Das verkopfte BDSM
Ich bin durchaus ein tendenziell overthinkender Mensch. Diese Erkenntnis über mich selbst verhalf mir vor geraumer Zeit aktiv gegen unnötiges Zerdenken gegenzusteuern. Dummerweise hat es den Nebeneffekt das ich eben dieses Zerdenken bei anderen verstärkt wahrnehme und mich immer öfter frage: tut es dem BDSM gut wenn alles bis ins kleinste Detail überdacht, durchdacht, zerdacht wird?
Insbesondere die Definitionsfetischisten die alles und jeden bis aufs letzte Molekül auseinanderpflücken und benennen, scheinen mir irgendwie, mir fällt kein besseres Wort ein, zerstörerisch.
Ich kann mich nicht daran erinnern das es solche ausufernden Definitionsschlachten schon gab als ich meine ersten zaghaften Schritte in der Welt des BDSM wagte.
Es gab Tops und Bottoms. Dompersonen und Subpersonen. Ein paar andere Kategorien, Little, Pet, Brat mit entsprechendne Pendants und irgendwie wusste jeder wohin die Reise gehen könnte.
Jetzt gibt es Namen für alles und jeden. Viele dieser Betitelungen sind eher abwertend und dienen lediglich dazu sein eigenes BDSM und sich selbst emporzuheben. Wunscherfüllerdoms, Dienstleisungsdoms, Plaesuredoms, Caredoms, Gentledoms, Softdoms.............die Liste wird gefühlt länger und länger, bis ins kleinste Detail erklärt was man darunter versteht bis die nächste Person erklärt was sie darunter versteht und die Teile werden noch kleiner.
Kürzlich hatte ich so ein Bild im Kopf wo jemand Reiskörner in kleine Schüsseln verteilt und ein weiterer Mensch diese wieder rausnimmt, zerteilt und in weitere Schüssselchen verteilt.
Was ich mich dabei frage ist, braucht es das alles? Vereint eine Domperson nicht irgendwie alles in sich?
Reicht es nicht sich selbst und seine Idee von BDSM zu beschreiben ohne anderen Dompersonen irgendwelche Attribute anzuheften um sich abzuheben?
Oder ist es einfach leichter mit möglichst vielen Wortschöpfungen mit denen man andere kategorisiert zu erklären wer man selbst ist anstatt einfach zu erklären wer man selbst ist?
Und ja, ich schrieb irgendwann das alles wäre mir zu verkopft weil man sich nur im Kreise drehte. Dabei ist BDSM zu erleben und zu leben doch etwas so schönes, nicht immer nüchtern, nicht immer definierbar. Es ist doch so viel mehr als Worte, Namen, Definitionen.
Natürlich müssen ein paar Definitionen sein, auch Schubladen sind erst einmal nichts schlimmes. Sie dienen ja letztlich dazu Dinge irgendwo einzusortieren und man kann sie öffnen und umsortieren wenn es nötig ist.
Mittlerweile scheint aber der Ordnungswahn überhand zu nehmen und selbst die Schubladen werden mit Schachteln und Trennwänden nochmal unterteilt.
Wie geht es euch damit, braucht ihr für euch all diese zerstückelten Definitionen oder reichen euch ein paar große Schubfächer zur groben Orientierung?