Madame die Sonnenanbeterin
Nach der Anreise wollte ich noch etwas ausspannen und den Nachmittag am Strand verbringen. Ich hoffe noch ein Strandkorb zu ergattern, da ich bei der Sonneneinstrahlung ein wenig Schatten benötigte, suchte ich etwas länger, bis ich einen Vermieter gefunden hatte, der mir noch einen Korb anbieten konnten. Er gab mir den Schlüssel und wies mir die Richtung am Rand der Strandkorbarmada nahe dem Wasser. Ich fand die Nummer und hatte direktem Blick auf das Meer, ich schloss auf, zog mich aus und legte alle Sachen in den Korb. Um im Schatten zu sitzen, musste ich den Korb zur Seite drehen, dabei viel mein Blick auch eine Frau, die neben der Korbreihe lag und mit einem Sonnenhut bedeckt ein Sonnenbad nahm. Was meinen Blick jedoch besonders aufmerksam machte und mich fesselte, waren ihre Tattoos, die den Körper nahezu großflächig bedeckten. Tattoos von besonderer Ästhetik, und künstlerischen Anspruch, soviel ich das laienhaft beurteilen konnte. Gut, dass sie mich nicht bemerkt hat, denn ich versuchte eindringlich die Ganzheit der Ornamentik zu erfassen, die beeindruckend und kunstvoll ihren Körper zierte. Ich guckte mich um, ob jemand mich beobachtete oder sonst Notiz von mir bzw. der Frau vernahm, dass schien aber nicht der Fall zu sein, mir wurde heiß, nicht nur von der Sonne, ich muss dringend eine Abkühlung im Meer nehmen.
Nach der Abkühlung fühlte ich mich besser, doch sobald ich die Frau wieder in den Blick nahm, lies mich die Optik nicht mehr los. Sie schien fest zu schlafen und ich hatte den Eindruck, dass ihre Haut mittlerweile rot zu werden beginnt, was bei der Hitze und Sonneneinstrahlung nicht weiter verwundert. Sollte ich sie wecken, damit sie sich eincremt und keinen Sonnenbrand bekommt? Eingecremt hatte sie sich wohl, denn die Sonnenmilch stand neben ihrer Decke. Ich überlegte hin und her und entschied mich für abdecken, denn sie schlief anscheinend tief und fest. Vorsichtig legte ich mein Badhandtuch über sie, um sie nicht zu wecken und war einigermaßen stolz, dass sie dabei nicht aufgewacht ist.
Lange währte meine Freude über meinen Einfall nicht, denn sie bewegte sich, vermutlich wurde es ihr mit dem Handtuch doch noch heißer als nur durch die Sonneneinstrahlung. Ich versuchte schnell das Handtuch abzunehmen, sie sah mich finster an und da trafen mich auch schon Ihre Flüche, die ich zwar nicht verstehen konnte, aber die Art und Lautstärke ließen keinen anderen Schluss zu. Sie sprach Französisch, leider habe ich aus der Schulzeit nur noch rudimentäre Kenntnisse, so versuchte ich, mit den wenigen verbliebenden Wörtern und einen Mix mit Englisch, mich zu verteidigen. Madame, je ne parle pas francais, bekam ich noch raus und entschuldigte mich noch auf Englisch und Deutsch und kam mir ziemlich doof vor. Sie sah mich mit ihren leuchtend braunen Augen eindringlich an und langsam huscht ein Lächeln über ihr Gesicht und sie fängt an zu lachen, ich fühlte mich wie ein ertappter Schuljunge.
Sie griff nach der Sonnenmilch, sieht mich an und hält mir die Flasche hin und sagte mit nur leichtem Akzent auf Deutsch, dass ich Madame gerne den Rücken eincremen dürfte. Jetzt fühle ich mich noch unwohler, denn sie hatte meine missratene Entschuldigung ganz und gar verstanden.
Ich kniete mich neben sie, ergreife die Creme und nachdem sie sich umgedreht hat, begann ich vorsichtig ihren Rücken einzucremen. Der ganze Rücken ist von dunklen Tattoos verziert, umrahmt von bunten floralen Elementen und Schmetterlingen. Dazu gibt es mystisch dunkle Gestalten und Ornamente, deren Bedeutung ich nicht verstehe.
Die Beine nicht vergessen, sagte Madam zu mir, das gibt mir die Gelegenheit auch diese Tattoos näher anzusehen. Auf einem Bein sind überall mystische Zeichen, Gestalten, Vögel, Blumen, alles sehr beeindruckend, aber auch rätselhaft.
Sie sieht mich mit einem leichten Lächeln an und sagte mir, dass ich es verstehen würde einer Dame zu dienen und Freude zu bereiten. Ich lief rot an, hoffentlich sieht sie es nicht, ich entschuldigte mich nochmals ungelenk, sie ungefragt mit meinem Handtuch abgedeckt zu haben und setzte mich in meinen Strandkorb. Jetzt dürfte einem ausgiebigen Sonnenbad wohl nichts mehr im Wege stehen. Ich stand auf, denn mir war heiß, ich musste mich dringend nochmals im Meer abzukühlen.
Sie sagte mit strenger Stimme, dass ich noch nicht fertig wäre, ich habe wohl vergessen, dass man eine Dame fragt, ob sie zufrieden wäre oder noch einen Wunsch hätte, ich soll mich wieder hinknien. Ihr strenger Blick ließ ein Schauer über meinen Rücken laufen und ich kniete mich wieder neben sie. Madame schien zufrieden, dann sie reichte mir erneut die Creme und sagt, ich solle ihre Füße damit massieren.
Ich bewegte mich etwas nach unten, massiere ihre Füße mit etwas Sonnencreme und betrachte nochmals die gesamte Rückseite von den Füßen bis zu ihren Schultern, eine beeindruckende Zierde, da kann kein Outfit mithalten. Sie hatte mich wohl dabei beobachtet, denn sie fragte mich, ob mir die Tattoos gefallen. Weil ich mich ertappt fühlte, nicke ich nur und höre sie dann sagen, dass Madame auch gefällt, wie ich ihr zu Diensten wäre, sie hätte noch einige Aufgabe für mich.
Sie bittet mich einen kühlen Drink oben an der Strandbar zu holen. Ich machte mich auf, ihr Getränk zu besorgen, was leider wegen des großen Andrangs etwas länger dauert, so dass sie nach meiner Rückkehr entspannt mit ihrem Sonnenhut auf dem Kopf in der Sonne liegt und anscheinend eingedöst ist. Ich stelle das Getränk in den Schatten, denn ich traute mich nicht sie zu wecken und betrachte erneut ihren Tattoos und bin von dem schönen Anblick verzaubert, einfach faszinierender.
Ich setze mich in meinen Strandkorb. Ich muss die Augen schließen und an was anderes denken, dabei bin ich dann anscheinend irgendwann auch weggedöst, als ich aufwachte und zu ihr rüber sehe, ist sie verschwunden. Ich hatte es nicht bemerkt und vermisse schon den Anblick, den ich wohl nicht mehr aus meinem Kopf bekommen werde, nicht nur wegen der kunstvollen Tattoos, nein wegen der Stärke, Unabhängigkeit und Freiheit von allen Konventionen, in denen ich gefangen bin.
(The End)
© Tom3643