Mir ist der oftmals (jetzt nicht hier von dir, Dichter) aufgebaute künstliche Kontrast von "Technik" und "Emotion" zuwider.
Es suggeriert in vielen Diskussionen, dass man entweder Technik hat oder Emotionen.
Richtig ist, dass es Rigger und Bunnys gibt, die vorrangig "schön fesseln" wollen um am Ende schöne Knoten zu haben. Ihnen geht es um das fertige Produkt: Da, schön gefesseltes Bunny. Und wieder fix abfesseln.
Das ist für mich das was ich als Technikaffin bezeichnen würde.
Bei emotionalem Fesseln ist die Technik, der schöne Knoten, nicht der Fokus, sondern der Geist der beteiligten vom ersten Knotenansatz zum zum Abschluss des Abfesselns.
Das ist was ich, auch sehr vereinfacht (ihr wollt nicht das ich ausschweifend werde
) als Emotionsaffin bezeichnen würde.
Letztendlich ist das ein Unterschied in der Fesselmotivation.
Wenn jemand einmal Haagentsche Ausschweifungen lesen möchte:
Homepage "Rigger - Einsteigergedanken" von Hvedrungr
Zurück zu dem worauf ich hinaus wollte:
Technik als reiner Begriff steht dem emotionalen Fesseln aber nicht konträr gegenüber, sofern man eben nicht "Technikaffin" (Technik als Selbstzweck) fesselt.
Vielmehr ist Technik immer die Grundlage und das nicht nur wenn es um Sicherheitsapsekte geht.
Eigentlich würden die Schlagworte "Sicherheit und Gesundheit" schon reichen um behaupten zu können, dass emotionales Fesseln nicht ohne Technik geht, außer man will Bunnys kaputtfesseln.
Vielmehr ist technisches Verständnis von dem was man da tut auch etwas was - ich benutzte gestern den Begriff "Werkzeugkasten" - den Handlungsrahmen erweitert, bzw. erstmal den Grundstock bildet.
Streng genommen ist schon die Art wie ich das Seil über die Haut führe um etwas bei der Partnerin auszulösen bereits Technik. Das Seil stets gespannt halten? Technik. Technik, die etwas auslösen soll und es auch tun wird.
Bei Technik denken viele immer an das super komplizierte Pattern. In Wahrheit ist schon das schnelle setzen des Startknotens Technik. Wenn ich da am Single- oder Double-Colmn-Tie 5 Minuten einen zurechtfrickel, weil ich eben die Technik nicht beherrsche, dann kommt auch kein Gefühl jenseits der Frustation (bei beiden) auf. Es hat hier einen Grund warum Lehrer Schülern sagen, sie sollen ruhig Abends vorm TV Standardknoten üben bis sie die blind machen.
Umso sicherer die Technik sitzt umso weniger muss man über sie nachdenken und umso mehr kann man sich auf die eigentlichen Aspekte des Bondage konzentrieren. Dazu muss sie aber geübt werden. Und davor muss verstanden werden, dass Technik nicht wegzudiskutieren ist, selbst wenn sie am Ende nur einen Bruchteil der Session ausmacht.
Dem Bunny mag es egal sein wie sauber ihr den TK setzt wenn Emotionen ausgelöst werden sollen.
Sie wird es aber definitiv merken, wenn ihr dafür Ewigkeiten braucht, lösen müsst, bestimmte Knoten neu setzen müsst, am Ende alles wieder lösen müsst weil die Kannukis nicht richtig sitzen und ihr deshalb beide vollkommen raus kommt.
"Denk nicht soviel nach" stimmt. Darum soll es gehen. Das ergibt sich aber erst wenn man auch seinen eigenen Fähigkeiten traut. Dann traut das Bunny diesen Fähigkeiten auch. Dann muss man nicht mehr über die Technik nachdenken.
Weitergehend ist die Technik für mich so etwas wie Sprache.
Ich denke über meine Sprache nicht mehr nach. Weil ich aber ein ziemlich umfassendes Sprachverständnis besitze kann ich mich gut mitteilen. Ich kann mit Worten Dinge artikulieren und mittels Rhetorik Dinge bei anderen auslösen. Natürlich sind die Worte, die ich da benutze, nicht der entscheidende Punkt. Es ist meine Benutzung der Sprache. Hätte ich aber nie sprechen gelernt könnte ich das alles nicht. Ich kann also auch nicht behaupten, dass Sprachverständnis für Rhetorik unwichtig ist. Sie ist eben die Grundlage, die die Grenzen meiner Welt definiert.
Aufs Bondage bezogen und aus meiner Sicht:
Wenn ich technisch sicher bin und weiß was alles möglich ist, dann kann ich wesentlich individueller agieren. Ich besitze viel mehr Handwerkszeug um Emotionen zu lenken und auszulösen. Ich kann mich sicher durch die Session bewegen und mein Bunny sicherer und freier führen da ich, den Kreis schließend, deutlich weniger bewusst denken muss.
Meine "Sprache der Seile" ist viel umfassender. Das bedeutet nicht, dass jeder der viele Worte kennt auch gut sprechen kann. Derjenige mit begrenztem Wortschatz wird aber keine emotionalen Gedichte formen können.
Wenn ich also Technik lerne dann erweitere ich meine Welt und werde sicherer.
Dann muss ich damit natürlich auch noch adäquat umgehen. Das schafft nicht jeder, klar. Manchen reicht es auch einfach sinnlos zu brabbeln. Wenn ihr Publikum dadurch in Erstaunen und Applausstimmung versetzt wird: Bitte. Mir würde das nicht reichen. Ich möchte aber sprechen, lesen und schreiben können ehe ich sicher und fließend Poesie durch das Seil erschaffe.