Toyboy
„Habe ich das richtig verstanden? Du magst keinen Geschlechtsverkehr?“Wir starren uns gegenseitig an, jeweils völlig erstaunt vom Erstaunen des Gegenüber.
Du zuckst mit dem Schultern: „Es gibt mir halt nix.“
„Okay“, beginne ich zögerlich, reibe mir die Stirn und krame in der unordentlichen Schublade meiner Erinnerungen. Da muss unbedingt mal aufgeräumt werden. „Aber hattest du nicht geschrieben, dass du für die Lust deiner Lady da sein möchtest? Dich als Toyboy und Sexsklave angeboten, der sich nach den Wünschen der Frau benutzen lässt?“
Wieder zucken die Schultern: „Ja, ich stehe da ziemlich drauf, wenn eine Frau sich nimmt, was sie will.“
Ich blinzele verwirrt. „Du musst mir helfen, ich stehe aufm Schlauch: Wie soll das denn aussehen, das Nehmen? Beschreibe mir doch mal so eine Situation.“
Dein Lächeln wirkt leicht beschämt und du senkst den Blick. Eigentlich bist du ja voll mein Typ: Schlank, gerade Körperhaltung, hübsches Gesicht und kluger Kopf. Aber meine Vermutung von deiner Vorstellung von der Sexualität dominanter Frauen lassen die Dämonen in meinem Keller nur leise schnarchen. Und tatsächlich, wie erwartet, wird mir die unausrottbare Wichsphantasie passiver Männer präsentiert:
„Naja, also“, stotterst du verlegen, „ich stelle mir halt gerne vor, wie ich gefesselt bin und eine Frau setzt sich einfach auf mein Gesicht.“ Du blickst hoch und ich lese in deinen Augen eine Mischung aus Beschämung und freudiger Erwartung.
„Und?“ frage ich neugierig. Du antwortest ein wenig irritiert: „Naja, und dann muss ich dich oral verwöhnen.“
„Aha. Und dann?“ Ich gebe mir Mühe, aufmerksam und einladend zu wirken, obwohl ich tief in mir eine große Müdigkeit spüre.
„Dann?“ fragst du und wirkst jetzt ebenfalls verwirrt.
„Nun, ich sitze, knie, hocke auf dir und du leckst mich. Da muss doch noch mehr sein, das kann doch nicht alles sein? Was stellst du dir denn vor, nachdem wir das so zehn Minuten gemacht haben und ich aufhören muss, weil ich nen Krampf in den Waden bekomme?“
Nun wirst du rot, aber ich vermute, nicht aufgrund meiner Anspielung auf die anstrengende Körperhaltung, die du für mich in deiner Phantasie vorgesehen hast.
„Naja“, fängst du wieder an und ich überlege, mir in meinem Kopf eine Strichliste für jedes ‚naja‘ anzulegen und sie dir mit Rohrstockhieben zu vergelten. „Natürlich steht mir selbst kein Orgasmus zu, aber du würdest mir vielleicht einen Orgasmus ruinieren oder mich abmelken.“ Dein Kopf glüht nun und aus dem süßen Lächeln ist ein ziemlich gieriges Grinsen geworden.
„Natürlich.“ Ich nicke wissend, um dir aufzuzeigen, dass ich dir intellektuell folgen kann. Ich verschränke meine Finger, blicke auf meine Hände und zähle innerlich bis fünf, damit ich mich nicht zickig anhöre: „Gut, das Szenario sieht also so aus, dass ich dich fessele, mich auf dein Gesicht bewege, dort zehn Minuten ausharre und mich anschließend auf deinen Schwanz konzentriere? Habe ich das richtig verstanden?“
Ich schaue hoch. Du wirkst verblüfft. Du denkst nach. Ich kann fast die Zahnräder knirschen hören. Du bist klug genug zu wissen, dass dich so ziemlich alles, was du jetzt sagst, in einem schlechten Licht da stehen lässt. Schwierige Situation, ich weiß.
Ich erlöse dich: “Lassen wir das erstmal. Fangen wir einfach etwas früher an. Was geschieht denn vor dieser Szene? Wie sorgst du dafür, dass ich so weit erregt bin, um mir überhaupt oralen Verkehr zu wünschen?“
Du bist gerade völlig überfordert, das sehe ich. Aber ich kann darauf keine Rücksicht nehmen. Und so starre ich dich fragend an.
