsten Träumen eine solche Party ausgemalt. Ich darf zu ihren Füßen sitzen, sie bedienen, ihr auf den leisesten Wink gehorchen. Ihr gehören, als ihr gehorsamer Diener. Wie glücklich und stolz ich sein werde, ihr dienen zu dürfen. Es muss sonst gar nichts groß passieren auf solch einer Party, kein öffentliches Spanking, kein zur Schau-gestellt werden. Außer natürlich, meine Herrin möchte es so. Was für eine wundervolle Phantasie! Das hätte man aber auch bekleidet haben können …
Doch jetzt stehe ich hier in der Umkleide, verängstigt und nackt. Schutzlos. Die Phantasie kann immer noch real werden, aber es ist nicht so einfach und schön, wie ich mir das vorgestellt habe. Davor liegt eine gewaltige Schwelle: dort hinaus gehen, nackt und schutzlos. Vor allen Leuten, Männern und Frauen, Unbekannten. Mich all ihren Blicken ausliefern. Ihrer Beurteilung. Alle können jeden Quadratzentimeter meines nackten Körpers sehen, meine Narben, meinen Schwanz, meine Eier. Keine Behaarung schützt meine Scham. Heute vormittag habe ich liebevoll noch einmal nachrasiert, mit Rasierschaum und scharfen Klingen. Glatt und nackt stehe ich jetzt hier, und kein Stück Stoff bietet mir Zuflucht.
Ein anderer Mann drängt sich an mir vorbei, nach draußen. Er sieht mir über seine Schulter kurz ins Gesicht, sieht meine Pein. Er bleibt kurz stehen. „Deine erste CFNM-Party?“ will er wissen. Ich nicke mit hochrotem Kopf. Sein verschmitztes Grinsen verschwindet und weicht einem verständnisvollen Blick. „Das kenne ich. Wenn Du erst mal draußen bist und mit Deiner Herrin beschäftigt, läßt die Angst nach. Aber sie gehört dazu. Das ist der Kick.“. Die Tür der Umkleide fällt hinter ihm zu. Danke, Mann. Er hat es geschafft, mit ein kleines Bisschen mehr Mut zu machen. Aber nur ein Bisschen.
Ich müsste nur dort hinausgehen. Draußen wartet meine Herrin auf mich, die bestimmt langsam ungeduldig wird. Ich habe mich doch schon lange darauf gefreut! Aber dieser Schritt durch die Tür fällt mir so schwer. Ich habe unglaubliche Angst, würde mich am liebsten in ein kleines Mauseloch verkriechen. Noch habe ich meinen Spindschlüssel in der Hand. Noch kann ich zurück: den Spind wieder aufschliessen, mich anziehen, nachhause fahren.
Was würde passieren? Ihre Reaktion wird schmerzhaft, soviel weiss ich schon über sie. Selbst wenn sie Verständnis hat, so etwas wird Konsequenzen haben. Und ihren Rohrstock durfte ich schon spüren. Aber was viel schlimmer wäre: ihre Enttäuschung über den ruinierten Abend. Das kann ich ihr nicht antun. Nein, ich werde meine Panik wohl in den Griff kriegen müssen. Die fünf Minuten Zeit, die sie mir gegeben hat, sind bestimmt schon abgelaufen. Am besten gehe ich jetzt raus, bevor der Ärger, den ich kriege, noch größer wird.
Ich atme tief durch. Mit knallrotem Kopf verlasse ich die Umkleide. Splitterfasernackt. Schutzlos. Ich versuche, mich aufzurichten, mir meine Angst nicht anmerken zu lassen, was mir kläglich misslingt. Dennoch bewahre ich einen kleinen Rest meiner Subbi-Würde. Sie wartet am Fuß der Treppe auf mich. Ihre Augen leuchten. „Genau in der Zeit.“ sagt sie mit Blick auf ihre Uhr. Sie hält die Hand auf. Ich lege den Schlüssel mit einer demütigen Verbeugung in ihre Hand. Ich sehe es in ihren Augen: sie weiß genau, was in mir vorgeht. Sie lächelt, ich nehme ihr wieder ihre Tasche ab und folge ihr die Wendeltreppe hinauf. Jetzt führt kein Weg mehr zurück.
(Eine fiktive Geschichte)