„Naja“, beginnst du und ich zucke innerlich zusammen, „ich könnte dir die Füße massieren.“ Hoffnung schimmert in deinem Gesicht und es tut mir fast ein wenig leid, sie gleich zu zerstören: „Hast du die Erfahrung gemacht, dass Fußmassagen Frauen sexuell erregen?“ Ich wedele dein Atemholen mit einer Hand weg, damit du mir keine Antwort gibst.
„Ich glaube, du suchst eher ein Toygirl, als dass du selbst ein Toyboy bist, mein Kleiner. Du suchst jemand, der dich bespaßt, nicht eine Frau, die von dir erwartet, dass du sie sexuell befriedigst.“
Dein Gesicht zeigt deutliche Anzeichen von Ablehnung. „Wenn du das so siehst.“ antwortest du verschnupft.
„Ja, das sehe ich so.“ Ich lehne mich entspannt zurück. „Tu mir doch mal einen Gefallen und stelle dir für eine Minute vor, ich wäre devot und du dominant.“
Ich ignoriere deine Verwirrung und fahre fort: „Ich stelle mich als devote Sexsklavin vor, deren einzige Freude es ist, den Mann zu befriedigen. Wir lernen uns kennen, du freust dich schon, ordentlich von mir bedient zu werden. Und nun erkläre ich dir, dass du bitte in die Hocke gehen sollst, ja genau so und dann öffne ich meinen Mund und biete dir an, dass du da deinen Lachs reinhängen kannst. Leider, leider, bin ich ja gefesselt und kann dich vorab nicht stimulieren, damit du eine Erektion hast, dafür musst du schon selbst sorgen. Ich kann dir dabei auch weder liebevoll an den Brustwarzen spielen, noch deinen Körper streicheln. Wenn du es einigermaßen geschickt anstellst, kann ich deine Eier lecken, du muss halt schauen, dass ich da irgendwie rankomme. Ich kann dir aber keinen Finger in den Hintern stecken und ein zärtliches Abwichsen kannst du in der Pfeife rauchen.“
Inzwischen blickst du grimmig auf den Tisch vor dir und an deiner Schläfe pulsiert ein Äderlein.
„Aber“, rufe ich erfreut, „wenn deine Knie anfangen zu schmerzen, kannst du dich ja meiner Möse widmen. Da kannst du dich dann austoben und dich ganz deiner Lust hingeben: Du kannst mich lecken und fingern und mir nen Dildo in den Hintern schieben, so lange, wie du willst! Deinen Schwanz lässt du natürlich aus dem Spiel, weil, das gibt mir nix. Einen Orgasmus bekomme ich zwar nicht, aber ehrlich gesagt, macht mich das tierisch an.“
Du hast inzwischen dein Handy und deine Schlüssel eingepackt und ich höre dich noch murmeln: „Das muss ich mir nicht anhören.“ Ruckartig schiebst du den Stuhl zurück und stehst auf.
Du willst noch etwas sagen, aber ich bin schneller: „Außerdem massiere ich dir vorher die Füße. Nicht, weil dir das gefällt. In erster Linie, weil mich das selbst unglaublich geil macht und weil mir dabei fast einer abgeht.“ Du hast dich umgedreht und greifst energisch nach der Jacke, die über der Stuhllehne hängt.
„Aber hey“, rufe ich dir hinterher „es geht ja schließlich einzig um dich, nicht wahr? Ich bin nichts weiter als ein Spielzeug, das man benutzt, ich bin eine Sexsklavin, Yeah!“ Bei den letzten Worten breite ich theatralisch meine Arme aus, wie, um mich der ganzen Welt zu offenbaren.
Die Tür klickt leise ins Schloß.
Ich schaue mich um, es ist ziemlich still geworden in dem kleinen Café, es wirkt fast, als wären alle eingefroren.
Ich hebe in Richtung des Kellners meinen Zeigefinger und er grinst, als er auf mich zukommt. Eigentlich ein süßer Kerl: Schlank, gerade Körperhaltung, hübsches Gesicht. Als das typische Geklapper und Geplapper der Gäste wieder eingesetzt hat, winke ich ihn nahe an mich heran und schaue ihm tief in die Augen: „Sei so lieb und bring‘ mir etwas, was meine Nerven beruhigt. Überrasch‘ mich.“ Er senkt lächelnd den Blick und flüstert fast: „Es wird mir eine Freude sein, Ihnen etwas Gutes zu tun.“
Sowas.
Geht doch.